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Schopfheim „Ein Mann von Format“

Markgräfler Tagblatt

Verabschiedung: Bürgermeister würdigt Hans-Jörg Klein

Von Werner Müller

„Dass ich als Stadtrat die Welt verbessern kann, habe ich nie geglaubt“. Hans-Jörg Klein machte sich keine Illusionen, als er für die SPD im Jahr 1999 zum ersten Mal am Ratstisch Platz nahm.

Schopfheim (wm): Als „sehr bedauerlich“ bezeichnete Bürgermeister Christof Nitz den Rückzug von Hans-Jörg Klein aus dem Gemeinderat. Der scheidende SPD-Stadtrat habe stets „klare Kante“ gezeigt und seine eigene Meinung vertreten. Außerdem habe Klein die Größe gehabt, eigene Irrtümer einzugestehen. Dem Gemeinderat habe er durch seinen juristischen Sachverstand sehr geholfen.

Nitz erklärte, er habe die Zusammenarbeit mit Hans-Jörg Klein sehr genossen, und würdigte ihn als einen „Mann von Format“. Als Anerkennung für die 16 Jahre im Gemeinderat zeichnete der Bürgermeister den scheidenden SPD-Stadtrat mit dem goldenen Dukaten der Stadt aus.

In seiner kurzen Replik bedankte sich Klein bei allen am Ratstisch für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und wünschte dem Gremium zum Abschied „Fortüne“ bei den städtischen Finanzen, „Stetigkeit“ beim Verfolgen der kommunalpolitischen Ziele und eine „sachliche Streitkultur“, die zu vernünftigen Entscheidungen führe.

Als Nachrücker für Hans-Jörg Klein nahm Peter Ulrich am Ratstisch Platz.

Schopfheim . Er habe das Mandat vielmehr „mit dem realistischen Vorsatz“ angenommen, sein fachliches Wissen einzubringen, „um Dinge mitzugestalten oder zu verhindern“.

Das sei ihm „im Rahmen des Möglichen auch gelungen“, so die nüchterne Bilanz des SPD-Stadtrates, der jetzt, nach insgesamt 16 Jahren, sein Mandat niederlegt.

Der Rückzug aus dem Stadtparlament hat berufliche Gründe: Hans-Jörg Klein, von Haus aus beamteter Notar, wird sich im Zuge der Justizreform ab 2018 in Schopfheim als privater Notar niederlassen und muss dafür organisatorisch noch die Weichen stellen. Da bleibt keine Zeit mehr übrig fürs ehrenamtliche Engagement im Gemeinderat.

Der Schritt in die Kommunalpolitik war für den Volljuristen, der Mitte der 90er Jahre in die SPD eintrat, nur folgerichtig: „Wenn schon in einer Partei, dann will ich mich auch auf kommunaler Ebene einsetzen“, sagte er sich damals. Solch gesellschaftliches Engagement gehöre sich einfach für jemanden, der „etwas zum Gemeinwohl beitragen“ könne. Klein: „Ich sehe darin so eine Art Bürgerpflicht“.

Von den vielen Entscheidungen, an denen der scheidende SPD-Stadtrat beteiligt war, hebt er im Rückblick eine besonders hervor: den Beschluss zum „nachhaltigen Hochwasserschutz“. Davon sehe man zwar wenig, obwohl die Stadt viele Millionen Euro dafür ausgebe. Für die Entwicklung Schopfheims sei dieser Beschluss aber wegweisend gewesen, weil sonst ein bauliche Entwicklung südlich der Bahnline gar nicht mehr möglich gewesen wäre, so Klein.

Zu den eher ärgerlichen Erfahrungen als Stadtrat zählt der Finanzexperte, dass die Kommunen von Bund und Land immer „mehr aufgesattelt bekommen“ (Schulen und Kindergärten) und dafür ständig steigende Personalkosten zu bewältigen haben.

Eine „negative Überraschung“ seien auch die zum Teil enormen Kosten für die Bauunterhaltung bei städtischen Gebäuden wie zum Beispiel am THG. Das verschlinge immer gleich Millionenbeträge, ohne dass der Gemeinderat selber gestalten kann.

Dennoch gäbe es laut Hans-Jörg Klein fürs Gestalten Spielraum genug, zum Beispiel im Baubereich. Statt Planungen den Investoren zu überlassen, könnten Verwaltung und Gemeinderat in seinen Augen durchaus mehr selbst in die Hand nehmen.

Als eines der kommunalpolitischen Hauptprobleme bezeichnet Hans-Jörg Klein, dass der Gemeinderat sich „von Sitzung zu Sitzung hangelt“. Dabei gebe es doch einen Zehnjahresplan, an dem man sich orientieren könnte. Nur müsste man diesen ständig im Auge behalten, auf dem neuesten Stand halten und „kontinuierlich abarbeiten“.

Ein Wunsch des scheidenden SPD-Stadtrates lautet denn auch, die Haushaltsaufgaben künftig langfristig anzupacken. Das Stadtparlament könne dies alleine zwar nicht leisten, das sei die ureigene Aufgabe der Verwaltung. Doch das Gremium müsse dafür den „politischen Willen“ artikulieren.

Die Bereitschaft, auch die sogenannten freiwilligen Leistungen der Stadt (Bäder, Bibliothek, VHS, Streetworker, Schulsozialarbeit) unter Kostenaspekten auf den Prüfstand zu nehmen, schätzt Klein eher skeptisch ein. Zum einen, weil solche Beschlüsse den „Bürgern weh tun“, zum anderen, weil die vermeintlich noch immer ganz gute Haushaltslage die Bereitschaft, Leistungen zu streichen, nicht gerade fördert.

Gegen mehr Bürgerbeteiligung an sich hat der langjährige Stadtrat nichts einzuwenden, im Gegenteil. Allerdings sei es eine Sache, sich kurzfristig für ein Partikularinteresse einzusetzen, eine andere indes, über diese Einzelfragen hinweg das Wohl der Stadt und ihrer Bürger insgesamt im Auge zu behalten. Dies sei Aufgabe des Gemeinderats, des demokratisch dafür legitimierten Organs. Er wünsche sich durchaus mehr Bürgerengagement, so Klein, zugleich aber auch die Bereitschaft, die „normale Kärrnerarbeit“ in einem gewählten Gremium auf sich zu nehmen.

Im Rückblick auf insgesamt 16 Jahre im Gemeinderat habe er den Eindruck, seit der Wahl im Jahre 2014 seien die Diskussionen entspannter“ und die Zusammenarbeit „angenehmer“ geworden. „Die Verjüngung hat dem Gremium gut getan“, findet Hans-Jörg Klein.

Unterm Strich hält er die Arbeit im Gemeinderat denn auch für eine „sinnvolle Tätigkeit - manchmal befriedigend, manchmal nervend“. Er könne sie nur allen empfehlen, „die bereit sind, Akten zu lesen und die Zukunft ihrer Stadt mitzugestalten“.

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