Schopfheim Wieder neuen Mut gefasst

Markgräfler Tagblatt

Pfarrer Martin Schmitthenner aus Schopfheim war mit seiner Familie auf dem Kirchentag in Stuttgart

Schopfheim (ma). Ein Riesenerlebnis war der Kirchentag in Stuttgart für Pfarrer Martin Schmitthenner und seine Familie. „Die vielen bunten Veranstaltungen haben Kirche in vielfältigster Weise gezeigt, Kirche, die sich einmischt, in viele Bereiche, auch in die Politik“, berichtete Schmitthenner gestern auf Anfrage unserer Zeitung.

Schmitthenner war schon zehn- bis zwölfmal auf Kirchentagen und schätzt das Gemeinschaftserlebnis sehr. Auch diesmal hat sich für ihn der Besuch trotz aller Anstrengungen gelohnt. Es fasziniere ihn, Kirche in unterschiedlichen Variationen zu erfahren, sagt er. Vor allem sei es ein „Mut mach“-Erlebnis; und so kann sich Schmitthenner in dieser Woche wieder in seine Alltagsarbeit stürzen: trotz angeschlagener Stimme innerlich gestärkt und frischen Mutes.

Auf dem Kirchentag habe es für die annähernd 100  000 Dauerteilnehmer ein riesiges Angebot gegeben, sagt Pfarrer Schmitthenner mit Blick auf das mehrere hundert Seiten umfassende Programm. Die Veranstaltungen hätten nicht alle zentral in Stuttgart stattgefunden, sondern über die Stadt verteilt in verschiedenen Zentren.

„Es herrschte das typische Kirchentagsfeeling“, lacht Schmitthenner. Die S- und U-Bahnen seien alle überfüllt gewesen („Die Leute waren reingepresst wie in Dosen“), aber das gehöre einfach dazu - genauso wie der Anblick der roten Kirchentagsschals, die die Teilnehmer trugen.

Beeindruckend sei auch gewesen, dass nicht allein Theologen das Programm bestritten, sondern auch Menschen aus anderen Berufen, unbekannte Programmteilnehmer, aber auch viele Prominente, Popstars und Politiker sowie Journalisten.

Jeder Tag sei unter einem anderen Bibeltext gestanden. Bei Auftritten prominenter Vertreter des Staates oder Politiker wie Bundespräsident Gauck oder Bundeskanzlerin Merkel sei der Ansturm so groß gewesen, dass der Einlass

Politische Themen wurden nicht ausgespart

vielen Kirchentagsteilnehmern verwehrt war. Durch die Übertragung auf Leinwände sei aber trotzdem ein Miterleben möglich gewesen.

Als besonders stimmungsvoll empfand Martin Schmitthenner den „Abend der Begegnung“ mit dem Kerzenmeer nach dem Eröffnungsgottesdienst auf dem Stuttgarter Schlossplatz.

Ein Programmhöhepunkt war für Schmitthenner die Bibelarbeit zum Umgang mit Geld mit Margot Käßmann („Die Logik des Mammons, des Marktes durchbrechen“). „Das war ausgezeichnet.“ Dass aktuelle Probleme und Krisen nicht ausgespart wurden, dass eben auch der G7-Gipfel, die Griechenlandkrise, das Freihandelsabkommen mit den USA und die Flüchtlingsproblematik Themen waren, hat Pfarrer Schmitthenner als sehr positiv wahrgenommen. „Man hat gespürt, dass auch der Einzelne Macht hat.“

Auch Veranstaltungen zur Ökumene seien angeboten worden, ganz toll war für Martin Schmitthenner auch die Teilnahme an der Veranstaltung „Lachen im Namen der Religionen“: „Hier wurde gezeigt, wie man Fundamentalismus durch Humor außer Kraft setzt.“

Viele Kabaretts, Musikdarbietungen von bekannten und unbekannten Gruppen, hätten ebenfalls zum Gelingen des Kirchentags beigetragen. Auch bei Pfarrer Schmitthenner stellte sich Konzertlaune ein: Er besuchte das umjubelte Konzert der „Wise Guys“ auf dem Cannstatter Wasen, wo auch der Schlussgottesdienst stattfand. „Das Dreistunden-Konzert war genial.“ Auch eine Abendmahlfeier mit vielen modernen Liedern, bei der unterschiedliche Formen dieser Feier gezeigt wurden, gefiel Schmitthenner.

Beeindruckend sei auch der „Markt der Möglichkeiten“ gewesen, auf dem sich in neun Zelthallen Gruppierungen vorgestellt hätten und bei der die Kirche („von ganz links bis ganz rechts“) vertreten gewesen sei. „Da brauchte man einen Tag zum Durchschlendern.“

Für Kinder und Jugendliche habe es ebenso Zentren und Partys gegeben wie es für ältere Menschen Zentren gab, die Schmitthenner aufsuchte.

Das internationale Flair - die Besucher kommen aus der ganzen Welt - schätzte Schmitthenner ebenso wie die Begegnungsmöglichkeiten. „Man trifft viele unbekannte Leute und viele, die man kennt, man redet miteinander, tauscht Erfahrungen aus,

Ein Fest der Möglichkeiten und Begegnungen

holt sich Anregungen aus anderen Kirchengemeinden, das ist toll“, sagt Schmitthenner, der mit seiner Familie privat bei Freunden untergebracht war. „Man trifft Leute, die man sonst nie alle auf einem Platz zusammen hat.“

Abends habe man sich in den „Gute Nacht-Cafés“ austauschen können, und er habe auch seinen Studienkollegen, Heinrich Bedford-Strohm, EKD-Ratsvorsitzender und Landesbischof in Bayern, wieder getroffen, berichtete Schmitthenner, der schließlich noch an einer Konzertlesung mit dem Geigenbauer und Autor Martin Schleske teilnahm teilnahm („Der Klang. Vom unerhörten Sinn des Lebens“).

Auch Kirchenmusikdirektor (KDM) Christoph Bogon sei auf dem Kirchentag gewesen: Er habe als Vorsitzender des Verbands evangelischer Kir-

KDM Christoph Bogon: Neue Wege in der Kirchenmusik

chenmusikerinnen und Kirchenmusiker in Deutschland an einer Podiumsdiskussion zur Vielfalt der Kirchenmusik teilgenommen. Pfarrer Kai Tilgner, Diakonin Lena Zachäus und Gemeindeglieder seien ebenfalls in Stuttgart dabei gewesen, die Bezirksjugend habe eine Fahrt angeboten.

Auf dem Kirchentag hat sich Pfarrer Schmitthenner inspiriert gefühlt; mit Humor und Gelassenheit kann es im Alltag weitergehen, kann weitergekämpft werden - auch deshalb habe der Kirchentag getreu seiner Losung wirklich klug gemacht, bilanziert Schmitthenner.

Der deutsche evangelische Kirchentag fand vom 3. bis 7. Juni in Stuttgart statt. Das Leitwort lautete: „Damit wir klug werden.“ Die badische Landeskirche hat sich um die Ausrichtung des Kirchentags im Jahr 2025 beworben. Vielleicht bräuchten dann die Menschen aus Baden einmal nicht mehr so weit zu den Veranstaltungen anreisen, hofft Pfarrer Schmitthenner.

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