Schopfheim „Burgi bietet wenig Angriffsfläche“

Markgräfler Tagblatt

Was die Zunftabende dieses Jahr zu bieten haben: Ein Interview mit Jeannot Weißenberger

Schopfheim. Ein Zunftabend ohne Jeannot Weißenberger? Undenkbar. Seit 1988 steht der Ur-Fasnachter auf der Bühne, seit vielen Jahren führt er außerdem Regie bei einem der Höhepunkte der Narretei in Schopfheim. Im Gespräch mit unserem Redakteur Werner Müller verrät Weißenberger, ob er noch Lampenfieber hat und was einen gelungenen Zunftabend auszeichnet.

Herr Weißenberger, noch 14 Tage bis zum ersten Zunftabend. Wie ist die Stimmungslage bei den Akteuren?

Die ist gut. Bei den größeren Gruppen wird noch das Personal sortiert – wer macht was –, aber die einzelnen Nummern stehen, bei der letzten Sitzung waren alle Mitwirkenden gut drauf. Nur bei mir persönlich ist die Stimmung immer etwas angespannt, weil ich alles auf den letzten Drücker mache. Für die Schnitzelbank habe ich bis jetzt erst drei Verse von insgesamt 14 - und noch keine einzige Zeichnung. Aber trotzdem, ich kann mich drauf verlassen, dass mir rechtzeitig noch was einfällt.

Sie sind seit ewigen Zeiten aktiv dabei - als Regisseur und als einer der Hauptdarsteller zugleich. Immer noch Lampenfieber?

In diesem Sinne nicht unbedingt. Aber die Anspannung ist schon da, weil man ja nicht weiß, ob es gut ist, was man sich überlegt hat, ob es bei den Leuten ankommt, ob es lustig ist. Denn die Zuschauer finden nicht immer das gleiche lustig wie wir Zuftabendspieler.

Wie weit ist das Programm schon in trockenen Tüchern?

Die Reihenfolge der einzelnen Nummern steht schon fest, es könnte jetzt höchstens noch Probleme geben wegen der Technik, so dass wir die eine oder andere Nummer noch umstellen müssen, um mit der begrenzten Anzahl der Mikrofone zurecht zu kommen.

Wie entstehen die Nummern – jeder für sich im stillen Kämmerlein oder gibt es auch gemeinsame Absprachen?

Wir haben Zunftspieler-Sitzungen ab September einmal im Monat, jetzt im Januar waren es ein paar mehr. Da schlägt jeder vor, was er gerne machen würde. Wir schauen, dass es keine Überschneidungen gibt. Zwar werden bestimmte Themen öfters auftauchen, ab dann muss man halt darauf achten, dass sich wenigstens die Pointen nicht überschneiden. Wichtig ist außerdem, dass eine gute Mischung zustande kommt.

Wie viele Proben finden bis zur Premiere statt?

Jeder probt für sich daheim. Richtig ernst wird es bei der Generalprobe. Vorher sehe ich die einzelnen Nummern eigentlich auch nicht, denn ich bin keiner, der wochenlang umher reist und sich alles anschaut. In den Sitzungen bekommt man schon ein Gefühl dafür, was die einzelnen Zunftabendspieler auf die Bühne bringen. Die Generalprobe ist einen Tag vor dem ersten Zunftabend - also am kommenden Donnerstag.

Wie sieht die ideale Mischung für einen gelungenen Zunftabend aus?

Wir dürfen eines nicht vergessen: Wir machen Fasnacht, wir machen weder Comedy noch Kabarett. Das ist meiner Meinung nach eine eigene Form. Viele finden es gut, ander nicht, weil es ihnen zu einfach, zu primitiv oder zu oberflächlich erscheint. Dabei gibt es ausgezeichnete Texter unter den Narren, wie zum Beispiel Klaus Strauß mit seinem Prolog zur Fasnacht. Ein Zunftabend muss fasnächtlich bleiben. Dazu gehört auch, dass man städtische Themen verarbeitet. Außerdem gilt: Wir machen keinen Kindergeburtstag. Da versuche ich schon, ein bisschen zu steuern.

Wir wollen ja nicht zu viel verraten. Trotzdem: Welche Themen und welche Personen nehmen die Narren aufs Korn?

