Schopfheim „Ausnahmen dürfen nicht zur Regel werden“

Markgräfler Tagblatt

Am Donnerstag war Verkehrsschau in Schopfheim / Tempo 30 in ganz Kürnberg abgelehnt / Weitere Halteverbote in der Stadt

Schopfheim (ma). Nicht gerade eine „Modeerscheinung“ oder ein „Statussymbol“, aber doch häufig gefordert von Bürgern sind mehr Tempo 30-Schilder oder -Markierungen, obwohl bereits an den Ein- und Ausfahrten in Tempo 30-Straßen oder -wohngebieten solche Schilder stehen. Zu diesem Ergebnis kam die Runde, die an der Verkehrsschau am Donnerstag teilnahm.

Dabei galt es im einzelnen abzuwägen, ob den Anträgen von Bürgern, Gemeinderäten oder der Stadtverwaltung selbst entsprochen werden kann, ob die Kosten für entsprechende Maßnahmen im städtischen Rahmen liegen würden, und auch zu prüfen, wie die jeweilige Gesetzeslage aussieht.

So hatten Bürger beantragt, im Wohngebiet Hegne zusätzliche Tempo 30-Piktogramme aufzumalen, ein Bürger wollte dies sogar selbst übernehmen. In der Runde hieß es, es handele sich bereits um ein Wohngebiet mit Tempo 30, worauf mit Schildern jeweils an den Einfahrtstraßen hingewiesen werde. Generell sei es so, dass ein erneutes Aufstellen von Schildern zwischendrin in Tempo 30-Zonen nicht erlaubt sei, wenn das Wohngebiet nicht groß genug sei, und das sei hier der Fall. Das Aufbringen von Piktogrammen sei auch eine Kostenfrage. Würden sie nicht farbig markiert, müsse man mit Kosten von 100 Euro pro Piktogramm rechnen; eine Blockmarkierung (Haltemarkierung), die eigentlich gar nicht zulässig sei und nur in der Hauptstraße in Schopfheim aufgrund von gefährlicher Lage eingerichtet sei, koste 150 Euro, dazu komme der Unterhalt. Pro Schild müsste man bis zu 1200 Euro zahlen. Es handele sich nur um Siedlungsverkehr; zudem sorgten die parkenden Autos dafür, dass Autofahrer beim Passieren das Tempo verlangsamten. Thomas Gsell gab zu bedenken, würden die Piktogramme bewilligt, könnte dies ein „Selbstläufer“ werden, weil Begehrlichkeiten geweckt würden.

Die Runde konnte zudem einen entsprechenden Antrag seitens der IG sicheres Oberfeld ebenfalls nur teilweise nachvollziehen. In der Karlsbader Straße etwa lägen keine Zahlen vor, die dort das Aufbringen von Piktogrammen rechtfertigen würden. Zum einen werde die Straße von zu wenig Fahrzeugen befahren, zum anderen seien keine gravierenden Tempoverstöße festgestellt worden. Mit der Oberfeldstraße verhalte es sich anders: Sie sei stark befahren, wobei bei Messungen die Durchschnittsgeschwindigkeit bei 37 Stundenkilometer (erlaubt: Tempo 30) lag.

Ob hier Piktogramme mit nochmaligen Hinweisen auf Tempo 30 aufgemalt werden sollen, wurde indes vertagt. Hier will man abwarten, bis der S-Bahn-Halt Schlattholz in Betrieb ist. Danach sollen noch einmal Messungen und Zählungen vorgenommen werden, bevor eine Entscheidung getroffen wird. Bemängelt wurde indes, dass der Autoverkehr den Weg durch die Oberfeldstraße nehmen muss. Als das Neubaugebiet Schlattholz gebaut wurde, habe der Gemeinderat eine direkte Durchfahrt zur B  518 / B 317 hin abgelehnt.

Der Runde lag auch ein Antrag des Kürnberger Ortschaftsrats vor, in Kürnberg komplett Tempo 30 einzurichten; bislang herrscht dort Tempo 30 nur in einem Teilbereich. Dies sei schon lange ein Thema, sagte Fachgruppenleiterin Cornelia Claßen. Doch Verkehrszählungen in der eventuellen künftigen 30er-Zone hätten nicht viele Fahrzeuge pro Tag erbracht, „von Durchgangsverkehr kann man hier nicht reden“. Es habe keine Überschreitungen von Tempo 50 bei der Messung gegeben. „Wir sind nicht gewillt, dem stattzugeben“, sagte Claßen, die aufzeigte, dass eine wahre Schilderflut auf Kürnberg zukommen würde. Genau solche Schilderwälder wolle man aber vermeiden.

