Schopfheim „Goldrausch“ in der Kulturfabrik

Jürgen Scharf
Stephanie Seidlitz setzt in ihrer speziellen Fotokunst ganz auf die Wirkung von Gold. Foto: Jürgen Scharf

Ihren Blick auf die Welt zwischen Wandel und Veränderung zeigt Stephanie Seidlitz in der Ausstellung „Golden“ in der Kulturfabrik. Das Blattmetall dominiert diese besondere Fotokunst in Gold.

Es ist eines der berühmtesten Gemälde der Kunstgeschichte: „Der Kuss“ von Gustav Klimt. Das Jugendstilgemälde aus Blattgold und Goldfarbe stellt goldene Gewänder vor einen goldenen Hintergrund. Stephanie Seidlitz zeigt in ihrer großen Einzelausstellung unter dem Titel „Golden“ in der Kulturfabrik ebenfalls Bilder, die mit der Faszination des Goldenen spielen. Und selbst auf den Titel „Der Kuss“ trifft man. Es sind drei Ansichten von Kirchenkuppeln; erst beim zweiten Blick entdeckt man Lippen, die sich zu einem Kuss finden.

Verfremdete Fotografie

Die in Inzlingen aufgewachsene Künstlerin, die in Konstanz Architektur studiert hat und seit einigen Jahren ein Grafikdesignbüro in Lörrach hat, benutzt für ihre sehr speziellen Fotoarbeiten als Bildhintergrund kein Blattgold oder Goldfarbe. Dieser „Goldgrund“ würde zu intensiv leuchten und zu stark reflektieren. Seidlitz bevorzugt einen weniger strahlenden Glanz, indem sie ein Goldimitat einsetzt, nämlich das aus Legierungen bestehende Schlagmetall. Dieses „Trompetengold“ liefert die erwünschte Patina. Als Bildträger für die stark verfremdeten Fotografien, die sie meist selbst mit der Handykamera auf Reisen aufnimmt, dient ihr Holz.

Gold in der Kunst wurde im Mittelalter viel benutzt, fand Verwendung in der religiösen Ikonenmalerei bis hin zum Jugendstil. Dann fiel es in Ungnade, geriet in Vergessenheit – und wird jetzt von Kunstschaffenden wie Seidlitz neu entdeckt und anders angewendet.

Die ganze Malfläche wird mit dem goldenen Bildträger ausgefüllt. Darauf werden nicht wie früher die Farben der Motive von Personen, Stillleben und Landschaften gemalt, vielmehr erfolgt in einem aufwändigen diffizilen Verfahren ein dualer Fototransfer auf das Blattmetall. Je nach Beleuchtungen ergeben sich Schattierungen und ein Spiel mit dem Licht.

Foto: Jürgen Scharf

Sozialkritische Themen

Seit 2005 ist Stephanie Seidlitz in einer „goldenen Phase“, hat sie doch da schon mit monochromem Blattmetall angefangen. Ihre Themen sind zeit- und sozialkritisch. Sie nehmen Bezug auf die gegenwärtige Kriegssituation, auf homosexuelle Lebensweisen, wenden sich gegen Ignoranz, Diskriminierung und Ausgrenzung, gehen auf die heutige Generation ein, wie auch auf die Naturzerstörung. Was die Künstlerin beschäftigt, hält sie in einem fotografischen Tagebuch fest.

In Schopfheim zeigt sie einige Bildreihen wie „Schmelze“, wo sie das Schmelzen der Gletscher vor Augen führt. Man sieht eine vermeintliche Alpenidylle mit Kühen und beeindruckende alpine Landschaften mit Aletsch, Eiger und Jungfraujoch. Offensichtliche Leerstellen symbolisieren die dramatischen Naturveränderungen. Daneben finden sich ein paar Alpengeschichten im Kleinformat, entstanden auf einer Tour mit dem Rennvelo über die Alpen.

Die Serie „Grüße von Gestern“ fokussiert auf weggeworfene Dinge, alte Finken, eine Barbiepuppe. Hier macht sich Seidlitz Gedanken über das Gestern, die Gegenwart und die Zukunft. Einige Einzelbilder fallen direkt ins Auge, etwa die Hommage an Caspar David Friedrich, der Mann über dem Nebelmeer, was zu einem anderen bevorzugten Thema mit Wasser und Meer, Wellen, Gischt, Felsen, Tauchern hinführt – Aufnahmen, die wie gemalt aussehen.

Spiel mit Licht und Gold

Auf einem Bild entdeckt man eine der schlanken stehenden Giacometti-Figuren, nicht nur ihre Lieblingsfigur, sondern auch die von manchen Besuchern, wie man an der Resonanz des Publikums mitbekommt. Kombiniert ist diese ikonische Figur mit einem Selbstbildnis von Seidlitz und ein Lichtspot auf die Skulptur erhöht noch die goldene Wirkung. Überhaupt ist die Beleuchtung in der Kulturfabrik geeignet, die Goldfarbe gut herauszubringen.

Drei der Bilder in dieser Schau mit spezieller Fotokunst sind sehr modern mit KI generiert. Thematisch gehen die Arbeiten meist auf den Wandel und Veränderungen ein. Das sagt schon etwas aus über die Intention der Künstlerin, die selbst erklärt, dass in ihren Arbeiten etwas Vergangenes im Jetzt in Erscheinung tritt.

Stephanie Seidlitz,  Ausstellung „Golden“, bis 21. April, Mi., Sa., So. 14 bis 17 Uhr, Kulturfabrik.

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