Er ist zwar selbst Ruderer, gehört dem Ruderclub Grenzach schon seit 22 Jahren an, ist seit 1999 dessen Vorsitzender. Doch zu Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen hätte es Paul Castle vermutlich als Aktiver wohl geschafft. Von Gerd Lustig Grenzach-Wyhlen. Da sein Motto jedoch „Lieber schwätzen statt schwitzen“ heißt, wie Castle mit typisch englischem Humor bemerkt, gelang dem 53-Jährigen dennoch der große Wurf. Seit 1994 kommentiert er als „Speaker“ nämlich Regatten, erzählt dabei Geschichten, die rund um das jeweilige Ruderrennen interessant sind. „Beim Rudern ist man Storyteller, hat meist nur zwischen fünf bis sieben Minuten“, sagt er. Inzwischen blickt er auf vier Olympiaden (Sydney, Athen, Peking, London), unzählige Juniorenmeisterschaften, Weltmeisterschaften und Weltcups zurück. „Und es macht immer noch riesig Spaß“, sagt Castle. Gleichwohl denkt er so langsam aber sicher auch ans Aufhören. „Ich muss das Gefühl haben, dass ich noch alles im Griff habe“, so der Engländer. Liebend gerne würde er natürlich auch bei Olympia 2016 in Brasilien dabei sein. Beworben hat er sich schon. Doch, ob er tatsächlich in Rio de Janeiro an der Regattastrecke dabei sein wird, ist bis dato offen. Begonnen hatte alles eigentlich per Zufall. In seiner Heimat hatte er als junger Ruderer zwar mal ein Rennen im berühmten Oxford angesagt. „So aus Spaß“, wie er sich erinnert. Doch erst, als er Anfang der 1990er Jahre – nachdem er beruflich bedingt ins Dreiländereck gekommen war - ein kleines Inserat in einem Schweizer Ruderheft las, dass ein Englisch sprechender Kommentator gesucht wird, bewarb er sich – und wurde prompt genommen. In der Folge machte er seine Sache bei einem internationalen Rennen auf dem Rotsee bei Luzern sehr gut, war dann ein ums andere Mal bei weiteren Regatten dabei und wurde 1996 plötzlich gefragt, ob er sich die Teilnahme an einer WM vorstellen könne. Er sagte natürlich sofort zu – und fortan gehört er zu den Auserwählten im „Speaker“-Team. „Du musst für jene die Rennen erzählen, die die Wettkämpfe vor Ort verfolgen“, erklärt Castle seinen Job. Weil Rudern nicht der zuschauerfreundlichste Sport ist, kommt es auf den Kommentator an. Wer beispielsweise auf Höhe des Ziels sitzt, erlebt die ersten 1500 von 2000 Metern allenfalls auf der Großleinwand. Erst die Informationen durch den „Speaker“ machen die Rennen spannend und verständlich. „Man ist zu 90 Prozent das Auge der Zuschauer“, sagt der 53-Jährige. Hausaufgaben machen und stets spontan bleiben, das ist gefragt. Für seine Reportagen hat er dabei nicht nur von Fußball- und Radioreportern gelernt, sondern auch beispielsweise im Vorfeld von Olympia in London durch ein spezielles Seminar. Dort musste eigens für Blinde kommentiert werden. „Es war faszinierend“, so Castle. Faszinierend wäre es für ihn daher, würde er sich noch einmal für Olympia in Rio qualifizieren. Diese Spiele sind gerade für ihn erneut ganz besondere. Im Schweizer Boot sitzt nämlich mit Simon Niepmann ein Athlet, der seine erste Ruderstunde just bei ihm in Grenzach absolviert hat. Rudert Niepmann, wird daher nicht nur Castles Stimme und Kopf gefordert sein. „Da fährt dann auch mein Herz mit“, so der 53-Jährige. Ein bisschen üben kann er beispielsweise beim heutigen „BaselHead“ schon mal dafür, wenn er das Achterrennen auf dem Rhein kommentiert. Denn in einem der Schweizer Eliteboote fährt auch Simon Niepmann mit.