Schopfheim Spannende Lokalgeschichte

Markgräfler Tagblatt
Haben geforscht und die Geschichte(n) Gersbachs in der Chronikreihe aufgearbeitet: Rolf Strohm (links) und Professor Klaus Schubring. Foto: zVg Foto: Markgräfler Tagblatt

Gersbach: Förderverein gibt drittes Heft zur Chronikreihe heraus

Der Förderverein Gerisbac hat ein drittes Heft der Chronikreihe „Gersbach – Geschichte und Geschichten“ herausgegeben. Der Heimatgeschichtler Klaus Schubring aus Hausen steuerte in zwei Beiträgen grundlegende Erkenntnisse zu den ersten Jahrhunderten der Dorfgeschichte als auch zum Neubau der Gersbacher Kirche vor 250 Jahren bei.

Schopfheim-Gersbach.Dieses habe über Gersbach hinaus Beachtung gefunden und stoße auf große Resonanz, freut sich Rolf Strohm, der dieses Heft in enger Zusammenarbeit mit Annekatrin Bartels gestaltete und als Schriftleiter begleitete.

Es sei erfreulich, dass sich auch in dieser schnelllebigen Zeit viele Menschen offensichtlich noch immer von der Geschichte „ihres“ Ortes angesprochen fühlen. Wie schon bei den Vorgängerheften werde das Heft vielfach als Geschenk für Bekannte und Verwandte gekauft, die sich dem Bergdorf auch „in der Fremde“ heimatlich verbunden fühlen.

Selbst für die ersten beiden Hefte bestehe weiter Nachfrage – für das 1994 von der Grund- und Hauptschule herausgegebene erste Heft, das an das Friedens- und Freudenfest vor damals 100 Jahren erinnert, sowie das 1987 anlässlich des Kindergartenjubiläums von der Kirchengemeinde herausgegebene Heft über die Entwicklung der einst so genannten „Kinderbewahranstalt“ zur Kinderschule und zum Kindergarten. Nach Aussage von Rolf Strohm hat sich der Heimat- und Geschichtsverein schon seit Jahren mit Fragen zur ersten Besiedelung des Bergdorfs beschäftigt und das recherchierte Material im Archiv des Fördervereins gesichert.

Die Feiern zum 850-jährigen Bestehen Gersbachs seien nun ein sinnvoller Anlass für die Herausgabe eines Heftes über die Gründung einer Siedlung auf den Höhen oberhalb der Täler von Wehra und Wiese und über die weitere geschichtliche Entwicklung gewesen. Dass man hierzu mit Klaus Schubring einen versierten Kenner der Früh- und Kirchengeschichte gewinnen konnte, sei für den Förderverein ein Glücksfall gewesen.

So habe er bereits auf zahlreiche eigene Unterlagen zurückgreifen können und kannte sich als Historiker im Übrigen bei der Suche nach Dokumenten bestens in den einschlägigen Archiven aus.

Das 850-jährige Bestehen konnte das Bergdorf feiern, weil in einer Urkunde vom 11. November 1166 vermerkt ist, dass der Edelmann Konrad von Hoßkirch die Kirche „Gerisbac“ erbte und dem Kloster St. Blasien übertrug.

Mit dieser erstmaligen urkundlichen Erwähnung ist die Existenz einer Siedlung in Gersbach bestätigt, vermerkt Schubring. Doch könnten die Anfänge der Siedlung Gersbach auch noch weiter bis ins 11. Jahrhundert zurückreichen. Schubring entdeckte sogar spannende Belege für eine alte, bisher unbekannte Siedlung, „Büttiken“ auf Gemarkung Gersbach, von der nur noch das „Büttigmättle“ zeugt. „Büttiken“ dürfte schon vor dem Jahr 1000 bestanden haben - und jetzt zu weiteren intensiven Nachforschungen Appetit machen.

Die 1166 genannten Rechtsverhältnissen zeigen laut Schubring, dass sich Gersbach schon um 1130 zu einer vergleichsweise größeren Siedlung mit „einer hinreichenden Anzahl von Gläubigen“ entwickelt hatte, was aus der Erhebung zur Pfarrkirche eines Adligen vor 1130/1135 abgeleitet werden kann. Zur Erhellung der Frühgeschichte betrachtet der Historiker im Übrigen auch die Herkunft des Namens Gersbach. Darüber hinaus listet Schubring die ersten Ortsherren auf, beleuchtet die soziale Lage sowie die sich ändernden Besitzverhältnisse bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts.

Sowohl im ersten Teil des 40 Seiten starken Heftes wie auch im zweiten werden dem Leser die einst starken Verflechtungen von Kirche und Staat bewusst. Hier erfreuen den Leser aufschlussreiche, von Klaus Schubring aufgestöberte farbige Grundrisse der vor 250 Jahre neu erbauten Gersbacher Kirche.

Einige Nachrichten beleuchten den bedenklichen Zustand der vorangehenden alten Kirche im 18. Jahrhundert. 1764 beklagten die Gersbacher „Hohn und Spott“ vorbeiziehender katholischer Wallfahrer. In demselben Jahr kam endlich der Entschluss zum Neubau und die genaue Planung zustande. Schon im nächsten Jahr erhielt das Höhendorf einen Kirchenneubau, der „mit seiner Größe und seinen Besonderheiten von Anfang an weit über jeden Spott erhaben war“.

Die äußere und die innere architektonische Entwicklung wird im Heft detailliert wiedergegeben. Dazu tragen auch zahlreiche Fotos aus dem Archiv des Fördervereins Gerisbac bei, außerdem einstige Begebenheiten wie der Fund eines Grabes in der Kirche oder Geschichten vom Treten des Blasebalgs und vom Ziehen der Glockenseile, an die sich ältere Gersbacher noch gut erinnern.

Trotz aller Nachforschungen sind Fragen zur Frühgeschichte offen geblieben. Es lohne sich, sagt Schubring, bezüglich des Weilers Büttiken und ausgehend von den Berichten über einen burgähnlichen Bau am Wehratalrand weiter zu forschen.

Auch für Rolf Strohm ist klar, dass noch viel Arbeit anstehe bei der Aufarbeitung der überaus reichen Geschichte des Bergdorfs. Material für weitere Themenhefte liegt schon vor. Vorarbeiten zu Heft vier sind bereits geleistet.

Das Heft drei ist zum Preis von fünf Euro zu den Öffnungszeiten des Gersbacher Dorfladens und der Ortsverwaltung sowie bei Rolf Strohm erhältlich (Tel. 07620 / 292).

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