Schule G 9: Gymnasien müssen sich erneuern

Bernhard Konrad
Das Hans-Thoma-Gymnasium ist eines der größten Gymnasien Südbadens. Foto: Kristoff Meller

Baden-Württemberg will zurück zum neunjährigen Gymnasium. Das hat massive Folgen: für die Gymnasien selbst, aber auch für andere weiterführende Schulen und Grundschulen.

G 8? G 9? Was ist besser, zeitgemäßer? Eine pauschale Antwort gibt es nicht, sagen Frank Braun und Matthias Müller unisono. Sicher ist, so betonen der Direktor des Hans-Thoma-Gymnasiums und sein Stellvertreter: „Wir wollen keine Schüler von anderen Schulen abwerben.“

Die Übergangsquote

Schon heute betrage die Übergangsquote auf Gymnasien in Lörrach knapp 50 Prozent – trotz G 8. In den 90er Jahren waren es beim neunjährigen Weg zum Abitur noch 35 Prozent – allerdings mit verbindlicher Grundschulempfehlung. Eine vergleichbare Form der Steuerung wäre bei einer Rückkehr zu G9 sinnvoll, sagt Müller. Ansonsten ist wahrscheinlich mit einem weiteren Anstieg der Übergangsquote zu rechnen.

Indes würde als Folge einer neuen Variante der verbindlichen Grundschulempfehlung der Notendruck auf die Grundschüler wieder steigen.

Die Kapazitäten

„Wir können nicht noch mehr Schüler aufnehmen“, sagt Braun. Zum einen, weil das Gymnasium mit mehr als 1150 Schülern und rund 100 Lehrern schon jetzt aus allen Nähten platzt. Zum anderen, weil es wichtig sei, das gymnasiale Anspruchsniveau zu halten. Derzeit deutet sich für das HTG im kommenden Schuljahr die Sechszügigkeit in der fünften Klasse an – Raumnot als Alltag.

Die Herausforderung

Die räumliche Ausstattung und das pädagogische Konzept sind zwei zentrale Fragestellungen, die im Zusammenhang mit einer gelingenden Rolle rückwärts des Landes zu G 9 beantwortet werden müssen. Noch ist das nicht geschehen. Einfach zurück zum früheren neunjährigen Gymnasium sei ebenso wenig eine Option wie die Etablierung eines Parallelsystems von G 8 und G 9, sagen beide. „Wenn schon G9, dann muss das konzeptionell neu aufgegleist werden. Sowohl pädagogisch als auch mit Blick auf das Lehrerpersonal und die zur Verfügung stehenden Räume“, so der Schulleiter.

Der Schulalltag

Im übrigen, so Braun, führe G 9 zu weniger Nachmittagsunterricht – was zwar neue Möglichkeiten für Ags biete und für Entzerrung im Schulalltag sorge. Gleichzeitig halte er es für wahrscheinlich, dass etlichen arbeitenden Eltern noch nicht bewusst ist, dass die Kinder künftig womöglich viel häufiger allein zuhause sein werden. Denn, so Braun: „G9 wird ohne Ganztagsschul-Angebot kommen“.

Die Schullandschaft

Hellbergschule, Realschule, Gemeinschaftsschule, berufliche Gymnasien: Sie alle hätten in der Schullandschaft „mehr als eine Berechtigung“, sagt Müller. Gerade Letztere böten jetzt schon eine etablierte Alternative zu G 8 – unklar sei dagegen, wie sich G9 als neues Standardangebot gymnasialer Bildung auf diese Schulen auswirken wird.

Frank Braun und Matthias Müller (r.) Foto: Bernhard Konrad

Längst führen mehrere Wege über die Zeitspanne von neun Jahren zum Abitur. Wenn die Politik der Auffassung sei, dass dieser Weg auch von den Gymnasien wieder beschritten werden soll, dann werde dies nur gelingen, wenn sämtliche Facetten des Bildungsplans sorgfältig reflektiert, abgewogen und pädagogisch aufbereitet werden, betonen Braun und Müller. Klar sei: Einen „Schnellschuss“ dürfe es nicht geben. Braun: „Das wird den Schulen nicht gerecht – und schon gar nicht den Schülern.“

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