Anders sieht es mit Tempo 30 nicht für ein ganzes Gebiet, aber für die Durchfahrt von Schlechtbach aus. Hier liege eine Unterschriftenaktion vor, mit der die Bürger für eine Temporeduzierung aufgrund der Gefahren besonders für Kinder im Bereich der Bushaltestellen bei der Querung der Straße plädieren. Es gebe dort keinen Gehweg, fügte Cornelia Claßen an. Vor Ort habe man feststellen müssen, dass es sich um einen recht unübersichtlichen Bereich handele. Ein Baum erschwere die Sicht zusätzlich. Als ersten Schritt soll nun das Landratsamt prüfen, ob dort Geschwindigkeitsmessungen vorgenommen werden können. Die Stadt will ihrerseits Zählungen anstellen; hierbei werden auch die Motorräder berücksichtigt. Auf der Grundlage des Zahlenmaterials soll dann weiter beraten werden.

In Gersbach wird Tempo 30 auch für die Rauschbachstraße gewünscht. Hier will man freilich die Sanierung der Straße 2017 abwarten, bevor eine Entscheidung getroffen wird. Sei die Straße in so einem schlechten Zustand wie es immer gesagt werde, dann könne man dort eigentlich auch nicht schnell fahren, wies man bei der Verkehrsschau-Besprechung auf die Widersprüchlichkeit des Antrags hin.

Befürwortet wurde bei der Verkehrsschau das Anbringen einer Leitplanke von etwa fünf Meter Länge auf der Ortsverbindungsstraße Lochmühle von Gersbach aus, ein Antrag der Gersbacher selbst. Hier sollen Mittel in Höhe von 7000 bis 10 000 Euro für den Haushalt 2016 angemeldet werden. Sobald diese freigegeben sind, soll die Leitplanke in Auftrag gegeben werden.

Abgelehnt wurde ein Antrag aus Raitbach auf Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 20 oder 30 bei der dortigen Kita. Cornelia Claßen sagte, dort herrsche kein Durchgangsverkehr, die Straße ende dort mit einem Parkplatz und dem Wald. Zur Kita herrsche lediglich der Hol- und Bringdienst. Es lägen keine Beschwerden wegen Gefährdungen vor, sagte Klaus Ziegler vom Schopfheimer Polizeirevier. Die von Raitbach beantragte Geschwindigkeitsreduzierung an dieser Stelle wurde abgelehnt.

Ein weiterer Wunsch der Ortsverwaltung Raitbach war das Versetzen des Tempo 50-Schilds im Bereich Bahnhof Raitbach-Hausen. Hier hatte sich kürzlich ein Unfall ereignet. Der Antrag wurde aber abgelehnt. Es handele sich um einen normalen Eingangsbereich, erläuterte Fachgruppenleiterin Claßen. Der Trichter „100 erlaubte Stundenkilometer, dann 70 und schließlich 50“ werde als ausreichend erachtet. Man müsse bedenken, dass besagter Unfall unter Alkoholeinfluss geschehen sei. Ausnahmesituationen dürften aber nicht zur Regel herangezogen werden.

Beraten wurde auch über den Antrag von CDU-Stadtrat Mark Leimgruber zugunsten einer zeitlichen Begrenzung des Halteverbots in Höhe des Fußballplatzes in Fahrnau. Cornelia Claßen hielt dies zunächst nicht für möglich. Es handele sich um die Einfahrt zu einem großen Gewerbegebiet mit Schichtarbeitern, das auch abends von Zulieferern angefahren werde. Wenn geparkt werden dürfte, würde es aber eng werden. Unterstützt wurde das Ansinnen Leimgrubers aber von Thomas Gsell. Es spreche nichts dagegen, wenn das Parken am Samstagmittag und am Sonntag erlaubt werden würde, also zu den Spielzeiten des FVF.

Vor Ort ereilte die Runde aber eine Überraschung. Man stellte nämlich fest, dass dort das Parken auf der Seite gegenüber des Fußballplatzes auf der Straße - dort ist auch ein Gehweg - erlaubt ist. Thomas Gsell erinnerte sich, dass sich die Verkehrsschau schon einmal damit befasst habe. Der Antrag erübrigte sich dann. Denn würde das Parken auf der Seite am Fußballplatz an Wochenenden wie beantragt erlaubt werden, wäre dann beidseitiges Parken gestattet. Dann aber wäre die Straße zu eng für den Rettungsdienst, betonte Cornelia Claßen. Da für den Vollzugsdienst nicht feststellbar wäre, welches Fahrzeug zuerst abgestellt wurde und welches dann für die Behinderung gesorgt hätte, wäre es unmöglich, hier den Verstoß zu ahnen. Deshalb darf auch weiterhin auf der rechten Seite, also entlang des Fußballgeländes, nicht geparkt werden. Auf der gegenüberliegenden, linken Seite bleibt das Parken gestattet.

