Ein Erfahrungsbericht von Hanspeter Bartsch Weil am Rhein. Sie kommen von Osten und wollen nach Norden oder Westen. Radtouristen, meist mittleren Alters, durchtrainiert, exzellentes Rollmaterial, viel Gepäck, manchmal auch mit Zelt unterwegs. Häufig ausgestattet mit den einschlägigen Radführern. Doch in Weil am Rhein finden die Fernradler nicht weiter, weil das europäische Radrouten-Netz Eurovelo nicht ausgeschildert ist, wie folgender Erfahrungsbericht von Hanspeter Bartsch, Mitglied der IG Velo, zeigt. Radler haben Basel durchquert – immer schön entlang des Rheins. In Kleinhüningen werden sie dank exzellenter Beschilderung zum Friedlinger Zoll geführt. Vorher noch ein Abschiedsblick auf die letzte Schweizer Beschilderung: Mulhouse 36 km, Friedlingen 1 km, Huningue 1 km, Eurovelo 6 und 15. Alles Paletti! Gute Laune allenthalben. So könnte es weitergehen auf dem Eurovelo 6 an den Atlantik oder auch Richtung Mittelmeer, auf dem Eurovelo 15 an die Nordsee, auf dem Südschwarzwald-Radweg Richtung Freiburg, auf dem Rheintal-Weg nach Karlsruhe oder Mannheim. Theoretisch. Aber dazu muss man erstmal den gordischen Radverkehrsknoten Weil am Rhein entwirren. Und daran scheitern viele. Hilflosigkeit, Ratlosigkeit. Frust und Ärger sind die Folge. Zoll Friedlingen, deutsche Seit e: Ein junges Pärchen, vom Bodensee kommend, möchte weiterfahren Richtung Mannheim. Ein Blick auf den Radführer. Vergebliche Suche nach den einschlägigen Schildern: Eurovelo 15, Rheinradweg. Nichts zu sehen. Der zufällig anwesende Autor dieses Berichts rät von einer Durchquerung Friedlingens ab: zu gefährlich und unübersichtlich. Er geleitet die Radler bis zum Canal de Huningue. Hier beginnt die linksrheinische Variante des Eurovelo 15. Viel angenehmer als das staubige deutsche Pendant entlang des Rheins. Endstation an Kreuzung Hardstraße/Hauptstraße Kreuzung Hardstraße, Hauptstraße: Hier ist das Scheitern vorprogrammiert. Nach der gefährlichen Fahrt auf der Hauptstraße zwischen Tramgleisen und bedrängenden Autofahrern endlich ein kurzer Halt auf sicherem Gelände unter der Autobahntrasse. Ein sportliches Ehepaar aus Ulm sucht verzweifelt, aus dieser Falle herauszukommen. Eine chaotische Beschilderung trägt zur Verwirrung bei. Der routenkundige Schwabe hilft den beiden Württembergern. Sie wollen an den Kaiserstuhl. Dazu muss man die Hauptstraße überqueren. Dann sollte man erraten, dass es jetzt sinnvoll ist, rechts in die Landskronstraße abzubiegen, dann an der Kreuzung Karsthölzlestraße wieder rechts, um nach 50 Metern ein diskretes Schild zu finden, das auf einen „Radweg“ nach Neuenburg und Märkt verweist. Soll das der gesuchte Eurovelo 15 sein" Schwierige Frage. Man kommt hier aber zunächst auf einem schmalen Weg auf die Alte  Straße, der mehrere Kilometer zu folgen ist. Nach der Abzweigung zum Yachthafen Weil  kann im Prinzip nichts mehr schiefgehen. Eurovelo 6, 15, Südschwarzwaldradweg, Rheintal-Weg. Alles auf einer Trasse. Auch ein Paar aus Salzburg sucht hier vergebens, den Eurovelo 15–Radweg Richtung Straßburg. Sie werden über die Dreiländerbrücke begleitet. Der gesuchte Radweg ist dann schnell gefunden. Immer dem Kanal entlang. Kreisverkehr Rhein-Center: Ein holländisches Paar, schwer beladen, will zum Zeltplatz nach Bad Bellingen. Keine Ausschilderung. Colmarer Straße" Zu viel Verkehr! Auch hier empfiehlt sich der Umweg über Frankreich. Über die Dreiländerbrücke und den Place Abbatucci in Huningue geht es zur Palmrainbrücke und hinüber nach Deutschland. Dann auf dem Radweg entlang der Alten Straße zum Yachthafen Weil, der Rest ist dann kein Problem:  Alles geradeaus dem Rhein entlang. Und noch ein weiteres Beispiel: Im Basler Hafenareal treffe ich einen vollbepackten Radler aus dem Bayerischen Wald, der das Mittelmeer zum Ziel hat. Auch er ist kurz vor dem Scheitern. Als er erfährt, dass das Radfahren im Rhône-Tal  äußerst problematisch ist, entscheidet er sich für die Tour an den Atlantik. Ich geleite   ihn durch die Bahnunterführung an der Grenzstraße auf den deutschen Weg „Im Küchenacker“ zur nahen Dreiländerbrücke und erkläre ihm die weitere Streckenführung via Canal de Huningue, Canal d’Alsace, Doubs-Tal, Saône, Loire. Ich empfehle ihm dringend die Anschaffung des entsprechenden Radführers zum Eurovelo 6. Bon voyage! Am vergangenen Donnerstag habe ich kurz hintereinander zwei sportlichen Herren aus Cambridge und einem älteren Ehepaar aus Niedersachsen an der Kreuzung Hardstraße/Hauptstraße in Friedlingen weitergeholfen. Sie alle waren auf der vergeblichen Suche nach der Fortsetzung des Südschwarzwald-Rundwegs Richtung Norden. Diese „Begegnungen“ sind keine Einzelfälle. Ich habe bisher etwa ein Dutzend Mal „Nothilfe“ geleistet. Auch der Vorsitzende der IG Velo Weil, Jürgen Wiechert, ist diesen Sommer schon häufiger als Lotse für „gestrandete“ Fernradler tätig geworden. Diese Begegnungen keine Einzelfälle Vorläufig wird es wohl aus finanziellen Gründen nichts mit einer ordentlichen Beschilderung der Radwege im Landkreis Lörrach. Das wäre eine schöne Visitenkarte, die den weitgereisten Radtouristen geboten würde. Aber vielleicht tut sich ja irgendwann noch etwas in verschiedenen Ämtern. Bis dahin gilt: Oh, Radwanderer, kommst Du nach Weil am Rhein... .