Schopfheim „Ein Streit um des Kaisers Bart“

Markgräfler Tagblatt

Leitbild: Bürgermeister drängt auf inhaltliche und redaktionelle Korrekturen – mit Erfolg

Von Werner Müller

Auch ein Leitbild ist offenbar nicht die Bibel. Der Text der viel beschworenen Richtschnur für die künftige Stadtpolitik überstand die Debatte im Gemeinderat am Montagabend jedenfalls nicht ungerupft.

Schopfheim . Das begann schon in der Bürgerfragestunde, als Henning Uhlich dem Gremium mit einem Hauch von Süffisanz zum großen Werk gratulierte und anmerkte, dass darin ein paar Kernbegriffe „wild durcheinander purzeln“. Da sei doch sehr die Frage, ob die Bürger das verstehen.

Auch inhaltlich hatte der Agenda-Aktivist einiges zu bemängeln. Wie es denn mit dem Bekenntnis zu „ausreichenden Grün- und Naherholungsflächen“ passe, dass Verwaltung und Gemeinderat den Eisweiher, den Bolzplatz und das Sportgelände im Oberfeld, die grünen Lungen der Stadt, überbauen wolle, fragte er. Und wie es um die postulierte Mitwirkung der Bürger bestellt sei, wenn die Stadt 2000 Unterschriften gegen die Sportplatzbebauung mit einem juristischen Kniff beiseite wische. Zudem erscheine im Leitbild nirgendwo der Begriff „bürgernah“, kritisierte Uhlich.

Der Bürgermeister gab seinem Vorredner recht, was die Hierarchie der Begrifflichkeiten anbetrifft. Zu den von Uhlich genannten Wohnbauflächen gebe es bis jetzt noch überhaupt keine Beschlüsse, betonte Christof Nitz. Das sei die eine Seite. Die andere sei, dass die Stadt auch in Zukunft dringend zusätzlichen Wohnraum schaffen müsse.

Das Stadtoberhaupt selbst äußerte anschließend den Wunsch nach einigen inhaltlichen und redaktionellen Korrekturen. Der Lenkungsausschuss für das Leitbild habe den ursprünglichen Text an vielen Stellen verändert, ohne dass die Verwaltung vor der Debatte im Gemeinderat die Möglichkeit gehabt habe, die eine oder andere Änderungen anzubringen, sagte er.

Das gelte zum Beispiel für den Passus in der Präambel, wonach die Lebensqualität in der Stadt „in verantwortlicher, nachhaltiger und finanziell am Machbaren orientierte Art und Weise“ in den Vordergrund zu stellen sei. Seiner Meinung nach gehöre der Aspekt der Finanzen stärker betont, so Nitz.

Schützenhilfe bekam er dabei von Mark Leimgruber und Heidi Malnati. „Die Finanzen müssen konkreter rein, das darf kein Luftschloss sein“, warnte der CDU-Stadtrat. Heidi Malnati befand ebenfalls, man müsse die Finanzen stärker „herausheben“.

Jürgen Fremd hingegen hielt die vorgeschlagene Formulierung für ausreichend. Eine Vision solle ja „Luft lassen“, so der Grüne-Stadtrat.

Hans-Jörg Klein bezeichnete die Debatte als einen „Streit um Kaisers Bart“. Im Rahmen der Haushaltsberatungen seien ohnehin jedes Jahr alle Maßnahmen zu prüfen. Insofern sehe er das ganz entspannt.

Der Bürgermeister indes schlug vor, die betreffende Passage umzuformulieren in: „Es wird nur das finanziell Machbare verwirklicht“ – und bekam eine Mehrheit dafür.

Ein weiterer Punkt betraf die zweifache Nennung der Agendagruppen allein in der Präambel. Das müsse nicht sein, meinte der Bürgermeister.

Michael Straub und Jürgen Fremd widersprachen. Die Agendagruppen seien schließlich die Urheber des ganzen Leitbild-Prozesses. Ihr Fraktionskollege Ernest Barnet indes meinte auch, zweimalige Nennung müsse nicht sein, einmal sei auch genug.

Während der Bürgermeister diesen Vorschlag „gar nicht so schlecht“ fand, gab Michael Straub nicht klein bei. „Falsch“, sagte er, „ich will, dass die Einwohner sich in Gruppen engagieren“.

Damit stand er aber schließlich ziemlich allein auf weiter Flur: 15 Räte, darunter auch die vier von fünf Grünen, votierten für eine einmalige Nennung der Agendagruppen.

Auch hinter den Satz „Schopfheim ist barrierefrei“ machte der Bürgermeister ein dickes Fragezeichen, verbunden mit der Mahnung, die unabsehbaren Folgen einer so weit gespannten Aussage zu beachten. „Da müssen wir höllisch vorsichtig sein“, so Nitz mit Blick auf „zig öffentliche Gebäude“.

Auf Vorschlag von Hildegard Pfeifer-Zäh einigte sich das Gremium auf die Formulierung, Schopfheim wolle „in möglichst vielen Bereichen barrierefrei sein“.

Ein letzter Kampf um die Sprachregelung entzündete sich am Passus, wonach das Leitbild die Grundlage bilde für die nachhaltige Arbeit an den „jährlich“ festzusetzenden Zielen. Diese zeitliche Festlegung dünkte den Bürgermeister denn doch kurz, weshalb er um Streichung bat.

Jürgen Fremd wiederum verteidigte die Festlegung, schließlich dürfe das Leitbild ja kein „Papiertiger“ sein.

Hildegard Pfeifer-Zäh indes schlug sich auf die Seite des Stadtoberhauptes. Die Ziele des Leitbildes seien doch mittelfristig angelegt, die könne man nicht alljährlich neu formulieren. Das sah auch die Mehrheit am Ratstisch so und radierte „jährlich“ aus.

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