Schönau Frauen in die Gesellschaft holen

Markgräfler Tagblatt

Flüchtlingsbetreuung: Im oberen Wiesental läuft ein Projekt speziell zur Integration arabischer Frauen

Mit einem gezielt auf arabische Frauen zugeschnittenen Projekt soll die Integration geflüchteter Menschen im oberen Wiesental vorangetrieben werden. Hinter dem Begriff „Frauentreff“ verbirgt sich ein vielgestaltiges Programm.

Von Peter Schwendele

Oberes Wiesental. Integration ist keine einfache Geschichte - dies erfährt das in der Gemeinschaftsunterkunft in Schönau angesiedelte Flüchtlingsbetreuungsteam um die beiden Caritas-Mitarbeiter Florian Schumacher und Christoph Götz immer wieder bei seiner täglichen Arbeit. Besonders schwierig wird es häufig, wenn es um die Frauen geht, die mit ihren Familien aus Krisengebieten nach Deutschland geflüchtet sind. Aufgrund des traditionellen Frauenbilds, das nach wie vor insbesondere in arabischen Ländern herrscht, „bleiben Frauen auch hier in Deutschland oft viel zu Hause, gehen wenig raus, verschwinden fast von der Bildfläche“, berichtet Florian Schumacher. Von den gängigen Integrationskursen sind sie häufig aufgrund von Schwangerschaft oder Kinderbetreuung befreit. Gerade in ländlichen Regionen mit kleinen Gemeinden sei die Gefahr der Abkapselung und Vereinsamung von Frauen besonders groß.

Viele Frauen wissen wenig über ihre Rechte

Um dem vorzubeugen, hat die Flüchtlingsbetreuung beschlossen, ein spezielles Projekt, den „Frauentreff“, ins Leben zu rufen. Es handle sich um ein Kursangebot mit Kinderbetreuung, bei dem es zunächst einmal darum geht, die Frauen darüber ins Bild zu setzen, in welcher Gesellschaft sie hier leben und welche Möglichkeiten ihnen in Deutschland geboten werden. „Viele wissen nur sehr wenig bis gar nichts über unser Land und welche Rechte Frauen hier haben“, sagt Carolina Bruck-Santos, die die Leitung der Gruppe inne hat.

Vom Ansatz her ist das Projekt eine politische Bildungsmaßnahme, dem Betreuungsteam ist allerdings klar, dass das Angebot sehr niedrigschwellig sein muss, um die Frauen, die in erster Linie aus Syrien und dem Irak kommen, zu erreichen. Mit hoch gestochenen Formulierungen und ehrgeizigen Ansprüchen im Hinblick auf politische Partizipation ist zunächst niemandem gedient. „Erst einmal geht es darum, miteinander ins Gespräch zu kommen und die Frauen zum Reden einzuladen“, berichtet Carolina Bruck-Santos.

Gesprächsbedarf ist sehr hoch

Damit dies funktioniert, ist auch eine Dolmetscherin in das Projekt eingebunden. „Schon jetzt ist klar, dass der Gesprächsbedarf sehr hoch ist“, bilanziert Bruck-Santos nach den ersten Treffen. Spürbar sei, dass erst einmal die Flucht und der Verlust der Heimat verarbeitet werden müssten.

In der Folgezeit soll aber das Leben hier in Deutschland in den Mittelpunkt des Projekts gerückt werden. Dieses umfasst vier thematische Module zu den Themen „Geschichte der Frauenbewegung und die heutige Lebenswelt von Frauen“, „Partnerschaft und Familienplanung“, „Die Bundesrepublik als demokratischer Staat: politische Entscheidungen und unabhängige Institutionen“ sowie „Erziehung, Bildung und Mündigkeit“. Die Bundeszentrale für politische Bildung, die das Vorhaben in diesem Jahr mit 38 000 Euro unterstützt, spricht von einem „Empowerment- und Integrationstraining“ mit dem Ziel, dass geflüchtete Frauen „mündige Bürgerinnen“ werden.

Carolina Bruck-Santos formuliert es so: „Wir müssen den Frauen erst einmal deutlich machen, dass es eine Alternative zu ihrem zurückgezogenen Leben gibt.“ Und das soll natürlich nicht nur über trockene Vorträge erreicht werden. So werden etwa Informationsbesuche beispielsweise bei Pro Familia organisiert, aber auch Yogastunden angeboten. Themen wie gesunde Ernährung werden ebenfalls einbezogen. Von all dem profitieren derzeit rund 30 Frauen in zwei Gruppen in Schönau und in Zell. Ziel von Carolina Bruck-Santos und ihren Mitstreitern ist es selbstredend, das Angebot des „Frauentreffs“ über das Jahr 2017 hinaus aufrecht zu erhalten.

Dabei ist allen in der Flüchtlingsbetreuung im oberen Wiesental klar, dass potentielle Teilnehmerinnen jetzt und in der Zukunft nur über persönliche Kontakte gefunden werden können.

Sozialbetreuung tut der ganzen Gesellschaft gut

Hier zeige sich auch die grundsätzliche Bedeutung der Flüchtlingsbetreuung, wie sie sich im oberen Wiesental etabliert hat, betonen Florian Schuhmacher und Christoph Götz. Man habe in den vergangenen Jahren eine Menge Kontakte aufgebaut, gerade auch zu Firmen und Gastronomiebetrieben, und sehr viele Asylsuchende in ein Arbeitsverhältnis bringen können, so die beiden Caritas-Mitarbeiter. Zudem habe man viele Flüchtlinge mit Wohnraum versorgen können. „Es ist für die ganze Gesellschaft gut, wenn eine Sozialbetreuung da ist“, betont Christoph Götz.

Umso mehr fragt sich das Betreuungsteam derzeit, mit welcher Struktur es weitergehen wird, wenn im Oktober die Gemeinschaftsunterkunft in Schönau aufgelöst wird.

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