Sehr fantasievoll, farbig und feinsinnig registriert lässt Bogon auf der Emporenorgel Choral und Variationen über „Was Gott tut, das ist wohlgetan“ von Guilmant folgen, eingebettet in warmtönigen Klang, einer für diesen Komponisten typischen Atmosphäre. An die Schuke-Orgel im Chorraum zurückkehrt, stellt der Schopfheimer Orgelvirtuose die beiden großen Werke der Orgelsinfoniker Vierne und Widor in den Klangraum Kirche, wobei er auf das imposante Schwellwerk zurückgreifen kann. Dabei war nicht nur der überraschende Wechsel der Klangperspektive auffallend, sondern auch die Klangfarben der beiden so unterschiedlichen Orgeln. Es war ein „seriöses“ Silvesterkonzert mit der von Christoph Bogon gewohnten Souveränität und Stilsicherheit, seiner einfühlsamen Registrierkunst, und - gerade in den orgelsinfonischen Brocken - mit spieltechnischer Übersicht und Kondition. Aber keines, das einmal auf der Orgel neue Töne wagte.
Man muss ja nicht gleich Cameron Carpenter heißen und wie jener junge Shootingstar auf der Orgel „ausflippen“ - aber da Bogon nach eigenen Worten den „Spagat zwischen Klassik und Pop“ in seinen Chören genießt und gute Musik für ihn keine Frage des Stils, sondern der Qualität ist, könnte er vielleicht bei seinem nächsten Silvesterkonzert auch mal unterhaltsame Bearbeitungen nicht ganz so ernster Musik auf die Manuale und Pedale legen.
JÜRGEN SCHARF