Ein weiterer Punkt befasste sich mit dem Problem des beidseitigen Parkens in der Schlattholzzstraße. Die Stadt befand hier, dass es zu eng zugeht; auch der Verkehr zum Schwimmbad fährt dort lang. Der fließende Verkehr komme dann nicht mehr aneinander vorbei. Diese Situation soll nun durch Markierungen entzerrt werden, wodurch dann aber Parkplätze wegfallen. Auch Schilder werden aufgestellt. Anders in der Feldbergstraße. Die Freien Wähler hatten hier auf Probleme durch beidseitiges Parken hingewiesen, wie Hildegard Pfeifer-Zäh erläuterte. Dieser Antrag wurde aber abgelehnt. Die Feldbergstraße sei breiter, Möglichkeiten des Ausweichens bei Gegenverkehr seien gegeben.

Ein Bürger hatte den Antrag auf Wiederherstellung des Gehwegparkens in der Königsberger Straße gestellt; in der Breslauer Straße solle das Parken auf dem Gehweg nicht mehr erlaubt, die Markierung entfernt werden. Einige Bürger dort wollten dies, andere wieder nicht, teilte Ordnungsamtsleiterin Claßen mit. Am Ende der Vor-Ort-Besichtigung entschied man sich, in der Königsberger Straße die Markierung auf dem Gehweg nicht mehr aufzubringen. Autos könnten auf der Straße parken, denn diese sei breit genug. Zudem sei dort Tempo 30, so dass auf der Straße abgestellte Autos auch zur Einhaltung von Tempo 30 beitragen könnten. Die Breslauer Straße dagegen sei schmaler, dort sei beidseitiges Parken auf der Straße nicht möglich. Deshalb könnte dort das Parken auf dem Gehweg erlaubt werden. Zunächst soll aber technisch geprüft werden, ob die Maßnahme ohne bauliche Veränderungen ausgeführt werden könne.

Ein Bürger hatte beantragt, in der Ortsdurchfahrt Wiechs ein beidseitiges Halteverbot einzurichten. In der Runde wurde erläutert, dass es besonders im Bereich des Bureladens zu prekären Situationen komme. Es werde beidseitig geparkt, es gebe keinen Gehweg, Fußgänger müssten auf der Straße um die Autos herumlaufen, dazu komme der Lasterverkehr. Das beantragte Halteverbot wurde indes abgelehnt. Es gebe keine Gehwege, was auch seinerzeit Voraussetzung für den Landkreis gewesen sei, Tempo 30 einzurichten. Im Kurvenbereich des Bureladens sei das Parken sowieso verboten, dort werde die Stadt Kontrollen vornehmen. Thomas Gsell wies auf andere Parkplätze hin, auf die Kunden ausweichen könnten.

Gefährliche Situationen entstehen auch an der Einmündung von „Gündenhausen“ in die Hohe-Flum-Straße, wo es auch eine Fußgängerfurt gibt. Hier werde geparkt, es sei unübersichtlich für die Fußgänger, sagte Heidi Malnati, die deshalb ein beidseitiges Parkverbot forderte. Die Runde entschloss sich, die anstehende Wasserleitungs- und Straßensanierung, die noch dieses Jahr ansteht, abzuwarten und dann ein beidseitiges Halteverbot einzurichten.

Ein beidseitiges absolutes Halteverbot soll auch im Bereich Entegaststraße ausgesprochen werden, da dort aufgrund einer Engstelle keine Rettungsfahrzeuge durchkommen.

Auch in Langenau gab es über eine Anfrage zu entscheiden: Der Ortschaftsrat und die SPD sprachen sich für eine Geschwindigkeitsreduzierung auf einem Teil der L 139 in Richtung Enkenstein mit Einfahrten auf Höhe eines Bauernhofs aus. Bei der Verkehrsschau wurde das Anliegen abgelehnt. Es handele sich dort um eine sehr übersichtliche Stelle. Auch hier gelte das Prinzip, dass das Tempo nicht auf 70 gedrosselt werden soll, weil es Autofahrer gibt, die dort schneller als die erlaubten 100 Stundenkilometer fahren. Die Ausnahme dürfe nicht zur Regel gemacht werden, hieß es.

Gleich 14 Tagesordnungspunkte galt es unter Federführung von Ordnungsamtsleiterin Cornelia Claßen abzuhandeln, ein Teil der Orte, um die es ging, wurde per Bus angefahren, damit die Teilnehmer die jeweilige Lokalität persönlich in Augenschein nehmen konnten. Vertreter von Behörden, darunter die Straßenmeisterei, das Landrats- und Tiefbauamt sowie von Polizei und Verkehrswacht waren erschienen. Mit am Tisch saßen auch CDU-Fraktionsvorsitzende Heidi Malnati (CDU), SPD-Stadtrat Thomas Gsell und die Freie Wähler-Stadträtin Hildegard Pfeifer-Zäh.

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