^ Schopfheim: Mit satirischen Versen die Welt verbessern - Schopfheim - Verlagshaus Jaumann

Schopfheim Mit satirischen Versen die Welt verbessern

Markgräfler Tagblatt
Die „Parole Emil!“ gaben Rezitator Henning Kurz (links mit Gitarre) und Liedermacher Anselm König im Museumskeller aus. Foto: Jürgen Scharf Foto: Markgräfler Tagblatt

Literarischer Abend der VHS über eher unbekannte Seiten von Erich Kästner  

Von Jürgen Scharf

Schopfheim. „Erich Kästner – ein verkannter Autor“: So war der Kleinkunstabend mit dem Grenzach-Wyhlener VHS-Leiter Henning Kurz und dem Liedermacher Anselm König überschrieben.

Diese musikalisch-literarische Soiree erinnerte an den „Vater“ von „Emil und die Detektive“ und „Das doppelte Lottchen“, der mit seinen Jugendbüchern starke Wirkungen erzielte.

Doch Kästner war vor allem ein rationaler Humorist von geradezu Voltairescher Größe, der in seinen Gedichten mit Satire die Welt verbessern wollte. Tucholsky („Was darf Satire? Alles!“) lobte die meisterhaften Verse seines Humor-Kollegen Erich Kästner. Die Nazis fanden Kästner nicht ganz so toll, verbrannten seine Bücher.

Sicher war der geistvolle Ironiker Kästner kein politischer Schriftsteller, aber ein scharfzüngiger Dichter, der in seinem Berliner literarischen Café auch politisch-satirische Verse im Geiste Heinrich Heines verfasste. Das bekannteste war im Museumskeller zu hören: „Kennst du das Land, wo die Kanonen blühn?“

Es gab einige der besten Kästner-Verse zu hören, mit guten Werkanalysen vorgestellt von Henning Kurz und eigenen Vertonungen, vorgetragen von Anselm König: manch Heilenswertes, was gut gegen Herzensrohheit hilft, aus Kästners „Lyrischer Hausapotheke“.

Henning Kurz hatte den Abend in vier Kapitel gegliedert: Liebe, Biografie, Politisches und Philosophisches, was dem Programm eine klare Struktur gab. Das Thema Liebe war ein schwieriges Kapitel bei Kästner, der eine enge, geradezu neurotische Beziehung zu seiner Mutter hatte. Der Rezitator ging auf Kästners komplizierte Liebesbeziehungen ein und stellte von dem Spezialisten für Beziehungskisten einige der bekanntesten Liebesgedichte wie die „Sachliche Romanze“ vor.

Für die biografischen Anmerkungen war man dankbar, denn Kästners Lebenslauf ist heute nicht mehr so bekannt. Selbst Anselm König musste eingestehen, dass er zwar viel Hesse, Rilke und Lasker-Schüler singt, aber schon lange nicht mehr Kästner gesungen hat, wozu er von seinem Bühnenpartner wieder animiert wurde. Umso erfreulicher war es, Königs gut gemachte Kästner-Songs zu hören.

Und so kamen die Besucher dem unverbesserlichen Moralisten Erich Kästner („Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“), ebenso auf die Spur wie dem skeptischen Melancholiker in seinem bekanntesten Gedicht überhaupt („Entwicklung der Menschheit“) mit der berühmten Pointe, dass die Menschen trotz allen Fortschritts „immer noch die alten Affen“ seien.

Wo bleibt das Positive, Herr Kästner? hat man ihn daher immer wieder gefragt. Aber Kästner wollte nicht amüsieren, sondern durch Ironie, Kritik und Gelächter entlarven. Wie Bert Brecht gehörte er zur jungen, nüchternen Generation in den tumultuösen 20er Jahren der Vorkriegszeit und wollte in satirischen Versen seiner Epoche den Zerrspiegel vorhalten.

Daran sollte man immer wieder erinnern, wie das Henning Kurz und Anselm König in der Kleinkunstreihe der Kulturkooperation getan haben. Denn Kästner hat sich doch mehr mit seinen Kinderbüchern in das jugendliche Herz eingeschrieben als mit seinen anderen literarischen Arbeiten.

So war es gut, diese Gedankenträgheit zu durchbrechen und den anderen Kästner vorzustellen, nebenbei seinen Großstadtroman „Fabian“ als das Beste zu rühmen, was er überhaupt geschrieben habe, und im Schluss-Quiz ein Exemplar dieses Buchs ans Publikum zu verschenken.

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