Einen Mix aus Arbeiten und Wohnen sieht der Plan fürs neue Quartier „Alte Weberei“ vor, das in den kommenden Jahren im Westen Steinens entstehen soll. Von Harald Pflüger Steinen. Anfang März hatte der Gemeinderat mit der Aufstellung des Bebauungsplans „Alte Weberei“ die Voraussetzungen für die künftige Bebauung geschaffen. Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens, das eine Bürgerbeteiligung vorsieht, wurde die Planung am Mittwochabend im Haus der Sicherheit rund 60 interessierten Bürgern vorstellt. Lautstarker Protest Kaum hatte Winfried Arens von der Stadtbau Lörrach mit der Präsentation begonnen, fiel ihm der Besitzer des ehemaligen Ledererareals lautstark ins Wort. Er echauffierte sich, dass er von Nachbarn habe erfahren müssen, dass sein Grundstück - es deckt ein Viertel des künftigen Bebauungsplangebietes „Alte Weberei“ ab - überplant werden soll. Bürgermeisterstellvertreter Christof Gebhardt wies den Vorwurf, die Gemeinde habe nicht rechtzeitig informiert, in aller Deutlichkeit zurück. Bereits 2007 sei der Betreffende von der Gemeinde schriftlich über die Pläne informiert worden, zitierte er aus einem Schreiben. Darüber hinaus sei es zumutbar, sich über das Amtsblatt der Gemeinde zu informieren. Gebhardt forderte den Betriebsinhaber unmissverständlich auf, sich im Tonfall zu mäßigen, andernfalls würde er des Saales verwiesen. Keine Enteignung Dass das Firmengelände überplant werde, bedeute keine Enteignung des Grundstückseigentümers, so Gebhardt. Dessen Unternehmen genieße Bestandsschutz. Ihm sei es deshalb unbenommen, sich an einer Neuordnung des Gebietes nicht zu beteiligen. Winfried Arens meinte, dass er in seiner langen Berufslaufbahn noch nie erlebt habe, dass sich jemand gegen eine Wertsteigerung des Grundstückes gewehrt habe, wenn dieses von Gewerbe- zu Wohnfläche aufgestuft werde. 7,6 Hektar Fläche Das Bebauungsplangebiet „Alte Weberei“ hat eine Größe von rund 7,6 Hektar und erstreckt sich zwischen dem Industriegebiet im Westen und der historischen Ortslage im Osten sowie zwischen der Lörracher Straße im Norden und der Bahnhofstraße im Süden. Erschlossen wird das Gebiet von der Lörracher Straße im Norden, dem Egertenweg im Westen, der Bahnhofstraße im Süden und den bestehenden Fußwegen. Neu hinzu kommt eine innerörtliche Erschließungsstraße vom Egertenweg zur Lörracher Straße. An ihr liegen nicht nur bis zu 28 öffentliche Parkplätze, sondern auch die privaten Gemeinschaftserschließungsflächen für insgesamt sechs Wohnhöfe und die Zu- und Ausfahrten der Tiefgaragen. Gelöst ist mittlerweile „das kleine Altlastenproblem“ (Winfried Arens), das im Zuge der Abbrucharbeiten auftauchte. Hierbei ging es lediglich um die Frage, welcher Deponie der Abraum zugeführt werden muss. Bürgerinitiative Als es im Haus der Sicherheit wieder ruhiger wurde, konnte sich Winfried Arens den Fragen und Anregungen widmen, die von der Bürgerinitiative Belziweg - rund 20 Personen, die gegenüber dem künftigen Neubaugebiet wohnen - in Schriftform eingereicht worden waren. Dabei ging es unter anderem um Gebäudehöhen (gebaut werden soll zwei- bis viergeschossig), Schallschutz und Verschattung. Aus den Zuhörerreihen kam auch die Anregung, den Verkehr aus dem Baugebiet über die Bahnhofstraße anstatt über die Lörracher Straße zu führen. „Der Stau ist vorprogrammiert“, meinte Altgemeinderat Klaus Traxel mit Blick auf den zusätzlichen Verkehr, den das Neubaugebiet „Alte Weberei“ nach sich zieht. Bei rund 60 Wohneinheiten sei mit 120 Autos zu rechnen, so Traxel. Man sei sich des Problems bewusst, sagte Bürgermeisterstellvertreter Christof Gebhardt. Allerdings sei derzeit vieles noch in der Schwebe. Bauamtsleiter Thurn hegte die Hoffnung, dass die Nähe des Neubaugebiets zum Bahnhof den einen oder anderen zum Umsteigen auf den öffentlichen Personennahverkehr bewegen könnte. Bernhard Wilhelmis Anregung, die Flachdachbebauung aufzulockern, lässt sich laut Winfried Arens nicht durchsetzen, weil die begrünten Flachdächer Teil des Konzeptes sind und überdies für ein angenehmes Wohnklima sorgen. Begrünte Flachdächer, so Arens weiter, würden Photovoltaikanlagen nicht ausschließen. Weil die Gemeinde Eigentümerin von zwei Dritteln des Bebauungsplangebietes ist, kann sie überdies Einfluss auf die Entwicklung nehmen. Mit der Erschließung könnte noch dieses Jahr begonnen werden. Es wurde im Laufe des Abends auch auf den Bedarf an Kindergartenplätzen hingewiesen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass auf dem Areal „Alte Weberei“ ein Kindergarten gebaut wird, hieß es. Nicht vorgesehen ist dort zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Rathaus. An die ursprüngliche Nutzung des Areals erinnern nur noch der Name „Alte Weberei“ sowie das Verwaltungsgebäude und das Turbinenhaus, das eventuell eine Nutzung als Tagescafé erfahren könnte. Zur Bahnhofstraße hin sieht der Bebauungsplan Gewerbebetriebe vor. Bezahlbarer Wohnraum Aus den Zuhörerreihen kam der Hinweis, dass es in Steinen an bezahlbarem Wohnraum mangele. Hier konnte Christof Gebhardt auf die Anstrengen der Kommunalen Wohnbaugesellschaft verwiesen. Das Areal „Alte Weberei“ werden voraussichtlich Investoren bebauen. Zum Ende hin wurde es dann noch einmal laut. „Das müssen wir uns nicht bieten lassen“, kommentierten Zuhörer einen weiteren Auftritt des Geschäftsmannes, dem Bürgermeisterstellvertreter fünf Minuten Redezeit eingeräumt hatte. Sie verließen die Versammlung vorzeitig. Bürgermeisterstallvertreter Christof Gebhardt beendete schließlich die Versammlung, ehe sie aus dem Ruder zu laufen drohte.