Berührende Lesung
Eingeflochten in die grandiose und stimmgewaltige Darbietung des Gesamtchors mit rund 65 Aktiven wurde ein zum größten Teil erhaltener Briefwechsel zwischen dem Komponisten Johannes Brahms und seiner Seelenverwandten Clara Schumann. Diese war selbst Komponistin und Pianistin. Die Lesungen der Briefe erfolgten in eindrücklicher Weise von Wolfram Berger und Graziella Rossi. Brahms und Clara Schumann wurden als historische Personen durch den berührenden Vortrag ihres Gedankenaustausches wieder erlebbar gemacht, bei den Briefen handelte es sich um Dokumente einer tiefen Freundschaft.
Götter gehuldigt
Das Konzert startete mit dem Akademischen Orchester Basel unter Leitung von Iwan Wassilevski mit der „Akademischen Festouvertüre“ op. 80. Für eine Ehrung zum Ehrendoktor der Universität Breslau bedankte sich Brahms mit dieser Festouvertüre. Dieses Stück setzt sich aus einer Reihe bekannter Burschenschaftslieder zusammen, die in kunstvoller Weise zu einem kontrapunktischen Ganzen verarbeitet wurden. Die Breslauer Universität sollte hiermit in die Irre geführt werden. Es ist eine Hommage an das wilde Studentenleben. Weiter ging es mit dem „Gesang der Parzen“ op. 89 als letzte Komposition von Brahms für Chor und Orchester. Darin vertonte er einen Abschnitt von Johann Wolfgang von Goethes Drama „Iphigenie auf Tauris“. Hier wurde inhaltlich den entrückten römischen Göttinnen gehuldigt. Allerdings wurde die alleingelassene, dem Schicksal unterworfene Menschheit, mit dem ergreifenden Ruf „Es fürchte die Götter das Menschengeschlecht“ gegenübergestellt. Das weitere Werk „Nänie“ op. 82, das vom Dirigenten des Motettenchors, Joss Reinicke, geleitet wurde, vertont ein Gedicht Friedrich Schillers über die Vergänglichkeit. Das Werk bezeichnete den Trauergesang, der im antiken Rom die Leichenzüge begleitete. Die Begleitung des Orchesters verdeutlichte Seufzer, Schluchzer und Trauer. Dennoch erwies sich die Darbietung sanft, undramatisch und versöhnlich. Voll und beeindruckend war die Klangfülle. Das letzte Stück „Schicksalslied“ op. 54 war eine Vertonung eines Gedichtes von Friedrich Hölderlin und entstand in dessen Brief-Roman „Hyperion oder der Eremit in Griechenland“.