Als älteste Apotheke in Steinen hat die Häfnet-Apotheke eine interessante Historie zurückgelegt. Diese war bisher nirgends niedergeschrieben, sodass der heutige Eigentümer Gernot Roth akribische Nachforschungen betrieben hat, um seinen Kunden passend zum 150-jährigen Bestehen der Apotheke in diesem Jahr die spannende Geschichte präsentieren zu können. Von Sarah Trinler Steinen. Als Gernot Roth im Jahr 2003 die Apotheke in der Lörracher Straße übernahm, entdeckte er ein historisches Arzneigefäß und eine Teedose aus vergangenen Tagen. Beide Gefäße trugen das Etikett einer Erna Hartlieb, doch diese war bisher in keiner Chronik erwähnt. Die Neugier des Apothekers war geweckt, und so begab er sich auf die Suche nach zeitgenössischen Schriftstücken. Im Staatsarchiv Freiburg wurde er fündig: Erna Hartlieb hatte die Apotheke von 1958 bis 1962 gepachtet. Roth arbeitete die 300-seitige Akte durch und sprach mit Zeitzeugen. „Als ich merkte, dass es fast keine Aufzeichnungen gibt, hat mich der Ehrgeiz gepackt“, so Roth. Mitte des 19. Jahrhunderts fand die Versorgung der Steinener Bevölkerung mit Arzneimitteln von Lörrach und Schopfheim aus statt. Da es aber durch die Zunahme der Industrie zu einem Bevölkerungswachstum kam, wurden bald Rufe nach einer eigenen Apotheke in Steinen laut. Doch erst 1866 erhielt der Apotheker Karl Staatsmann aus Tiefenbronn die Konzession zur Errichtung einer Apotheke in der Bahnhofstraße 5 – sie bekam den Namen „Wiesental-Apotheke“. 1879 übernahm Johann Baptist Stephan aus St. Georgen, der mit dem Standort unzufrieden war und den Sitz der Apotheke in die Jahnstraße 1 verlegte. Die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs musste Otto Eccard aus Tengen spüren, der die Apotheke 1923 übernahm. 1927 wurde die Apotheke an ihren alten Standort in die Bahnhofstraße 5 rückverlegt. Nach dem Tod des Verpächters Otto Eccard trat Wilhelm Michler 1942 in die Konzession ein und übernahm die Apotheke. Dieser war kein einfacher Zeitgenosse. Im Staatsarchiv fand Gernot Roth eine Beschwerde eines Angestellten, der 1951 schriftlich beim Amt ein „vollkommen unkorrektes und unkollegiales Verhalten“ seines Arbeitgebers beklagte. 1953 wurde die Apotheke in das ehemalige Gasthaus „Zum Salmen“ in die Lörracher Straße 6 verlegt. 1955 übernahm Werner Weichhold als erster Pächter unter Michler die Apotheke. Doch kurz darauf kam es zu Problemen mit Michler, sodass Weichhold 1957 seine Koffer packte und Steinen verließ. Als 1958 die bereits erwähnte Erna Hartlieb die Apotheke übernahm, traf sie auf chaotische Zustände: Waagen und Gewichte waren nicht nachgeeicht, im Warenlager herrschte Chaos, Literatur fehlte und es gab keine Feuerlöscher. Auch sie geriet in Konflikt mit dem Verpächter und verließ die Apotheke Ende des Jahres 1961. Der nächster Pächter Wolfgang Preuß schmiedete eigene Pläne: Da die Räume eigentlich viel zu klein waren und die Apotheke von außen nicht erkennbar war, eröffnete Preuß 1966 in unmittelbarer Nähe die Häfnet-Apotheke. Für Wilhelm Michler brach eine Welt zusammen. Da er von der Pacht abhängig war, versuchte der 83-Jährige, seine Apotheke zu retten und selbst weiterzuführen. Doch Gesundheitsamt und Amtsarzt lehnten dies aufgrund seines fortgeschrittenen Alters ab. Nach Aussagen seines Sohnes brach Michler kurz darauf mit einem Herzinfarkt in den Räumen seiner Apotheke zusammen und verstarb 1967. Es war das Ende der Wiesental-Apotheke. Gernot Roth, der die Apotheke zusammen mit seiner Frau Alexandra 2003 von Karl Heinz Kleine übernahm und seit 2011 zusätzlich die Merian-Apotheke in Höllstein führt, freut sich, die lebhafte Geschichte der Apotheke aufgedeckt zu haben. Viele Gespräche mit Kunden und interessierten Bürgern wurden im Jubiläumsjahr geführt. „Die meisten waren über die vielen Standortwechsel der Apotheke überrascht“, sagt Roth. Die Historie zeigt deutlich, dass jeder Apotheker mit seinen ganz eigenen Problemen und den Herausforderungen der Zeit zu kämpfen hatte. Waren es bei Otto Eccard etwa die Folgen des Ersten Weltkriegs, sind es heute bei Gernot Roth Themen wie Selektiv-Verträge der Krankenkassen, Onlineversand-Apotheken und die Abwanderung pharmazeutischer Fachkräfte in die Schweiz.