Schopfheim Eine höchst resolute Wirtin und „bierige Samstagsvergnügen“

Markgräfler Tagblatt
Buchautor Frank-Joachim Ebner, Wirt Walter Grether jun. und Michael Fautz lieferten Anekdoten und interessante Fakten zur Geschichte des „Löwen“ in Gündenhausen. Foto: Hans-Jürgen Hege Foto: Markgräfler Tagblatt

„Hotel-Restaurant Löwen“: Nostalgische Reise in die Vergangenheit eines der ältesten Gasthäuser

Der fast 400 Jahre alte Kern des „Hotel-Restaurant Löwen“ in Gündenhausen stand am Freitag im Mittelpunkt einer nostalgischen Reise in die Vergangenheit „eines der ältesten noch existierenden Gasthäuser im ganzen Wiesental und im Markgräflerland“ (Jahrgang 1590, erster bekannter Wirt Reiff, um 1615) und der Familie Grether, die den Betrieb seit der Übernahme durch Anna Grether (1934), der Großmutter des heutigen Betreibers Walter Grether jun. in Schwung hält.

Schopfheim (hjh). Zu dem denkwürdigen Event eingeladen hatten neben der Eigentümerfamilie Walter und Uschi Grether die Initiatoren des Projektes „Historische Gasthäuser in Baden“, darunter der Freizeithistoriker und Autor Frank-Joachim Ebner, der den „Löwen“ durch die Aufnahme in sein jüngstes Buch „26 historische Gasthäuser in Baden“ (gmeiner-Verlag, März 2017 – 14,99 Euro) so etwas wie „geadelt“ hat. Und zwar um – wie der Konstanzer sagte - „die Traditionsgastronomie zu stärken und dem voranschreitenden Gasthaussterben entgegenzuwirken.“

Zur Vorstellung des Buchs bot Ebner eine stattliche Reihe Zeitzeugen auf, die das Kaffee-und-Kuchen-Kränzchen, das die Wirtsfamilie spendierte, nutzten, alte Geschichten um die Wirtschaft und um die damals handelnden Personen auszugraben und sie wiederzugeben.

Fakten dazu lieferte unter anderen Michael Fautz, ein ehemaliger Beamter des Wirtschaftskontrolldienstes, der sich seit vielen Jahren schon für die Historie verschiedener Gasthäuser interessiert. 20 bis 30 Wirte haben in den vielen Jahren den „Löwen“, der von Familie Reiff als „Stroßewirtschaft Gündehuuse“ betrieben wurde, zu dem gemacht, was er heute ist.

Nach der über 140 Jahre bis 1867 dauernden Episode Johannes Stupfer war das Gasthaus in Händen von Friedrich Dattler, ein Müller und späterer Süßbäcker (Café Dattler, Lörrach), dem eine große Anzahl weiterer Wirte (Holzhändler, Barbiere, Wundchirurgen oder Fuhrleute) folgte, ehe Anna Grether das Anwesen 1934 als Brauerei-Gaststätte pachtete und zu einem so einträglichen Betrieb ausbaute, dass ihn die Grethers im Jahr 1958 kaufen konnten.

Elfriede Strauss ist in der Umgebung des „Löwen“ aufgewachsen, die in Elfriedes Jugendzeit von Papierfabriken, Papiermühlen und Laboranten-Häusern geprägt war. Wie es aussah, zeigten Bilder und Zeichnungen, die Ebner herumreichte. Er fand es „toll und faszinierend“, dass das Aussehen des Bereichs rekonstruierbar sei, obwohl viele Häuser in dem ohnehin dünn besiedelten Gebiet gar nicht mehr stehen.

Elfriede Faust erinnerte sich „an die damals ganz einfache Wirtschaft mit einer ganz einfachen Vesperkarte“. Viel Bemerkenswertes scheint es weiter nicht gegeben haben. Die betagte Dame wusste nur noch: „Es gab kaum Verkehr. Alles musste zu Fuß erledigt werden. Jeder von uns hatte nur ein paar Schuhe. Wenn es regnete, war alles nass, die Füße eiskalt.“

Anna Grethers Werk setzten dann Walter Grether sen. und seine Frau Gisela fort. Aus dieser Zeit stammten die Erzählungen der Herren Claus Stockburger sowie Helmut und Günter Imbery. Und natürlich die Geschichten und Sagen, die sich um die gute alte „Grether-Mutti“ Gisela rankten, die einige als „resolut“, andere aber als „liebe Frau“, die Frechheiten mit einem scharfen Blick und mit einer unterstützenden Backpfeife“ bestrafte oder – so Helmut Imbery - auch mal „kostenlos ein Glas Mineralwasser“ ausschenkte, wenn sie zufrieden war.

Bei den Eltern des heutigen Wirts Walter Grether jun. kehrten weitere Zeitzeugen ein, die Frank Joachim Ebner für diesen spannenden Nachmittag gewinnen konnte. Helmut Imbery etwa bekannte, dass ihm die „wunderbare Wirtin“ über schwierige Phasen seines Lebens hinweggeholfen habe. Claus Stockburger fand, er sei wegen der räumlichen Nähe zum „Löwen“ und zum damals benachbarten „Adler“ zum „Wirtschaftskind“ geworden. Schöne Zeiten seien es gewesen, Zeiten, in denen man noch gar nicht wusste, wie man Promille schreibt, „da wurde noch in Prozenten gerechnet.“

Dazu passten die Eskapaden von Hans Viardot. Der Landarzt aus dem Kleinen Wiesental erinnerte sich an seine Sturm- und Drangzeit, in denen er auf dem Motorrad mit seinen Alterskameraden von Tegernau aus „jeden Samstag“ zu sehr gründlichen und sehr „bierigen“ Samstagsvergnügen in die Region über den „Löwen“ und die „Spelunke Adler“ hinaus nach Eichsel, Karsau, Bad Säckingen, Wittlingen, Haltingen ins Lörracher „Hebeleck“ gestartet war, von denen die Gruppe morgens früh ein wenig lädiert zurückkehrte.

Das Projekt ist auch im Internet zu finden unter: www.historische-gasthaeuser.de.

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