Weil am Rhein. Willkommenskultur und Hilfe sind in diesen Tagen, in denen immer mehr Flüchtlinge hierher kommen, mehr als gefragt. Eine solche Willkommenskultur und beispielhafte Hilfsbereitschaft zur Integration dieser Menschen aus fremden Ländern haben Harald und Rosemarie Ermuth aus Weil am Rhein schon vor 35 und 30 Jahren an den Tag gelegt. Aus Fremden sind längst Freunde geworden – und die guten Kontakte bestehen bis heute. Dass die Integration der Flüchtlinge nicht nur von staatlichen Maßnahmen abhängt, sondern vor allem auch vom Wohlwollen der Bürger, das schildert Harald Ermuth eindrücklich: Die Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer nehmen kein Ende. Die Schlepper-Banden, die mit paradiesischen Versprechungen und viel Geld die Menschen ins Verderben locken, sind doch Verbrecher, denen man zu allererst den Garaus machen muss. Hier ist vor allem die EU gefordert, den verzweifelten Menschen zu einem lebenswürdigen Dasein zu verhelfen. Und zwar schon in den eigenen Ländern, die politisch, wirtschaftlich und sozial total unterentwickelt sind. Und nach dem chinesischen Sprichwort: „Gib dem Hungernden einen Fisch, und er wird einmal satt. Lehre ihm fischen, und er wird nie wieder hungern“. Erst dann ist es möglich, ausreisewilligen Menschen, aus welchen Gründen auch immer, mit gemeinsam erarbeiteten Bedingungen in Europa flächendeckend aufzunehmen. Und die Akzeptanz der Bevölkerung wird bei diesen Voraussetzungen auch größer sein. Es gibt trotzdem noch genügend Probleme, um eine reibungslose Integration zu vollziehen. Beispielhaft möchten wir unsere eigenen Erfahrungen schildern: Vor 35 Jahren haben wir für eine junge Mutter mit vier kleinen Kindern (die Töchter waren zwei, vier und sechs Jahre alt) und ein Junge, der auf der Flucht auf die Welt kam, die Patenschaft übernommen. Die junge Vietnamesin wurde ohne ihren Mann von dem Rettungsschiff „Cap-Anamur“ im chinesischen Meer gerettet. Über Hamburg kamen sie nach Weil am Rhein und wurde in Haltingen mit anderen Vietnamesen-Familien untergebracht. Die Versorgung in einem Zimmer war natürlich, vor allem wegen des Babys sehr kompliziert. Besonders meine Frau hatte fast täglich mit Hilfestellung zu tun. Verständigungsprobleme Ein großes Problem war die sprachliche Verständigung. Dank der sehr aufgeweckten kleinen Mädchen konnte dies sehr kurzfristig gelöst werden. Die Mädchen waren dann die Dolmetscher für die Mutter. Innerhalb eines Jahres konnten manche Probleme, vor allem die mit den Ämtern, gemeinsam gelöst werden. Dann wurde in Haltingen das Flüchtlingsheim aufgelöst und die Vietnamesen-Familien, die keine Wohnung fanden, sollten in ein Heim in Mittelbaden unterkommen. Es hat sich schnell gezeigt, dass wir für unsere Patenfamilie keine Wohnung finden werden. Alle möglichen Vermieter schüttelten den Kopf, wenn sie erfuhren, dass eine Vietnamesin mit vier Kindern einziehen würden. Aber die Familie – mittlerweile waren wir Freunde – wollte nicht von hier weg, weil sie sich schon so sehr an uns gewöhnt hatte. Wohnungssuche Durch Zufall erfuhren wir, dass in einem Nachbarort eine Eigentumswohnung zu kaufen ist. Wir haben nicht gezögert, diese Wohnung zu kaufen, weil sie die passende Größe hatte. Dann machten wir eine enttäuschende Erfahrung: Die in diesem Haus vorhandenen anderen Wohnungseigentümer haben sofort, nachdem sie erfahren hatten, dass hier eine Vietnamesenfamilie mit vier kleinen Kindern einzieht, dem Hausverwalter gekündigt, weil sie nicht hierüber informiert worden sind. Wir hatten das – nicht ohne Grund – unterlassen, aber vor dem Einzug den Bürgermeister des Ortes persönlich darüber informiert. Seine Antwort war aber auch nicht gerade wohlwollend: „Warum tun Sie das"“ Erfreuliche Entwicklung Sehr erfreulich war die weitere Entwicklung der Familie. Alle vier Kinder haben nach Kindergarten und Schule eine anspruchsvolle Berufsausbildung mit Erfolg beendet. Und die Mutter hat, nachdem die Kinder im Kindergarten zeitweilig versorgt waren, schon früh Nebenjobs angenommen, weil sie nicht wollte, dass „der Staat für alles aufkommen“ musste. Jetzt ist sie schon ununterbrochen 25 Jahre in Vollzeit bei einer Firma tätig. Ein Kind in Notlage Ebenfalls vor 30 Jahren hatten wir eine ähnliche Situation zu lösen. In unserem Haus hatte eine Mieterin einen jungen Eritreer aufgenommen, der aus politischen Gründen aus seinem Land geflüchtet war. Nach einiger Zeit ist die Mieterin aus familiären Gründen nach England ausgewandert und hat uns den Jüngling in Obhut überlassen. Wie es in seinem Heimatland üblich ist, wurde ihm ein Mädchen aus dem Bekanntenkreis der Eltern „zugeteilt“ und nach hier geschickt. In der völlig fremden Umgebung und zwischen zwei ebenfalls unbekannten jungen Leuten sollte also eine Familie gegründet werden. Die Schwierigkeiten, gegenseitige Zuneigung, Sprache, Haushaltführung, die dabei auftraten, haben auch uns gefordert. Schließlich kam mit gemeinsamen Anstrengungen, auch gegenüber den Behörden, die Hochzeit zustande. Nach dem zweiten Kind war auch die Wohnung in unserem Haus zu klein geworden. Mit dem dritten Kind gab es ein schwerwiegendes Problem, weil es durch eine Allergie die Nahrungsaufnahme verweigerte. Kein Arzt wusste zu helfen. Dann haben wir eine Spezialklinik in der Schweiz gefunden, die Hilfe angeboten hat. Hierzu musste das Kind mit seiner Mutter mindestens zwei Wochen stationär behandelt werden. Die beträchtlichen Kosten hierfür wurden von keiner Krankenkasse übernommen. Eine hilfreiche, freundliche Nachbarin hat mit einer Spendenaktion die Rettung des Kindes ermöglicht. Inzwischen wohnt die Eritreer-Familie in einer eigenen Wohnung. Der Vater arbeitet seit 25 Jahren in einer Weiler Firma, und der jüngste Sohn ist zur Zeit als 20-Jähriger in Uganda als Entwicklungshelfer tätig. Und alle sagen heute noch „Papa/Mama und Oma/Opa“ zu uns. Patenschaft übernehmen Unsere Schilderung soll beweisen, dass eine sinnvolle Integration der Flüchtlinge  nicht nur von staatlichen Maßnahmen abhängt, sondern auch vom Wohlwollen der Bürger. Das Wichtigste dabei ist , die Sprache zu lernen und „Patenschaft“ zu übernehmen. Natürlich sind bis heute die Flüchtlingsverhältnisse schwieriger geworden. Aber zur Lösung der Probleme  müssen die 28 Länder der EU gemeinsam imstande sein.