Steinen Samstags im Zinkzuber gebadet

Markgräfler Tagblatt
Monika Luise Haller (rechts)  war diese Woche zu Gast beim Kaffeenachmittag des Krankenpflegevereins Hüsingen. Foto: Hans-Jürgen Hege Foto: Markgräfler Tagblatt

„Wöschwib Luis“ erzählt beim Hüsinger Krankenpflegeverein aus der Kinder- und Jugendzeit

Steinen-Hüsingen (hjh). Von der Sonne verwöhnt wurden die Gäste über 60 Jahre nicht, als sie sich aufmachten, um im „Café Müsler“ die Gastfreundschaft des Krankenpflegevereins zu genießen.

Aber was soll’s: Statt im Freien unter den Schatten spendenden Bäumen setzten sie sich an die im Innern des Cafés vom Team um die Vorsitzende Sonja Kuder festlich gedeckten Tische, tauschten Erinnerungen aus und freuten sich über einen besonderen Gast, den der Krankenpflegeverein zu ihrer Unterhaltung engagieren konnte: „Wöschwib Luis“ alias Monika Luise Haller, eine wortgewandte und schlagfertige Person, die sich bei Stadtführungen in Schopfheim als „Webersfrau“, in Lörrach als „Wöschwib“ und in Kandern als „Töpferin“ einen guten Namen gemacht hat.

Mit Geschichten aus ihrer Kinder- und Jugendzeit, einer Zeit, in der samstags in Zinkzubern gebadet, Opas frisch gewaschene und im Freien an der Leine gefrorene Unterhose „stundenlang geschaukelt“ oder rostige Küchenmesser mit Korken und Sand wieder blitzblank gescheuert wurden, unterstrich die Erzählerin nicht nur ihre These, dass Geschichten aus der Geschichte nicht Büchern zu finden sind. Sie wies auch nach, dass sie es perfekt versteht, in ihren Erinnerungen an alte Zeiten zu kramen und dort Erlebnisse auszugraben, die fesseln und die begeistern. Jüngere Zuhörer werden die eine oder andere Passage aus diesen Streifzügen durch eine Epoche, die lediglich um die 60 Jahre zurückliegt, für  übertrieben oder für erfunden halten. Aber die Klientel, die im gemütlichen Café saß undförmlich an Monika Hallers Lippen klebte, durfte in Erinnerungen an die eigene Kindheit schwelgen. Nichts war oder ist in den Stories der „Wäscherin“ aus den Fingern gesogen.

Vor einem halben Jahrhundert waren Autos „Stinkkisten“, wurden Baumwollunterröcke in Gelatine getaucht, damit sie beim Tragen „rascheln wie Petticoats“. Stolz trugen die Mädchen von der Mutter oder der Oma selbst gestrickte Strümpfe oder Socken spazieren. Und wenn im Badewasser eine grüne Fichtennadel-Tablette sprudelnd für Waldesduft und –lust sorgte, an der sich die Schlange stehenden Familienmitglieder der Reihe nach ergötzten, wenn sie sich im einige Male durch heißes Wasser aufgefrischten Einmalsud schrubbten, dann war der am Wannenrand abgelagerte Dreck- und Speckgürtel sichtbares Zeichen für einen luxuriösen Badetag.

„Bevor ich damals eine frische Unterhose anziehen durfte, nahm Oma die gebrauchte „Leib- und Seelhose“, hielt sie ans Licht und bestimmte: die wird gewendet und kann noch ein paar Tage getragen werden“, erinnerte sich die Waschfrau und die Senioren, die ihr zuhörten, wundern sich nicht. Es war in einer Zeit vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg, als Spiegeleier auf dem Eisenherd über glühenden Kohlen gebraten und das Geschirr im Schüttstein und nicht im Spülbecken gewaschen wurde, „völlig normal“. Denn damals war fast überall Schmalhans Küchenmeister.

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