Sportmix Entweder ganz oder gar nicht

Die Oberbadische

Deutsche Nachwuchshoffnung Tabea Tabel sahnt bei Junioren-EM ab

Edelmetall-Träume: „Einen Tick habe ich. Ich lege die Medaillen in der Nacht nach dem Wettkampf immer unter mein Kopfkissen“, grinst Tabea Tabel spitzbübisch. Gerade erst in Israel wieder. Da hatte das Gewichtheber-Talent aus Lörrach den bislang größten Erfolg ihrer Karriere gefeiert und eine Silber- sowie zwei Bronzemedaillen bei der Junioren-EM abgestaubt.

Lörrach. Achtmal in der Woche, meist zweimal täglich, steht die Sportsoldatin am Olympiastützpunkt in Leimen in der Halle und trainiert. „Wenn ich etwas mache, dann zu 100 Prozent“, lässt sie wissen. Im Fokus der 20-Jährigen, die in Leimen eine kleine Wohnung hat, steht der Sport. Nur der Sport. Der Führerschein kann warten, genauso wie die weitere berufliche Zukunft. Papa Michael würde das lieber anders sehen. Aber er weiß auch, seine Tochter hat ihren eigenen Kopf. „Und irgendwann macht es schon noch klick“, hofft er.

Tabea Tabel ist die Nachwuchshoffnung in Deutschland. Gewichtheben, das ist viel mehr ist als nur eine Sportart für Kraftprotze. Da geht es nicht nur um Muckis, sondern um die richtige Technik. „70 Prozent ist Technik und 30 Prozent Kraft“, erklärt Tabel. „Bullen haben keine Chance.“

Körperbeherrschung ist also gefordert, wenn man die schwere Hantel aus der Hocke mit einem Ruck nach oben schnellen lässt. Meist entscheiden Zentimeter über Wohl oder Wehe. Sehr diffizil und nur mit einer Menge Trainingsarbeit und noch mehr Disziplin zu packen.

„Gewichtheben ist auch Kopfsache, man muss sich trauen. Und ohne Willenskraft geht es nicht. Das sieht man einem Heber an. Ein Kämpfer geht hinterher und haut die Hantel hoch, auch wenn die Ausführung nicht optimal war.“

In Eilat, in der Stadt an der Südspitze Israels, trumpfte die Athletin des KSV 02 Lörrach jüngst mächtig auf. In der Klasse bis 75 Kilogramm heimste sie drei Medaillen, drei neue Bestleistungen und zwei Deutsche Rekorde ein. Dabei hatte sie noch den allerersten Versuch im Reißen in den Sand gesetzt. „Ich habe es gleich noch mal versucht und locker geschafft“, erinnert sich Tabel. Nun war die Handbremse gelöst.

Beim Lehrgang im Sportpark Rabenberg im Erzgebirge und bei den Trainingseinheiten in Israel lief es im Vorfeld schon rund. Tabea Tabel ging mit einem guten Gefühl in den Wettkampf. Und der Eindruck täuschte nicht. Die 97 Kilogramm im dritten Versuch waren das erste Ausrufezeichen. „In der Hocke habe ich gewusst: Das schaffst du. Mein Trainer Michael Vater, eigentlich ein ruhiger Zeitgenosse, war aus dem Häuschen, und das Publikum hat richtig mitgefiebert.“ Persönliche Bestleistung. Weil die armenische Konkurrentin ihren Versuch – ein Kilo mehr war aufgelegt – nicht ins Ziel brachte, schlug Rang zwei für die Hobby-Schlagzeugerin zu Buche.

Den richtigen Takt gab Tabel im Stoßen vor. „Die 114 Kilo im ersten Versuch waren locker, die 118 Kilo dann schon Bestleistung“, so Tabel. Dann die 121 Kilos: „Alle haben mich angefeuert. Ich habe umgesetzt, gestoßen und gleich gewusst, dass ich es packe. Hinter der Bühne hat mir mein Coach danach erzählt, dass das deutscher Rekord war. Ich konnte es nicht glauben.“ Der Lohn dafür: Rang drei im Stoßen und in der Zweikampfwertung.

Endlich hatte Tabel also die 120 Kilo-Marke geknackt. Drei Jahre hatte es gedauert. Und damit war auch das Trauma Almaty endlich besiegt. Dort in Kasachstan fand nämlich 2014 die WM der Aktiven statt und dort musste Tabel ihren ersten Tiefpunkt hinnehmen.

Im Reißen waren alle drei Versuche ungültig. „Ein Loch“, wie die Gewichtheber sagen. Der Wettkampf war, bevor er so richtig angefangen hatte, schon wieder beendet. „Das war schon ein riesiger Sprung. Von der Jugend-DM zur WM. Ich habe mich einfach zu sehr unter Druck gesetzt. Ich hatte mich mordsmäßig geärgert und dann sogar Angst vor dem ersten Versuch“, erinnert sich Tabel. Ein Sportpsychologe half ihr, und auch der Verband hielt an seinem Talent fest. „Man hat mir die Zeit gegeben, das war toll.“

Nun zahlte Tabel dieses Vertrauen mit Leistung zurück. Dabei verlief die Vorbereitung auf die Junioren-EM alles andere optimal. Die Sportsoldatin musste in Hannover einen Unteroffiziers-Lehrgang absolvieren. Marschieren mit Gepäck war angesagt. „Ausdauer ist eigentlich Gift für einen Gewichtheber“, sagt Michael Tabel. Und so musste Tochter Tabea quasi nach dem Bundeswehr-Einsatz von null anfangen. „Aber ich wollte wieder loslegen. Das Gewichtheben hat mir in diesen Wochen wahnsinnig gefehlt“, erklärt Tabel. In Israel war sie auf den Punkt in Bestform.

Derzeit ist Tabel, die mehrfache Deutsche Meisterin und EM-Medaillengewinnerin, zuhause bei der Familie in Lörrach. 200 Meter vom Elternhaus entfernt befindet sich die Schlossberghalle, dort, wo im Alter von neun Jahren alles begann. Das nächste Ziel ist die EM der Frauen im Frühjahr in Kro-atien. Über allem steht aber die Teilnahme bei Olympia. „Das ist mein großes Ziel, darauf arbeite ich hin.“ Entweder ganz oder gar. nicht.

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