Weil am Rhein Ein ganz besonderer Blickfang im Ort

Weiler Zeitung

Installation in Ötlinger Abrissruine zieht die Aufmerksamkeit auf sich – vor allem, wenn es dunkel ist

Von Monika Merstetter

Weil am Rhein-Ötlingen. Aus dem Abriss eines mindestens 300 Jahre alten Hauses im denkmalgeschützten Ortskern von Ötlingen ist dank innovativer Ideen einer kleinen Gruppe rechtzeitig zum „Tag der Kunst“ ein besonderer Blickfang geworden. Am Donnerstag haben die Besitzerfamilie Kessler und die Fotogruppe K6 zur Eröffnung der Installation in die Dorfstraße 67 eingeladen, der ein paar Dutzend Freunde, Nachbarn und Personen, die auf irgendeine Weise mit dem Haus verbunden sind, folgten.

In der Abenddämmerung begrüßte zuerst Günther Kessler die Gäste mit einer unterhaltsamen Zusammenstellung der Ereignisse. Bei seinen Kindheitserinnerungen, wie er als Nachbarjunge mit seinem Opa zur introvertierten Ida Güthlin in das Haus durfte, um ihr das aus der Binzener Mühle besorgte Mehl zum Brot backen zu bringen, ließ wissendes Nicken und Lächeln einiger Ötlinger manches erahnen.

Vor 32 Jahren wollte er das leer stehende Haus, das an sein Grundstück grenzt, bereits kaufen; dies war aus verschiedenen Gründen jedoch erst 2008 möglich. Trotz Denkmalschutz – zu retten war das Gebäude nicht mehr. Da es nach und nach zusammenbrach, wurden ein Statiker und ein Architekt hinzugezogen. Aus Sicherheitsgründen und auch um das Nachbarhaus nicht zu gefährden, kam es zum Abriss. Dabei wurde zur Auflage gemacht, dass alles Stück für Stück abgetragen werden muss. Ein Teil der zur Straße gewandten Front blieb aus statischen Gründen stehen.

Als eines der bisher meistfotografierten Ensembles im Dorf mit den blühenden Herbstanemonen und der Bronzestatue von Simone Urbanke, hatte es das alte Gebäude besonders Hanspeter Weiß und Günther Schoch von der Fotogruppe K6 schon lange angetan. Als Günther Schoch am 19. April vom Abriss hörte, rief er kurzerhand Hanspeter Weiß an und berichtete ihm von der letzten Möglichkeit, das Haus noch mal von innen zu sehen. Am selben Abend kam es zu einem Treffen mit Günther Kessler. Dieser war begeistert von den beiden Fotografen, die sich mehrere Stunden lang durch das Haus bewegten und Motive ins Visier nahmen, die er selbst vorher noch nie gesehen hatte.

Kessler gab ihnen genaue Informationen, welche brüchigen Stellen sie nicht betreten durften. Wenn einer gerade fotografierte, durfte sich der andere nicht bewegen, weil alles um ihn herum wackelte. Als Kessler sah, wie effektiv und präzise fotografiert wurde, unterstützte er Schoch und Weiß kurzerhand mit einer Scheinwerferinstallation. Nach einem letzten gemeinsamen Umtrunk im Schankraum, rollten am 5. Mai die Bagger an. Eine einzigartige Bilddokumentation, nicht nur vom Haus, sondern auch vom Abriss ist entstanden.

Als nur noch eine Mauer mit drei Fensteröffnungen stand, kam dem Besitzerehepaar und den Fotografen die Idee, drei Fotos mit Innenansichten auszuwählen, sie in die Fenster zu hängen und nachts anzustrahlen. Schnellstens wurden der Optik wegen aus dem bereits weggefahrenen Bauschutt die Fensterläden wieder zurückgeholt. Die ganze Idee wurde dem ART-Dorf-Initiator Gerhard Hanemann vorgestellt und dieser hatte die zündende Idee, die Fotos hinter Acrylglas anzubringen und sie von hinten anzustrahlen, damit es aussieht, als ob das Haus noch bewohnt wäre.

Gesagt, getan – und das alles in so kurzer Zeit. Es war ein spannender Moment als „Haus“-Herr Günther Kessler am Donnerstagabend die Fensterläden öffnete und die Fotos mit Weinfässern, Einbau-Waschschrank und Schlafkammer sichtbar wurden. Applaus und jede Menge Komplimente gab es von allen Seiten. Die Ausführungen von Günther Kessler, genauso wie die von Hanspeter Weiß waren so interessant, dass die meisten Gäste noch viel mehr erfahren wollten und noch lange zusammenstanden.

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