Schönau „Verwaltungsaufwand ist abartig“

Markgräfler Tagblatt
Besuch aus der Politik im Doc-Hüsli, hier am Standort Schönau: (von links) Bundestagsabgeordneter Armin Schuster, Kerstin Steinfurth, Bundestagsabgeordnete Karin Maag, Georg Steinfurth mit seinem Mitarbeitern Christoph Hofner, Alexander Frank, Wonhyeok Lee und Sylvia Kohler sowie Theodor Gassenmaier (hinten). Foto: Peter Schwendele Foto: Markgräfler Tagblatt

Georg Steinfurth geht neue Wege in der medizinischen Versorgung / Appell an Politik, Probleme auszuräumen

Von Peter Schwendele

Oberes Wiesental. Wie kann - in Zeiten, in denen immer weniger Mediziner als Landärzte arbeiten wollen - die medizinische Versorgung im ländlichen Raum organisiert werden? Dieser Frage stellt sich seit einigen Jahren der Arzt Georg Steinfurth, der mit seinem „Doc-Hüsli“ in Todtnau und Schönau ein Modell geschaffen hat, das - bei hohem unternehmerischem Aufwand - der Bevölkerung ein umfassendes Angebot bietet. Steinfurth muss aber auch immer wieder gegen bürokratische Schwierigkeiten ankämpfen.

Darüber informierte der Mediziner am Mittwoch den CDU-Bundestagsabgeordneten Armin Schuster, der gemeinsam mit seiner Fraktionskollegin Karin Maag ins obere Wiesental gekommen war, um sich ein Bild über die Arbeit im Doc-Hüsli zu machen. Maag sitzt für die CDU in Berlin im Gesundheitsausschuss, und Schuster wollte seine Kollegin über das „Leuchtturmprojekt“ in Kenntnis setzen - in der Hoffnung, dass in der Zukunft der ein oder andere Knüppel, der Steinfurth derzeit zwischen die Beine geworfen wird, zurückgehalten werden kann.

Das Konzept des Doc-Hüsli stieß bei den beiden Politikern auf großes Interesse. Georg Steinfurth hat in seinem Konzept zwei Doppelpraxen in Schönau und Todtnau mitein-ander vernetzt (auch in edv-technischer Hinsicht) und dazu „bislang unverkäufliche Arztpraxen“ erworben. Unter seiner Leitung agiert ein interdisziplinäres Team mit 18 Angestellten, das sich unter anderem auch an der Notfallversorgung beteiligt. Im Team finden sich neben Medizinern mit unterschiedlicher Fachausrichtung auch so genannte Versorgungsassistenten (VERAH) und nichtärztliche Praxisassistenten (NÄPA), die unter anderem Hausbesuche machen. Die Zukunft liege in der so genannten „interprofessionellen Versorgung“, sagte Georg Steinfurth.

Der Todtnauer Arzt versucht, mit seinem Konzept unter anderem der Tatsache Rechnung zu tragen, dass laut Erhebungen lediglich ein Viertel der jungen Mediziner selbstständig sein will. Grundsätzlich, so der Tenor, sei das alte Bild des Landarztes, mittlerweile obsolet. Das Doc-Hüsli bietet auch flexible Arbeitszeiten, dennoch sei sein Konzept vom baden-württembergischen Gesundheitsministerium bereits zwei Mal als nicht familienfreundlich abgelehnt worden, wunderte sich Steinfurth.

Teil des Konzepts von Steinfurth ist es auch, jungen Medizinstudenten erst einmal die Arbeit auf dem Land schmackhaft zu machen. Deshalb arbeitet das Doc-Hüsli mit dem Slogan „Dort arbeiten, wo andere Urlaub machen“. Steinfurths Erfahrung, auch beim eher städtisch orientierten Nachwuchs: „Wer einmal gesehen hat, wie es hier auf dem Land ist, kommt gern wieder.“ Notwendig sei dies allemal, stehe doch etwa ein Drittel der Hausärzte kurz vor dem Pensionsalter.

Das Doc-Hüsli weist noch weitere Besonderheiten auf. So etwa die Versorgung sozial schwacher Patienten, Suchttherapie oder die Integration seelisch-geistiger Gesundheitsangebote. Überlegt werde derzeit, so Steinfurth, gezielt die Asylbewerber in die Versorgung miteinzubeziehen.

Zusammenfassend bezeichnete der Todtnauer Arzt das Doc-Hüsli als „Flaggschiff“ für das Angebot einer angemessenen medizinischen Versorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum. Allerdings gebe es leider immer wieder „Torpedoangriffe aus dem Hinterhalt“. Insbesondere die Kassenärztliche Vereinigung (KV) zeige sich bisweilen wenig kooperativ. So schmerzt den Arzt, dass er ab April 2014 keine Weiterbildung mehr ausüben dürfen soll. Auch die Stellenbesetzung werde ihm häufig erschwert, ganz zu schweigen von überbordender Bürokratie, die sich in seinem Fall durch die beiden Standorte Todtnau und Schönau noch verschärfe. „Der Verwaltungsaufwand ist abartig“, machte Steinfurth seinem Herzen Luft.

Gesundheitsexpertin Karin Maag freute sich, „dass es Menschen gibt, die tolle Ideen haben, wie man medizinische Versorgung darstellen kann“. Die Parlamentarierin will das Steinfurth`sche Konzept direkt an die KV herantragen, warnte indes vor zu hohen Erwartungen. Die Politik könne nur die Rahmenbedingungen setzen, in die ärztliche Selbstverwaltung könne sie indes nicht direkt eingreifen. Grundsätzlich habe man in Deutschland in den letzten Jahren aber viel getan, um Flexibilität im Gesundheitsbereich zu ermöglichen.

Der Arzt könne heute zum Unternehmer werden, wenn er das wolle, bekräftigte ihr Fraktionskollege Armin Schuster, der gleichzeitig anmerkte, wie frustrierend bisweilen auch für ihn als Politiker der „Kampf für den Bürokratieabbau“ verlaufe.

Zum Schluss der Veranstaltung im Doc-Hüsli wurde ein kurzer Blick in die Zukunft geworfen. Georg Steinfurth wollte eine künftige Kooperation mit der ebenfalls gut aufgestellten Todtnauer Arztpraxis Honeck nicht ausschließen; dies würde für die Bevölkerung - insbesondere in Sachen Notfalldienst - klare Verbesserungen bringen.

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