Ein Thema wird sicher der Lindenplatz sein, ebenso das Fusionstheater zwischen SV Schopfheim und FV Fahrnau, auch die Stadtputzete kommt sicher mal zur Sprache. Der Burgi bietet leider wenig Angriffsfläche in den letzten Jahren (lacht).

Täuscht der Eindruck, oder spielt die kleine und die große Politik nicht mehr die Rolle spielt, die sie früher einmal innehatte?

Die große Politik sicher nicht mehr. Bei der lokalen hängt es auch ein bisschen von den Akteuren ab. Wenn unter den Zunftabendspielern einige Stadträte sind, dann rücken städtische Themen eher in den Vordergrund. Aber insgesamt kann man schon sagen: Richtig politisch wird’s nicht. Es sei denn, in den beiden kommenden Wochen passiert noch ein Knüller. Aber so richtige Knaller-Themen hatten wir zuletzt ja nicht mehr – das Uehlin-Areal zum Beispiel ist ja uralt.

Den Zunftabend prägt nicht zuletzt eine Vielzahl bewährter Akteure. Sind alle wieder mit an Bord?

Ein paar Stammkräfte wie Rainer Strittmatter oder Andreas Gsell und Klaus Feuchtmann fehlen dieses Jahr leider aus beruflichen und geschäftlichen Gründen. Das spüren wir schon. So wird der „Gesangverein Notschrei“ zum Beispiel nicht auftreten. Das versuchen wir halt durch etwas anderes auszugleichen.

Rücken neue Akteure nach oder plagen auch die Narren Nachwuchssorgen?

Als ich vor über 25 Jahren mit der Schnitzelbank und gemeinsam mit Hans Glöggler erstmals aufgetaucht bin, hieß es nach den Proben gleich: „Die kommen am Schluss, die können das“. Ein paar bekannte Größen sagten damals: „Jetzt können wir aufhören“. So ein Angebot an Nachwuchskräften, dass ich zum Beispiel sagen könnte, ich trete ab, fehlt heute schon. Wir haben zwar Nachwuchs – Kira Invernale oder Max Glöggler zum Beispiel sind klasse – für eigene Nummern sind sie aber vielleicht noch etwas zu jung. Man muss sie noch etwas an der Hand nehmen. Insofern fehlen die Talente, die von unten hochschießen.

Angenommen, es gäbe eine Casting-Show „Schopfheim sucht den Zunftabendspieler“ – was müssen Kandidaten können?

Früher gab es am 11.11. den Familienabend der Narrenzunft in der Stadthalle. Das war so eine Art Schaulaufen für den Zunftabend. Da konnte man Nummern ausprobieren und sehen, wie sie ankommen. Ein Zunftabendspieler sollte texten und vielleicht eine lustige Büttenrede halten können. Am besten wäre, wenn er noch ein bisschen Musik machen und singen könnte. Das fehlt uns ein bisschen. Wichtig ist vor allem, sich auf der Bühne bewegen zu können.

Es heißt ja immer, jeder der drei Zunftabende sei anders. Stimmt das?

Es ist so. Das Publikum reagiert an jedem Zunftabend anders. Am ersten achten die Besucher etwas stärker auf das, was zwischen den Zeilen steht, am zweiten klopfen sie sich eher auf die Schenkel, und am dritten ist die Stimmung gelöst und locker, am Tag darauf ist schließlich Umzug - da ist einfach schon Fasnacht. Das ist auch für uns Spieler sehr entspannt, vorausgesetzt, die ersten beiden Zunftabend sind gut gelaufen.

Der Zunftabend in Fahrnau findet schon eine Woche vor dem ersten Schopfheimer statt. Haben die Aruba-Akteure keine Angst, dass ihnen die Farifa-Konkurrenz die Butter vom Brot nimmt?

Keineswegs. Ich wünsche ihnen, dass sie ein tolles Programm auf die Bühne bringen. Auch wenn die Themen eventuell ähnlich sein werden - das macht uns nichts aus. Ganz im Gegenteil, das steigert die Lust auf die Fasnacht - und das ist doch für die Stadt Schopfheim insgesamt gut.

Die Zunftabende finden statt am Freitag, 6., sowie am Samstag 7., und Samstag 14. Februar jeweils um 20 Uhr in der Stadthalle. Für alle drei gibt es im Pipe Corner noch Tickets.

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