Schopfheim „Trauer passt in keine Schablone“

Markgräfler Tagblatt

Zeit haben und zuhören: Die ambulante Hospizgruppe bietet die Teilnahme an einer begleiteten Trauergruppe an

Die begleitete Trauergruppe geht ein Stück des Weges mit denen, die einen Menschen verloren haben und um ihn trauern. Es wird Raum geboten, in dem die Teilnehmer so sein dürfen, wie sie sich gerade fühlen, in dem Menschen in ähnlichen Situationen kennengelernt werden, in dem mit Menschen gesprochen und geschwiegen werden kann und in dem vielleicht erfahren werden kann, dass sich Lasten gemeinsam leichter tragen lassen.

Das Angebot der begleiteten Trauergruppe der ambulanten Hospizgruppe Schopfheim - Träger ist das Diakonische Werk - beginnt mit dem Kennernlern-Treffen am Donnerstag, 21. November, von 18 bis 20 Uhr.

Die weiteren (verbindlichen) Treffen sind jeweils donnerstags am 12. Dezember sowie am 9. und 30. Januar, 20. Februar, 13. März, 14. April und 8. Mai, ebenfalls jeweils von 18 bis 20 Uhr. Alle Treffen, einschließlich des ersten Kennenlernens, finden im Diakonischen Werk, Hauptstraße 94, statt.

Wer nicht zum ersten Treffen kommen kann, aber trotzdem interessiert ist, kann sich beim Hospiztelefon melden, Tel. 07622 / 6975 96-50 (Anrufbeantworter), bei Angelika Baumeister, Tel. 07622 / 8522, oder bei Lore Barnet, Tel. 07622 / 6843 295.

Von Petra Martin

Schopfheim. Wer um einen verstorbenen Angehörigen trauert, um seinen Ehepartner, seine Geschwister oder Eltern, macht eine schwierige Zeit durch - vielleicht die schlimmste im Leben. Aber die Trauer muss nicht immer zwingend hinter verschlossenen Türen stattfinden. „Man darf traurig sein und das auch zeigen“, sagen die Frauen der ambulanten Hospizgruppe Schopfheim, die von November an wieder eine begleitete Trauergruppe anbieten.

Tod und Trauer gehören zum Leben - die Akzeptanz der Gesellschaft könnte nach den Erfahrungen der Trauerbegleiterinnen und derjenigen, die einen Menschen verloren haben, größer sein. „Es geht darum, das Thema Sterben und Trauer zu enttabuisieren“, macht Lore Barnet, Koordinatorin und Einsatzleiterin der ambulanten Hospizgruppe Schopfheim, deutlich.

Wer eine Stütze in der Zeit der Trauer braucht, ist in der - überkonfessionellen - begleiteten Trauergruppe willkommen, die stets mit einem kleinen Ritual beginnt; ein Gedicht oder ein passender Text leiten über zu dem, was Thema sein könnte: Die - flexiblen - Gesprächsangebote beinhalten den Trauerprozess mit Schock und Leugnen, Wut und Aggressionen, Schuldgefühlen, Traurigkeit und depressiven Phasen, Ohnmachtsgefühlen und Erschöpfung sowie religiöse und philosophische Fragen und schließlich die innere Annahme des Verlustes.

Dabei ist dies nur ein „Gerüst“, denn der Ablauf der Treffen richtet sich nach dem individuellen Befinden und den Bedürfnissen der Teilnehmer. „Es geht nicht starr nach Schema“, sagen die Trauerbegleiterinnen. Die Begleitung ist ein schützender Rahmen, in dem alles Platz hat: alle Gefühle, die in der Trauer aufkommen, auch befreiender Humor. „Es war meine beste Entscheidung mitzumachen“, sagt Ingrid Glombitza, die nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes Mut bewies und sich einer Trauergruppe anschloss.

Vor fünf oder sechs Jahren führte die Schopfheimer Hospizgruppe erstmals eine begleitete Trauergruppe, die stets in der dunklen Jahreszeit beginnt und in der hellen - im Mai - endet. Der Bedarf war da, denn seit dieser Zeit finden solche Treffen jährlich statt. Wer nach dem Kennenlerntreffen teilnehmen will, muss sich verbindlich für die weiteren sieben Treffen - einmal monatlich - anmelden - das einzige „Muss“, das es bei der begleiteten Trauergruppe gibt.

Bei den Kennenlern-Treffen erscheinen etwa zwölf bis 15 Menschen, ungefähr acht davon kommen dann in die begleitete Trauergruppe, zwei Drittel sind Frauen, ein Drittel Männer, die meisten haben ihre Ehepartner verloren, andere Geschwister oder einen Elternteil.

