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Todtnau „Sie sind alle sehr liebenswert“

Markgräfler Tagblatt
Im Dauerstress: Amal Almarahy kümmert sich um die Flüchtlinge im Feriendorf.                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Foto: Verena Wehrle Foto: Markgräfler Tagblatt

Flüchtlinge im Feriendorf: Kinder werden eingeschult / Einige schwere Schicksale

Mehrere Afrikaner, die vor ihrer Ankunft in Todtnau noch nie Schnee gesehen haben, sind gerade fertig mit Schneeschippen, laufen ins Haus, wärmen sich auf.

Todtnau (vw). An diesem Morgen ist eine Menge los im Büro von Sozialbetreuerin Amal Alramahy in der vorläufigen Flüchtlingsunterkunft im Todtnauer Feriendorf. Alramahy war bereits in den Unterkünften in Villingen-Schwenningen und Freiburg tätig mit über tausend Bewohnern.

Im Feriendorf leben 150 Flüchtlinge, davon 33 Kinder. Ihr Kalender ist bis zum Rand voll beschrieben. Sie sagt: „Für mich allein ist es viel zu viel, ohne die Hilfe vom Helferkreis würde es nicht gehen.“ So viel Hilfe wie hier in Todtnau habe sie woanders nicht erlebt. Ständig sei sie in Kontakt mit Helfern, ständig klingelt das Telefon. Ständig klopfe jemand an die Tür und brauche ihre Hilfe, ihren Rat. Doch die Stimmung ist gut. „Ab und zu gibt es mal einen Streit wie im normalen Leben auch.“ Ansonsten sei es ruhig.

Auch die Unterkunft unterscheide sich stark von den anderen. „Hier finde ich es Luxus“, sagt Alramahy über die Häuschen, in denen die Flüchtlinge zu sechst wohnen, nach Möglichkeit nach Nationalitäten getrennt.

Die Flüchtlinge kommen von überall – Afghanistan, Georgien, Irak, Syrien und einige afrikanische sowie weitere Länder sind vertreten. Bis Ende April bleiben sie hier. Alramahy rechnet damit, dass die meisten gute Bleibechancen haben und in der Region ein neues Zuhause finden.

Wegen der Abgelegenheit braucht es hier eine gute Organisation. Die Fahrdienste zu Ärzten und Krankenhäusern durch den Helferkreis funktionieren, bedeuten aber viel Arbeit. Vor Ort ist die ärztliche Versorgung seit Neuestem gewährleistet, drei Mal in der Woche kommt ein Arzt der Gemeinschaftspraxis Dr. Honeck. In der Unterkunft gibt es viele kranke und verletzte Menschen. Zudem fährt mehrmals in der Woche ein Bus nach Todtnau – für Arztbesuche und für die Kleiderkammer. Ansonsten müssen die Flüchtlinge nahezu drei Kilometer laufen, wenn sie nach Todtnau wollen oder gar müssen.

Es gibt viele schwierige Fälle hier im Feriendorf. Für einen jungen Palästinenser, der mit seiner von Geburt an gehbehinderten Tochter zusammen lebt, ist diese Abgelegenheit ein großes Problem. Das neunjährige Mädchen sitzt im Rollstuhl. Auch für den 20-jährigen Dschalo aus Gambia, dem in Lybien ins Bein geschossen wurde, gestaltet sich alles sehr schwierig.

Seit dieser Woche ist es klar: Die Kinder vom Feriendorf werden in der Silberbergschule eingeschult. Doch auch das bedarf viel Organisation. Die Sprache zu lernen, das ist für sehr viele Flüchtlinge immens wichtig. Günter und Brigitte Haas – ebenfalls vom Helferkreis – kommen gerade von ihrem ersten Sprachkurs und zeigen sich begeistert.

Zahia aus Syrien übersetzt im Kurs. Sie kann perfekt Deutsch, ist hier aufgewachsen, als Jugendliche wieder in die Heimat gegangen und mit ihrer Familie wieder nach Deutschland geflüchtet. Auch Frauen nehmen am Sprachkurs teil, während die Kinder hinten ruhig spielen. Flüchtlinge von 16 bis 20 Jahren sollen künftig durch die Gewerbeschule Schopfheim Sprachunterricht erhalten. Ob ein Kurs vom Landkreis über die VHS eingerichtet wird, ist noch unklar.

Für die Kinder hat der Helferkreis eine Spielgruppe eingerichtet. Die Verständigung gestaltet sich auch im Büro von Alramahy oft schwierig, besonders dann, wenn es um heikle Dinge geht.

„Die Bürger müssen keine Angst haben“

In sozialen Netzwerken liest man von Ängsten der Todtnauer vor den Flüchtlingen. Letzere sprächen lauter, träten in Gruppen auf, kämen aus Ländern, in denen andere Regeln gelten, sagt Alramahy. Verschiedene Kulturen träfen hier aufeinander. Sie erzählt, dass sie den Bewohnern die Regeln - auch zum Verhalten in der Stadt - die hier gelten, klar gemacht hat und sie diese Regeln auch einhalten würden. Sie versteht die Ängste, betont aber, dass die Todtnauer keine Angst haben müssen.

„Ich bin sehr oft alleine hier mit den Flüchtlingen und habe keine Probleme mit ihnen, sie sind alle sehr liebenswert.“

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