Der Fall hat hohe Wellen geschlagen: Um ein Auswärtsspiel kurzfristig wegen Spielermangels abzusagen, erfindet die erste Mannschaft des SV Liel-Niedereggenen einen Verkehrsunfall. Zwei Wochen später – nach Selbstanzeige und verhängter Strafe durch den Verband – hallt das Geschehene immer noch nach. Von Claudia Bötsch Schliengen-Liel. Der Vorfall, der nicht nur in der Fußballwelt für Kopfschütteln sorgte, habe auch im Verein seine Spuren hinterlassen, wie Sportvorstand Daniel Oswald gestern im Gespräch mit unserer Zeitung meinte. Die Stimmung sei getrübt. Stimmung im Verein ist getrübt Dass das ganze eine blöde Aktion war, stehe außer Frage. „Es war ein kollektiver Fehler und komplett falsch“, das sei allen Beteiligten schnell klar gewesen. Rückblick: Am Sonntag, 9. Oktober, stand für die Erste des SV Liel, die in der Kreisliga B spielt, das Auswärtsspiel beim SV Inzlingen an. Kurzfristig hätten Spieler abgesagt, auch sei kein Torwart zur Verfügung gestanden. Kurz vor der Abfahrt sei in einer Kurzschlussreaktion dann diese „wirklich dumme Idee“ aufgekommen, berichtet Oswald. Der Sportvorstand habe erst im Nachhinein davon erfahren. „Kurzschlussreaktion“ hat zu dummem Fehler geführt Das schlechte Gewissen habe sich indes bei allen Beteiligten schnell bemerkbar gemacht. „Es wurde allen rasch klar, dass ein Fehler gemacht wurde und wir nicht mit der Lüge weitermachen können und wollen. Es hat jeden belastet.“ Schon am Montagabend habe man sich zusammengesetzt und sich zu einer Selbstanzeige beim Verband entschieden, berichtet Oswald. Empfindliche Strafe vom Verband Bei Staffelleiter und Bezirksvorsitzendem ist diese dann am 12. Oktober eingegangen, ein Tag später erging das Urteil, wie Karlheinz Vögtle, Sportrichter des Fußballbezirks Hochrhein, gegenüber unserer Zeitung mitteilte: Die drei Punkte gingen an den SV Inzlingen, außerdem fiel die obligatorische Geldstrafe etwas höher aus. Details sind nicht bekannt, darüber wurde laut Vögtle eine gewisse Vertraulichkeit mit dem Verein vereinbart. Die Rechts- und Verfahrensordnung des Südbadischen Fußballverbands sieht in Paragraf 48 ein Strafmaß zwischen 50 und 250 Euro vor, wenn unrichtige Angaben zum Erwirken einer Spielverlegung gemacht werden. Der Fall sei im Bezirk präzedenzlos, kommentierte Staffelleiter Dieter Ruf das Ganze. Das Rückspiel wird nun in Inzlingen stattfinden. Nach der Selbstanzeige war Daniel Oswald nach Inzlingen gefahren, um sich persönlich für das Fehlverhalten des Vereins zu entschuldigen. Im Gepäck hatte er neben einem reichlich schlechten Gewissen auch einen Kasten Bier. Nach einem Gespräch mit dem Vorstand sprach er auch mit der Mannschaft und erklärte, dass die Geschichte mit dem Unfall frei erfunden gewesen sei. Kein einfacher Gang, so der Sportvorstand – aber zu seinen Fehlern müsse man stehen, so Oswald. Schlechtes Gewissen und Bier im Gepäck Die Inzlinger sind im ersten Moment auch ziemlich entsetzt gewesen von der makabren Aktion. Die Entschuldigung wurde jedoch angenommen, die Sache war für den SV Inzlingen damit erledigt. Außer den Kosten für den Schiedsrichter sei dem Verein kein Schaden entstanden. Die Selbstanzeige des SV Liel hat Inzlingens Sportchef Uwe Homberger jedenfalls größten Respekt abgefordert: „Das ist eine starke Reaktion des SV Liel-Niedereggenen.“ So würde nicht jeder Verein reagieren. SV Inzlingen zollt Respekt vor Reaktion Der SV Inzlingen war nach der Spielabsage indes schon selbst misstrauisch geworden, nachdem kein einziger Spieler oder Fan des SV Liel in der Wasserschlossgemeinde aufgetaucht war. Sie hatten darum auch Beweisfotos vom Unfall oder einen Polizeibericht angefordert. Nach dem ganzen Schlamassel abseits des grünen Rasens will der SV Liel jetzt wieder „nach vorne schauen“, sich aufs Sportliche konzentrieren und vor allem guten Fußball abliefern, so der Sportvorstand. Am zurückliegenden Wochenende ist das dem Verein bereits gelungen: mit einem klaren 6:0-Sieg gegen Haagen. Wie schnell sich wieder die Stimmung vereinsintern aufhellen und komplett normalisieren wird, steht indes auf einem anderen Blatt. Denn auch in den Reihen der Mitglieder und Spieler hat die Aktion der „Ersten“ für einigen Wirbel gesorgt und ist auf Unverständnis gestoßen. „Oberpeinlich“ fanden einige Mitglieder das Ganze, vor allem mit Blick auf die Außenwirkung. Oswald wirbt indes für ein gewisses Verständnis für „eine junge Mannschaft und ein junges Trainerteam“, die unter Druck und in gewisser Panik „eine komplett falsche Entscheidung“ getroffen hätten. Auch in der Kreisliga B investiere man viel Zeit in den Sport, „man will gewinnen“. Personelle Konsequenzen wird der Fall nicht haben. „Jeder macht Fehler und hat auch eine zweite Chance verdient.“ Eine Woche nach dem angeblichen Unfall erhielt der SV Liel-Niedereggenen übrigens eine Anfrage des FC Hauingen II. Wegen Grippewelle und Spielermangels bat der Verein um Verlegung – der Lieler Sportverein hat der Bitte entsprochen.