In der Markgräfler Gastlichkeit geht eine Ära zu Ende: Das Landhotel Winzerhof Rebstock in Obereggenen schließt zum 5. Dezember nach 140 Jahren für immer seine Pforten in der Kanderner Straße 4. Die Inhaber, das Ehepaar Andrea und Walter Scharf, haben beschlossen, sich aus Altersgründen zurückzuziehen. Von Jasmin Soltani Schliengen-Obereggenen. Ein Nachfolger für Hotel und Restaurant konnte nicht gefunden werden. Und doch bleibt ein Stück Kontinuität erhalten: Weingut und Brennerei werden als „Winzerhof Rebstock“ weitergeführt, also quasi unter altem Namen, aber an neuer Adresse im Dorf, in der Bürgler Straße 37. Das frühere Gebäude der Raiffeisen-Zentralgenossenschaft, wo der 65-jährige Winzer Walter Scharf schon den 2015er Wein ausbaut, wird zum neuen Domizil des Ehepaars umgebaut und soll auch eine 80 Quadratmeter große Ferienwohnung beherbergen. Andrea und Walter Scharf führen Winzerhof weiter Das Haus an der Kanderner Straße ist verkauft – bislang gebe es allerdings nur einen Vorvertrag, sagt Andrea Scharf. Den Namen des Käufers will sie deshalb noch nicht in der Zeitung stehen sehen. Nur so viel: das dreistöckige Gebäude „bleibt in der Verwandtschaft“. Und es soll zu einem Wohnhaus mit Mietwohnungen umgebaut werden. Auch der Garten bleibe erhalten – er sei derzeit „kein Bauland“. Die historische Scheune werde dem Weingut ein Jahr lang noch als Wirtschaftsgebäude dienen. Der Entschluss, sich von Landhotel und Restaurant zu trennen, ist Andrea und Walter Scharf nicht leicht gefallen. Seit fünf Generationen immerhin ist der „Rebstock“, gegründet 1876 von Adam Gottfried Räuber, im Familienbesitz. Und obschon das Haus an keiner großen Durchgangsstraße liegt, gehörten Menschen aus vielen Ländern, vornehmlich aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz, all die Jahre zu den Gästen. „Viele unserer Stammgäste waren schon mit ihren Eltern hier und kommen jetzt mit ihren Kindern“, blickt die 61-jährige Hotelfachfrau zurück. Als Ort, der stets ganz unterschiedliche Menschen zusammengeführt hat, sieht auch ihre Cousine Gabriele Runge, die aus Hamburg zu Besuch ist, das Haus. Die Landwirtschaft mit Reben und Obst, früher auch mit Tierhaltung, habe immer zum „Rebstock“ gehört, wo einst auch ein Laden und die Post untergebracht waren und das erste Telefon im Dorf geklingelt habe. Musik- und Gesangverein probten in ihrer Kindheit im ehemaligen Tanzsaal im ersten Stock. Haus soll zu Wohnhaus umgebaut werden Den Stammgästen sagen zu müssen, dass das Traditionshaus aufgegeben wird, sei fast so schwer gefallen, wie diese Entscheidung der Familie gegenüber zu vertreten. Aber in beiden Fällen sei sie vorwiegend auf Verständnis gestoßen. „Manche Stammgäste sind extra deshalb noch mal gekommen, das war sehr berührend“, sagt sie dankbar. Verständnis hätten auch die sieben Angestellten, darunter eine Vollzeitkraft, gezeigt, die sich nun alle neue Stellen suchen müssen. Andrea Scharf stieg nach der Ausbildung zur Hotelfachfrau im Hotel „Römerbad“ in Badenweiler sowie Lehr- und Wanderjahren unter anderem im Hotel „Drei König“ in Basel, im Grand Hotel in Les Diablerets in der Schweiz und auf Kreuzfahrtschiffen, 1977 mit ihrem Mann in den Betrieb ein, der von ihren Eltern, Margarete und Heinz Räuber, geführt wurde. 1992 übernahmen sie den „Rebstock“ in Eigenregie. Andrea Scharfs Leidenschaft für’s Kochen sorgte dafür, dass das Restaurant trotz reduzierter Öffnungszeiten nicht nur von Hausgästen gerne besucht wurde. Es habe aber immer im Raum gestanden, „dass wir keine direkten Nachfolger haben werden“, erläutert sie. Als feststand, dass auch von den Neffen und Nichten keiner übernehmen wollte, wurde ein Makler eingeschaltet – ohne Erfolg: Der Beruf des Gastronomen sei wenig attraktiv, das Haus mit zwölf Zimmern und elf Tischen im Gastraum von der Größe her problematisch und die Banken bei der Kreditvergabe zu restriktiv. Gabriele Runge sieht angesichts des Wegbrechens von Infrastrukturen in den Dörfern auch die Kommunen in der Pflicht. „Sie müssen aktiv eingreifen, und sich von Experten beraten lassen“. Tröstlich sei in diesem Fall, dass der „Rebstock“-Wein weiterfließe, auch wenn die Gastlichkeit aufhöre.