Schopfheim „Auf welcher Seite würde Jesus heute stehen?“

Markgräfler Tagblatt
Der AK Integration nutzte die Gelegenheit, für seine Arbeit und seine Anliegen zu werben. Foto: Markgräfler Tagblatt

Flüchtlingsunterkunft: Bedenken zum Standort  und flammende Appelle für die Aufnahme der Menschen

Schopfheim-Fahrnau (wm). Die unmittelbare Nähe zum Friedhof: Das ist für viele Bürger aus Fahrnau der Grund, die geplante Gemeinschaftsunterkunft (GU) für Flüchtlinge skeptisch zu betrachten.

Bei der Informationsveranstaltung in der Festhalle entzündete sich daran denn auch die meiste Kritik. Grundsätzlich ablehnen mochte die Unterbringung von maximal 200 Flüchtlingen an diesem Abend keiner der Redner. Ganz im Gegenteil: Etliche Bürger warben mit flammenden Worten für die Aufnahme der Menschen.

Hans Trefzer bezeichnete die GU beim Friedhof als „komplett fehl am Platz“. Er führte gleich sechs Alternativstandorte ins Feld – von Grundstücken bei der B 317-Zufahrt Mitte über den Bolzplatz im Oberfeld, hinter der Friedrich-Ebert-Sporthalle und hinter dem THG-Sportgelände bis zur Haltestelle West in Gündenhausen, musste sich vom Stadtoberhaupt aber sagen lassen, dass exakt dieselben bei der rathausinternen Prüfung durchgefallen waren.

Elmar Ebenhoch kritisierte – wie Dieter Zimara – die Standortwahl als „pietätlos“. Dort gebe es jetzt schon Probleme mit Jugendlichen, so Ebenhoch. Außerdem sei es „menschenverachtend“, die Flüchtlingen ausgerechnet neben einem Friedhof unterzubringen. Nicht auszuschließen seien auch Übergriffe auf die GU, wie in anderen Bundesländern bereits geschehen. Die Vertreter des Landratsamtes entgegneten, die Unterkünfte würden überwacht.

Jürgen Trefzger missfiel die Standortwahl ebenfalls. Es passe einfach nicht, traumatisierte Menschen neben einem Friedhof anzusiedeln.

Es gab aber auch anderslautende Stimmen. Daniel Zettler mahnte, dass man bei alledem „über ganz normale Menschen“ rede und nicht über Schwerverbrecher.

Gretel Schmidt erinnerte daran, das weltweit so viele Menschen auf der Flucht seien wie noch nie. Wie man da in solcher Form über 200 Flüchtlinge reden könne, vermöge sie nicht zu verstehen, sagte sie um Fassung ringend: „Das tut weh“.

Teresa Klein, SPD-Stadträtin, schloss sich ihrer Vorrednerin an und gab zu bedenken, dass viel ärmere Länder als Deutschland derzeit viel mehr Flüchtlinge aufzunehmen hätten. Da müsse es doch möglich sein, eine solch „minimalistische“ Unterkunft bereit zu halten. Sie bat, die Flüchtlinge nicht als Bittsteller zu behandeln, sondern alle Bedenken und Vorurteile beiseite zu schieben und die Menschen „willkommen zu heißen“.

Michael Straub, Stadtrat der Grünen, erinnerte an die Arbeit des Arbeitskreises Integration und erklärte, der Verein nehme die Flüchtlinge gerne in Empfang und biete ihnen, bei Bedarf, auch eine Führung über den Friedhof an.

Rita Sprich zeigte sich „stolz“, dass sich die Stadt dieser Aufgabe stelle und fragte in den Saal: „Wer von uns würde mit einem dieser Menschen tauschen wollen?“

Jörg Klein, SPD-Stadtrat, bat bei allen Diskussionen nicht zu vergessen, dass für die GU ein „fixes Ende in maximal fünf Jahren“ vereinbart sei. Die Standortwahl neben dem Friedhof als „pietätlos“ zu bezeichnen, geißelte Klein mit scharfen Worten: „Da geht mir der Hut hoch“. Auf dem Friedhof gebe es Kreuze, die an den „elenden Tod“ eines Menschen vor 2000 Jahren erinnerten, sagte er und fügte hinzu: „Auf welcher Seite, glauben Sie wohl, würde der heute stehen?“

Mark Leimgruber, CDU-Stadtrat, sprach von zwei Herzen in seiner Brust. Einerseits sei ihm der Friedhof ein wichtiges Anliegen. Falls es indes tatsächlich keinen besseren Standort für die GU gebe, müsse man andererseits ans Christliche denken: „Dann werden wir Fahrnauer unserer sozialen Verantwortung gerecht werden“.

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