Von Mirko Bähr Zell/Schopfheim. „Jede halbe Stunde geistert mir diese WM im Kopf herum. Ich kann es gar nicht fassen und habe es immer noch nicht verarbeitet. Vizeweltmeister – das gibt es doch gar nicht“, muss sich der frisch gebackene Silbermedaillengewinner der Ringer-WM immer wieder selbst kneifen. „Viele meiner Idole und echte Ringergrößen haben dasselbe erreicht – das ist doch einfach geil.“ Der 98 kg-Greco-Spezialist sitzt gerade im Zug von Frankfurt nach Schopfheim. Die Medaille ist im Rucksack verstaut. 20 Stunden wird der Schopfheimer, der aus Zell stammt und dort bei der RG das Ringer-ABC erlernte, am Ende auf dem Buckel haben. Noch in der Nacht des großartigen Erfolges ging es zunächst mit einer „Sardinenbüchse“ von Taschkent nach Istanbul und von dort nach Frankfurt. Und so ist es kein Wunder, dass Hassler als Erstes einfach nur eine Mütze voll Schlaf nehmen möchte, wenn er zuhause ist. Wenn er denn vor lauter Freude die Augen überhaupt zu bekommt. Nur wenige Minuten nach der Finalniederlage ist die Enttäuschung über den verpassten Titel einer großen Freude über eine fantastische Leistung gewichen. „Das ich gegen den Armenier so untergehe, das hat doch an meiner Ehre gekratzt. Aber ich war irgendwie saft- und kraftlos. Vielleicht war schon eine gewisse Zufriedenheit da. Es fehlte der Druck, der nötig ist. Ich wollte, aber es ging nicht“, denkt Hassler durchaus selbstkritisch über die knapp einminütige Kampfzeit im Finale nach. Allerdings sei der Weltmeister „absolut der stärkste Mann in dieser Gewichtklasse. Der stand da, wie ein Felsen. So etwas habe ich noch nie erlebt“. Noch nie erlebt hat der 26-Jährige auch, wie es ist, wenn plötzlich 300 Nachrichten auf dem Handy aufleuchten oder die eigene Facebook-Seite „durch die Decke geht.“ Das sei schon der Hammer gewesen. „Ich habe bis jetzt noch nicht alles lesen können“, so Hassler. Für ihn ist in Taschkent ein Traum wahr geworden. „Ich wollte eine Medaille an einem großen internationalen Turnier.“ Und nun" Ausruhen auf den Lorbeeren" Denkste. „Ich habe ja da noch einen zweiten großen Traum. Ich möchte zu Olympia.“ Dafür ordnet er nun wieder alles andere unter. Training, Training, Training und nochmals Training. Rio fest im Blick. Und die Ausbildung zum Industriekaufmann darf auch nicht vernachlässigt werden. Der Schritt vom Sportsoldaten hin zum Azubi bei Mahle in Zell im Wiesental war die richtige Entscheidung. „Jetzt macht mir das Ringen wieder Spaß, die Familie ist wieder um mich herum, hier fühle ich mich wohl“, sagt der Vizeweltmeister, der seine Eltern bis gestern Nachmittag noch nicht erreichen konnte. Die machen gerade eine Schiffsreise. „Nachher werde ich es dann in aller Ruhe probieren.“ Nun kann er auch die Fußballer verstehen, die in Interviews nach großen Erfolgen immer erzählen, dass sie das Erreichte noch nicht begriffen hätten. „Ich dachte immer, was labern die denn da. Aber es ist wirklich so. Es ist schwierig die Gedanken zu ordnen“, sagt Hassler mit einem breiten Grinsen im Gesicht.