Schopfheim „Kinder zitterten am ganzen Körper“

Markgräfler Tagblatt

Waldorflehrer Peter Elsen erlebte bei seinem Nepal-Einsatz das schwere Nachbeben in Kathmandu mit

Schopfheim / Kathmandu. Der Schopfheimer Waldorflehrer und Eurythmist Peter Elsen ist am Samstag zu einem notfallpädagogischen Einsatz zugunsten der Erdbebenopfer nach Kathmandu geflogen. Er erlebte auch die schweren Nachbeben mit und schickte folgenden Bericht:

„Beim Einfliegen am Sonntag wunderten wir uns, dass wir weniger Zerstörung sahen als erwartet - das Gleiche beim Durchfahren Kathmandus. Es gibt viele Gebiete, in denen gar nichts zerstört wurde, andere dagegen sind sehr stark betroffen. 26 Prozent der Bevölkerung leben vom Tourismus; wer also niemanden in der Familie betrauern muss und dessen Haus nicht zerstört ist, für den ist nun das größte Problem, dass kein Einkommen mehr entsteht.

Unsere Partnerorganisation Shanti (http://www.shanti-leprahilfe.de/de/verein/) leistet seit 25 Jahren Unglaubliches. Dort arbeiten wir seit Montag mit Kindern und Erwachsenen - oft erreicht man mehr, wenn man die Erwachsenen stabilisiert und diese ihre wiedergewonnene Sicherheit an die Kinder weitergeben.

Dennoch hatten einige im Team den Eindruck, nicht nah genug am wirklichen Leid zu helfen. Das hat sich heute gänzlich geändert: Beim Lunch fing der Boden unter uns an zu vibrieren, und die Erwachsenen fingen an zu schreien und nach draußen zu laufen, die Kinder selbstverständlich auch. Wir sammelten uns auf dem großen, freien Platz gleich gegenüber der Straße, wo auch schon Familien in einfachsten Zelten leben, deren Häuser zerstört sind. Um dorthin zu gelangen, mussten wir zwischen Häusern durch, wovon das eine gar nicht mehr sicher und sehr einsturzgefährdet wirkt und dadurch große Ängste verursacht.

Die Erwachsenen waren fast alle am Telefonieren, um zu sehen, wie es ihren Familien geht. Viele Kinder weinten und zitterten am ganzen Körper. Viele vom Team nahmen sich dieser Kinder, aber auch der Erwachsenen an und nahmen sie in den Arm oder setzten sich mit ihnen auf den Boden, sangen oder summten und hielten sie fest.

Etwa nach einer halben Stunde machten wir einen großen Kreis und unsere gewohnten Stabilisierungsübungen. Leider bebte die Erde dann noch einmal, und nun saß man noch länger Arm in Arm. Salissa brauchte fast eine Stunde, um wieder normal zu atmen und einen ruhigeren Herzschlag zu bekommen. Dann nahm sie das beliebte Steinspiel mit uns langsam wieder auf. Nach einer weiteren Stunde machten wir unseren Abschlusskreis im Innenhof von Shanti, einen Ort der Geborgenheit.

Was ich gehofft hatte, ist eingetreten: Im Ernstfall kann ich mich - und das betraf jeden von uns im Team - auf gewachsene Professionalität verlassen. Das Flattern kam erst beim Denken an die Lieben daheim - dann wurden auch die informiert. Alle anderen sind nun in ein akut betroffenes Gebiet gefahren, um mit aufzuräumen. Wie gut, dass auch dafür die notwendigen Utensilien mitgenommen wurden.“

Wer helfen will, kann spenden an: Freunde der Erziehungskunst Notfallpädagogik / Nepal: IBAN DE06 4306 0967 0800 8007 00; Shanti Leprahilfe: IBAN: DE42 4407 0024 0177 7713 00.

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