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Schopfheim Mit dem Skalpell gezeichnet

Markgräfler Tagblatt
Esther Glück neben ihrer Eiffelturm-Schnittzeichnung im Kunstverein Schopfheim. Foto: Jürgen Scharf Foto: Markgräfler Tagblatt

Filigrane Insektenschnitte: Kunstverein zeigt Papierarbeiten von Esther Glück im städtischen Museum

Von Jürgen Scharf

Schopfheim. So filigran wie ästhetisch ist die sehr spezielle Ausstellung, die der Kunstverein Schopfheim im Museum der Stadt zeigt: Papierarbeiten von Esther Glück.

Die in Berlin lebende Künstlerin arbeitet mit ausgeschnittenen Papieren, wie Henri Matisse, der seine Methode des Farbschnittes „mit der Schere zeichnen“ nannte. Esther Glück zeichnet indes nicht mit der Schere, sondern mit dem Skalpell. Sie selber nennt daher ihre Technik „Schnittzeichnung“.

Das Arbeiten mit einem sehr scharfen Skalpell benötigt sicher eine noch größere Meisterschaft als das Zeichnen oder Bildhauern, dem dieses Verfahren des Papierschnitts ähnelt, denn auch Bildhauer schneiden den Stein weg. Für die Kunstform braucht es eine eminente handwerkliche Perfektion und hohe Kunstfertigkeit.

Im Wesentlichen lassen sich Glücks Arbeiten in zwei Werkreihen unterscheiden: der eine Komplex sind die sogenannten Schwarzschnitte zum Thema Insekten, der andere die Weißschnitte, hinter denen sich Akte verbergen. Die Schnittzeichnungen basieren auf den Papierschnitten und Scherenschnitten, wie man sie im 19. Jahrhundert liebte. Vorgänger sind klassische Profilschnitte oder Silhouetten, wie man sie von Hänsel und Gretel im Wald kennt. Doch erst der berühmte französische Maler Matisse etablierte die Schnitte als ernstzunehmende Kunstgattung.

Bei Esther Glück werden sie mit modernen Mitteln weitergedacht; so erfolgen einige Zwischenschritte am Computer. In ihren Schnittzeichnungen bleibt sie meist gegenständlich, wobei besonders die Linie und der Schnitt wie in der Bildhauerei sehr konsequent umgesetzt werden. Die Linienführung plus die Ebene des Schattens hat künstlerisch gesehen ein großes Potenzial.

Während Matisse Figuren und Blumen als Motive wählte, hat sich Esther Glück auf Insekten konzentriert, deren filigrane Schönheit sie in vergrößerter Form zeigt und ihnen somit eine neue Wertschätzung beimisst.

Diese Papierobjekte sind weit entfernt von toten Insekten und haben in ihrer Transformation etwas Poetisches. Man sieht Schnaken, die mit ihren feinen Beinen, Flügeln und Härchen als hauchzarte Gebilde sehr transparent dargestellt sind.

In der Vergrößerung erkennt man jedes Detail in diesen Insekten-Schnitten, die mit Stecknadeln pur an die Wand gepinnt sind.

Ein früherer Werkkomplex umfasst Insektenschnitte in kleinen Dosen, die je nach Lichteinfall eine Wirkung von überraschender Plastizität haben.

Die Künstlerin hat sich auch einmal an menschliche Porträts gewagt, in denen wiederum die genauen Linien bei Haaren und Falten faszinieren.

In den Weißschnitten kommt ein Spiel mit zwei Ebenen und Schatten hinzu. Hier sieht man Frauenakte versteckt im Wald hinter Bäumen, in fast schon bühnenartigen Inszenierungen, wobei der Wald als Kulisse dient. In ähnlicher Machart sind situative architektonische Treppenbilder, in denen die Künstlerin den Wald durch Treppen ersetzt, aber wiederum kombiniert mit Aktfiguren. Interessant ist, wie Esther Glück mit dieser speziellen Technik, ohne Farbe und nur in Schwarz-Weiß durch zwei Papierebenen Überlagerungen, Durchbrüche und Räumlichkeit schafft.

Etwas aus der Reihe tanzt der Eiffelturm, entstanden nach einer etwas schrägen Kinderzeichnung und daher ganz besonders sympathisch und originell.

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