Die Trauerbegleiterinnen sind allesamt ausgebildet, lernten bei den renommierten Trauerbegleiterinnen Lis Bickel (Stuttgart) und Hanne Oesterle (Freiburg). Die Ausbildung wird durch Spenden finanziert, die Teilnahme an den Trauergruppen ist kostenlos.

Neu dabei ist Johanna Kiesow, die, aus der Hospizarbeit kommend, bei der profilierten Forscherin Ruthmarijke Smeding („Trauer erschließen - die Gezeiten der Trauer“) lernte. „Sterbe- und Trauerbegleitung muss man gesondert betrachten“, erläutert Johanna Kiesow. Auch wenn die Übergänge fließend sind, so sind eigene Aspekte wichtig. „Trauer ist eine wichtige Lebensangelegenheit“, so Johanna Kiesow, „mit der gut umgegangen werden kann“. Sich im Trauerfall ausgesondert zu fühlen, schmerzt und vermehrt das Leid. Das Gefühl kann sich durch einen anderen Umgang aber auch abschwächen.

Die Trauerbegleiterinnen machen deutlich, dass nicht das Sterben allein, sondern auch die Trauer zum Leben dazu gehört. Sie weisen indes darauf hin, dass der Trauernde seinen Weg weiß; die Begleiterinnen stehen mit erschließenden Fragen zur Seite, die dem Trauernden helfen, sich auf seinen eigenen Weg zu besinnen.

Trauer passt in keine Schablone, ihre Verarbeitung verläuft bei jedem unterschiedlich ab. Manche finden nicht aus dem Schmerz, wollen es auch gar nicht. Die einen bemerken, dass sich die Wunde zur Narbe verschließt, bei den anderen kommt die Trauer in Wellen immer wieder; so beschreibt Ingrid Glombitza, sie achte darauf, an Geburtstagen und am Hochzeitstag nicht allein zu sein.

Wie individuell die Trauerphasen auch immer verlaufen, lernen können Trauernde einen besseren Umgang damit, betonen die Trauerbegleiterinnen. Die Hospizgruppe hat auf die unterschiedlichen Bedürfnissen von Trauernden mit einem breiten Hilfsangebot reagiert.

Neben der begleiteten Trauergruppe gibt es offene Treffs, die von diesen Teilnehmern im Anschluss besucht werden. Monika Stöcklin, die selbst eine Angehörige verlor, besuchte zunächst die Trauergruppe und leitet nun den offenen Treff. „Die Trauer hat viele Facetten“, sagt sie, „das Wichtigste ist, da zu sein, Zeit zu haben, zuzuhören.“ Das kann Ingrid Glombitza, können andere Trauernde nur unterstreichen. Viele Menschen, Freunde sogar, haben ein paar Wochen nach der Beerdigung kein Ohr mehr dafür, worüber Trauernde sprechen wollen.

Wer in eine Trauergruppe kommt, kann sein Leid mit anderen teilen; manchen Teilnehmern kann es aber dadurch erstmal schlechter als vorher gehen, worauf die Trauerbegleiterinnen stets hinweisen. Dies ist etwa vergleichbar mit einer Erstverschlimmerung, wie sie in der Homöopathie vorkommt. Jede Begleitung indes ist einmalig. Innerhalb jeder Trauergruppe aber entstehen auch private Kontakte untereinander, wie Trauerbegleiterin Angelika Baumeister weiß.

Neben der begleiteten Trauergruppe und den sich daran anschließenden, offenen Treffen wird auch eine Trauerbegleitung für Kinder und Jugendliche angeboten, auf die sich Nina Thömmes mit ihrem Sozialhund Pekko spezialisiert hat. Auch Einzelbegleitungen Erwachsener sind Teil des Angebots der Hospizgruppe.

Wichtig ist den Trauerbegleiterinnen die ressourcenorientierte Arbeit: zu überlegen, was den Trauernden früher geholfen hat, zum Beispiel bei anderen Verlusten, etwa dem des Arbeitsplatzes, dem Verlust eines Tieres.

„Der Tod eines Angehörigen ist oft nicht der erste Schmerz im Leben eines Menschen“, so Lore Barnet. Es mag der bislang schlimmste sein, aber es gilt zu überlegen: „Was brauche ich, wenn es mir schlecht geht, was bin ich für ein Typ, welche Bedürfnisse habe ich, was habe ich früher gemacht, wenn es mir sehr schlecht ging?“Dies herauszufinden, ist Sache jedes Einzelnen - die Trauerbegleiterinnen sind Beistand und Halt.

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