Steinen „Die Freiheit muss man sich nehmen“

Markgräfler Tagblatt

Meret Oppenheim: Ingrid Jennert beschreibt ein Künstler-Leben in Höhen und Tiefen

Steinen (hf). Im Rahmen der Einweihung des Hermes-brunnens von Meret Oppenheim vor dem Steinener Rathaus schilderte Ingrid Jennert am Dienstag im „Café Kaffeemühle“ in einem informativen und bewegenden Vortrag das Leben der „Steinfrau aus Steinen“ mit seinen Höhen und Tiefen.

Meret Oppenheim wurde 1913 in Charlottenburg (heute Berlin) geboren und kam im April 1914 mit ihrer Familie nach Steinen, wo sie bis 1932 lebte. Die Familie war großbürgerlich und fortschrittlich und in Steinen sehr beliebt, wie Ingrid Jennert, die Vorsitzende des Fördervereins Meret Oppenheim, berichtete. Der Vater, Erich Alfons Oppenheim, wirkte als Arzt und unterhielt Beziehungen zu dem Schweizer Psychologen C.G. Jung. Mutter Eva Wenger gehörte einer wohlhabenden Unternehmerfamilie aus Delémont in der Schweiz an.

In ihrer Jugend wurde Meret Oppenheim stark von ihrer Großmutter Lisa Wenger beeinflusst, die als erste Frau an der Düsseldorfer Kunstakademie zugelassen wurde und Kontakte zu Künstlern und Literaten der Zeit unterhielt. Ein weiteres Vorbild sah die junge Meret Oppenheim in ihrer Tante Ruth Wenger, einer Pianistin, die einige Jahre mit Hermann Hesse verheiratet war.

Die Schule machte der jungen Meret keine Freude, und im Jahre 1932 brach sie mit ihrer Freundin Irène Zurkinden nach Paris auf, um selbst Künstlerin zu werden. Sie fand sehr schnell Zugang zum Kreis der Surrealisten und hatte Kontakte zu André Breton, Man Ray und Max Ernst, mit dem sie bis 1934 eine enge Liebesbeziehung verband. Aus den Beziehungen in Paris entstand nach einem Gespräch mit Picasso und Dora Mar ihre berühmte Pelztasse, die sie – zumindest in den USA – zu einer Ikone des Surrealismus machte. Das New Yorker MOMA (Museum of Modert Art) kaufte dieses Exponat für den Preis von 50 Dollar an und bewahrt es bis heute in seiner Ausstellung auf.

Während der Naziherrschaft verlor Vater Erich Oppenheim als „Halbjude“ das Recht als Arzt zu praktizieren und musste in die Schweiz emigrieren. Meret Oppenheim kehrte ebenfalls in die Schweiz zurück und fiel ab 1938 in eine Depression. Die mangelnde Anerkennung als Künstlerin und als Frau belasteten sie schwer. So fortschrittlich und unkonventionell sich die Surrealisten in Paris auch gaben, die Frauen in ihrem Kreis wurden nicht als gleichwertig, sondern allenfalls als schmückendes Beiwerk oder als „Muse“ betrachtet.

Auch in ihrer Familie blieb ihr die Anerkennung versagt. Von ihrem Vater ist der Ausspruch überliefert, „Malen ist auch nicht schwerer als Brombeeren pflücken“. In der Zeit der Depression entstand das Gemälde „die Steinfrau“, das der Förderverein „Meret Oppenheim – Steinfrau aus Steinen“ in seinem Namen zitiert. Es zeigt eine liegende Frauengestalt, deren menschlich lebendige Füße noch ins Wasser reichen, während der übrige Körper – mehr und mehr versteinert – auf dem Ufer liegt.

Erst 1954 kann sich Meret Oppenheim aus ihrer Depression befreien, und nun beginnt ihre intensivste Schaffensphase. Durch ihren Vater mit der Psychologie C.G. Jungs vertraut, und basierend auf ihren Traumtagebüchern, die sie seit dem 14. Lebensjahr führt, identifiziert sie ihre Depression als ein Fehlen des Animus (des männlichen Anteils an der menschlichen Seele), den sie sich nun in ihrer Kunst erkämpft.

„Die Freiheit muss man sich nehmen, sie wird einem nicht gegeben“, wird sie aus dieser Zeit zitiert. Ihre internationale Anerkennung als eigenständige Künstlerin findet sie 1967 nach einer großen Ausstellung in Stockholm. Eine außerordentliche Freude war es für Meret Oppenheim, dass ihr Vater zu dieser Zeit ein Kunstwerk von ihr kaufte und so ebenfalls seine Wertschätzung zum Ausdruck brachte. Es folgten weitere große Ausstellungen und internationale Ehrungen. Meret Oppenheim starb am 15. November 1985.

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