Schopfheim Herkules zog die Neugierigen an

Markgräfler Tagblatt
Ein Windrad versorgte vor 100 Jahren Gersbacher mit Strom. Foto: Fotorepro: Rolf Strohm /Fotoarchiv Förderverein Gerisbac Foto: Markgräfler Tagblatt

In Gersbach sorgte bereits nach der Jahrhundertwende ein Windrad für Strom

Schopfheim-Gersbach. Derzeit wird in Gersbach heftig darüber gestritten, ob - und wenn ja, wo wie viele - oder aber besser gar keine Windkraftanlagen auf Gersbacher Gemarkung erstellt werden sollen oder dürfen.

Dabei wird vergessen, dass nach der Jahrhundertwende im Ortsteil Schlechtbach schon einmal ein Windrad in Betrieb war, das fünf Gehöfte mit Strom versorgte, wie einem Zeitungsbericht von Max Keser im Dezember 1981 zu entnehmen ist und worüber auch im ersten Heft der Chronikreihe „Gersbach-Geschichten und Geschichten / Das Dorf zur Jahrhundertwende“ berichtet wurde.

Energieprobleme hat es nämlich auch damals schon gegeben. Längst nicht in allen Orten war eine Stromversorgung vorhanden. Diese fehlte insbesondere überall dort, wo die geographischen Gegebenheiten große oder kleine Wasserkraftwerke nicht zuließen oder die finanziellen Mittel zu deren Bau fehlten.

„So mussten sich die Bewohner weiter mit althergebrachten Mitteln behelfen wie Petroleum, Karbid oder Wachskerzen“, was bei unvorsichtigem Hantieren mit diesen Lichtquellen zuweilen zu verheerenden Bränden führte. Nun wurden aber im Ersten Weltkrieg gerade die genannten Energiequellen für Kriegszwecke gebraucht und waren deshalb nur sehr eingeschränkt verfügbar. Nach dem Motto „Not macht erfinderisch“ kam einer der fünf Schlechtbacher Landwirte auf die Idee, dem Mangel zu begegnen, indem er ein Windrad aufstellte, um - wie in Norddeutschland vielfach schon praktiziert – unter anderem stationär vorhandene Landmaschinen antreiben zu können.

Gesagt, getan: Auf einer Bergnase errichtete der Landwirt einen aus Holzmasten gefertigten 40 Meter hohen Viereckturm, an dessen Spitze sich fortan ein Metallwindrad drehte, an dem 20 Rotorblätter befestigt waren. Mangels Ausstattung mit Kugellagern sei die „Windhurli“ freilich „etwas laut“ gewesen. Das und die Höhe der Anlage habe seinerzeit viele Neugierige angezogen. Auf der Windfahne habe man deutlich das Wort „Herkules“ lesen können, dessen Kräfte über Wellen und Kammräder unter anderem auf Futterschneider und Schrotmühlen übertragen wurden, wird berichtet.

Als dann aber Mitte der 20er Jahre auch Schlechtbach über eine Überlandleitung mit Strom versorgt war, wurde die überflüssig gewordene Kleinkraftanlage vom schwäbischen Lieferanten wieder abgebaut und von ihm zurückgenommen.

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