Von Jutta Schütz Schallbach. Das neue Schallbacher Ortsfamilienbuch, das die Zeit von 1528 bis 2015 umspannt, ist ein prall gefülltes Zeugnis der Dorfgeschichte – gespickt mit vielen interessanten Geschichten und Begebenheiten. Zum Beispiel wanderten Schallbacher nach Amerika und Afrika aus, zogen in „papistische“ Orte, hatten uneheliche Kinder, führten Raufhändel, tranken gerne mal ein Glas zu viel – oft mit fatalen Folgen – , nahmen an der badischen Revolution teil und mehr. Mitten in den Sommerferien lockten die Präsentation des Ortsfamilienbuchs und die dazu gehörende Fotoausstellung sowie der kleine Liederabend des Gesangvereins Schallbach mit seinem neuen Dirigenten Alexander Sehringer rund 70 junge und ältere Schallbacher in den Bürgersaal. „Das ist ja richtig voll geworden“, freute sich Bürgermeister Martin Gräßlin, der schon die Befürchtung hatte, dass wegen der Ferienzeit viel weniger Leute kommen würden. Trotz Ferienzeit kommen 70 Bürger 350 Ortsfamilienbücher wurden gedruckt, die ersten 40 gingen dann gleich nach der Präsentation zum Preis von 27 Euro über den improvisierten Ladentisch der Sekretärin der Verwaltung, Monika Walter. „Ich bin nur der, der sich dann noch um die Gestaltung verdient machen konnte. Die Arbeit zum Buch haben insbesondere mein Vorgänger im Amt, Rudolf Schöpflin, außerdem Gisela Sütterlin, später noch Günter Henn und Karlheinz Hahn übernommen. Die Daten sauber eingegeben haben dazu noch Karin Sutter und Monika Walter“ , bedankte sich Bürgermeister Gräßlin und übergab an alle, die am Buch mitgearbeitet haben, ein Geschenkexemplar. Die durchaus launige Vorstellung des Inhalts übernahm Karlheinz Hahn aus Lörrach, der zunächst einmal das System erklärte, wie man anhand der den Familiennamen zugeordneten Nummern seine Vorfahren und Verwandten findet. Mit kleinen Zitaten aus dem Buch sorgte er dann für allgemeine Heiterkeit, aber auch Nachdenklichkeit. Eingetragen in den Kirchenbüchern wurden von den Pfarrern die Geburts-, Tauf-, Heirats- und Sterbedaten. Ab 1632 existieren Kirchenbücher aus Schallbach. Davor finden sich ab 1528 im Kirchenbuch von Egringen Hinweise auf Schallbacher Familien. Kirchenbücher sind eine ergiebige Quelle, weil die Ortspfarrer die Daten oftmals noch mit Kommentaren versahen. Im Sommer gab es die wenigsten Geburten Studiert man insbesondere die Geburtsdaten, fällt auf: In den Monaten Juli, August und September gab es früher die wenigsten Geburten. „Frauen mussten im Sommer auf den Feldern helfen und durften nicht ausfallen, das war so was wie frühe Familienplanung“, berichtete Hahn. Die Pfarrer wachten mit Argusaugen darüber, dass ihre Schäflein möglichst erst heirateten und dann zusammen Kinder zeugten und nicht umgekehrt. So trugen keusche Jungfrauen einen Blumenkranz, schwangere Bräute aber einen Strohkranz zur Hochzeit. Und wer Pech hatte, kam für sein unzüchtiges Verhalten nach der Trauung erst mal an den Schandpfahl. Die Pfarrer gingen, um die Väter unehelicher Kinder zu überführen, sogar so weit, der Hebamme „einzutrichtern, dass diese während der Geburt die Mütter nach den Kindsvätern befragen sollte“, berichtete Hahn zu ungläubigem Staunen. Unglücksfälle mit Todesfolge sind dokumentiert – manche verursacht durch eine Nachlässigkeit bei Arbeitsvorgängen, einen Rausch, aber auch durch eine schwere Geburt, Schwermut oder übermäßige Anstrengung oder Aufregung. Im Revolutionsjahr 1848 wurden zudem aufständische Schallbacher in Staufen von Soldaten erschossen. Rümminger kamen als Partner kaum in Frage Die älteste Familie im Dorf ist Familie Frey, erwähnt schon 1154, es folgen Vetterlin, Weiß, Gräßlin, Lercher oder Lörracher, Dückelin und Gempp. Am liebsten heirateten die Schallbacher Partner aus Egringen, Wittlingen, Fischingen, Binzen und Kirchen – Rümmingen dagegen, direkt benachbart, lief bei der Partnerwahl fast gar nicht in die Statistik mit ein. „Keine Ahnung, warum kaum Rümminger als Partner in Frage kamen“, rätselte Hahn.