Rheinfelden Fest für Glückshormone

Die Oberbadische
Unglaubliche Beherrschung des Instruments: Hornsolist Felix Klieser – er spielt mit den Zehen seines linken Fußes – mit dem Landesjugendorchester Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Musik: Landesjugendorchester zu Gast in Rheinfelden

Von Jürgen Scharf

Rheinfelden. Da fegte ein Sturm durch den Bürgersaal, wurden Endorphine freigesetzt. Das Landesjugendorchester Baden-Württemberg brachte nach vierjähriger Rheinfelden-Abstinenz in dem Stück „Endorphin“ die (Glücks-)Hormone in Wallung.

Endorphin ist nicht nur ein endogenes Morphin, sondern der Titel des gut zehnminütigen Werks von Sören Nils Eichberg. Der Schwede aus Berlin probiert einen zeitgenössischen Rückgriff auf altmodische Formen wie Concerto grosso und stellt dem Orchester ein Streichquartett mit einem wehmütigen Mittelteil gegenüber. Eingebettet in orchestrale Schocktherapie: fetzige Rhythmen, scharfe Flöten, laute Bläser, rasende Streicher.

Ein spektakuläres Stück und höchst wirkungsvoll, weil der Klangkörper hier seine Leistungsfähigkeit vorstellt. Das famose Auswahlorchester nimmt die Herausforderung spielend an: von überdrehten Klangwirkungen bis hin zu Filmatmosphäre - zeitgenössische Musik, die unter die Haut geht.

Das sprintstarke Jugendorchester gibt auch in der dritten Beethoven-Sinfonie alles. Diese „Eroica“ kam sehr direkt rüber, packend im Zugriff, dabei unpathetisch, ohne Titanenkult und doch dramatisch. Die Musiker haben ihren motivierenden Dirigenten am Pult, Johannes Klumpp, nach den Schlusstakten gebührend gefeiert.

Ähnlich begeistert aufgenommen wurde der Solist der Abends, der 25-jährige Felix Klieser, zurzeit der außergewöhnlichste deutsche Hornsolist. Im romantischen ersten Hornkonzert von Richard Strauss zeigt er eine atemberaubende Beweglichkeit, nicht nur des Tons, sondern auch seiner ungewöhnlichen Klangwerkzeuge. Klieser spielt mit den Zehen des linken Fußes und verwandelt sein Handicap dank unglaublicher Körperbeherrschung in spektakuläre Virtuosität.

Was bei ihm besticht, ist seine ausgezeichnete Tonqualität, der ausgewogene Klang, die sichere Intonation. Mit warmem, weichem Ansatz veredelt er das Andante, die Ecksätze bläst er wunderbar gelöst und locker. Die Nachwuchsmusiker, die rhythmisch nervig und adäquat begleiten, applaudierten ihrem Solisten frenetisch; sie waren wohl ebenso erstaunt und verblüfft wie das Publikum über Kliesers absolut souveräne Technik.

Der bedankte sich für die begeisterte Aufnahme mit seinem Solo-Arrangement eines Rossinischen Jagdstücks für vier Hörner. Auch von dem bestens aufgelegten Projektorchester hörte man nach dem Beethoven noch zwei mitreißende Ungarische Tänze als Zugabe - und das legte wieder Endorphine frei, hatte Energie und machte glücklich!

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