Hamburg – Der Ernährungspsychologe Joachim Westenhöfer erklärt, warum ein Lebensmittelskandal das Einkaufsverhalten nur kurzfristig ändert.
Herr Westenhöfer, man hat das Gefühl, dass sich Verbraucher bei Lebensmittelskandalen immer gleich verhalten: Erst ist die Empörung groß, die betroffenen Produkte werden gemieden –, und einige Wochen später werden Fertiggerichte oder Billigfleisch gekauft, als sei nichts gewesen.
Ja, die Konsumenten verhalten sich parallel zur Berichterstattung der Medien: Solange sie mit neuen Schreckensmeldungen konfrontiert werden, boykottieren sie die betroffenen Lebensmitteln. Lässt die öffentliche Aufmerksamkeit durch die Medien nach, wirkt das Risiko nicht mehr so bedrohlich. Dann fällt es leicht, zu alten Verhaltensweisen zurückzukehren.
Macht es einen Unterschied, ob bei einem Lebensmittelskandal die Gesundheit der Konsumenten gefährdet ist oder nur der Ekel eine Rolle spielt wie jetzt beim Pferdefleisch?
Würde man derzeit eine Umfrage machen, würden einige Konsumenten vermutlich auch antworten, dass Pferdefleisch ihrer Gesundheit schadet. Die vielen Informationen vermischen sich im Kopf häufig zu einem undifferenzierten Durcheinander. Ich bin skeptisch, ob es einen Lebensmittelskandal gibt, der die Verbraucher wirklich dazu bringen würde, ihr Verhalten langfristig zu ändern. BSE war damals ein Skandal mit sehr abschreckenden Bildern und mit ernsten Auswirkungen auf die Gesundheit. Der Konsum von Rindfleisch ist kurzfristig drastisch gesunken. Heute wird in England sogar mehr Rind gegessen als vor der BSE-Krise.