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Weil am Rhein Einfallstor für eine Erfolgsgeschichte

Weiler Zeitung
Das Kulturzentrum mit Ateliers im Kesselhaus (Mitte), Kulturcafé (rechts) und Museum Weiler Textilgeschichte (links) wird 20 Jahre alt. Das wird mit der „Nacht der Ateliers“ gefeiert. Nächstes Jahr wartet noch ein Fest-Anlass: Dann wird das Kesselhaus 25. Foto: Carina Stefak Foto: Weiler Zeitung

Das Kulturzentrum Kesselhaus feiert seinen 20. Geburtstag am 19. Juni mit der „Nacht der Ateliers“

Weil am Rhein (ste). Das Kulturzentrum in Friedlingen wird in diesem Jahr 20 Jahre alt und feiert dieses „kleine Jubiläum“ am Freitag, 19. Juni, von 19 bis 24 Uhr mit einer „Nacht der Ateliers“. Kulturamtsleiter Tonio Paßlick ruft noch einmal die Entstehungsgeschichte dieses soziokulturellen Zentrums in Erinnerung. Carina Stefak sprach mit ihm.

Welche Entwicklungen gingen dem Konzept des Kulturzentrums voran?

Ausgangspunkt sind die Geschäftsaufgaben der ehemaligen Friedlinger Textilbetriebe durch die Textilkrise in den 60er und 70er Jahren wegen der Konkurrenz von Billiglohnländern. Die Färberei und Appretur Schetty aus dem Jahr 1900 wurde 1988 für fünf Millionen Mark von einem Münchner Investor gekauft. Dieser riss auf dem Areal des heutigen Rhein-Centers alles bis auf das Glashaus ab. Die Färberei und Appretur Schusterinsel aus dem Jahr 1880 und die Seidenstoffweberei Schwarzenbach (1927) schlossen ebenfalls ihre Türen.

Was passierte mit

deren Grundstücken?

Ermutigt durch das Münchner Engagement, 90 Millionen Mark in das Rhein-Center zu stecken, hat die Stadt die beiden Areale gekauft und in eine Treuhandgesellschaft übergeben. Auf der Schusterinsel sollte der soziale Wohnungsbau vorangetrieben werden, auf dem Schwarzenbachareal war ein Gewerbehof geplant.

Wurden die Pläne umgesetzt?

Teilweise. Durch die ganzen Industriebrachen hatte Friedlingen eine Tendenz zur Ghettoisierung, im Zuge derer der Quartiersentwicklungsplan gefasst wurde. Der Stadt lagen damals Anfragen von über 2000 Wohnungssuchenden vor, für die auf der Schusterinsel Sozialwohnungen der Städtischen WoGe gebaut wurden. Für das Gewerbe gab es damals keine Nachfrage.

Ein Einfallstor für die Kulturszene?

Das war meine Chance, für das Gelände ein soziokulturelles Zentrum – gerne auch in Kombination mit einem Gewerbehof – ins Gespräch zu bringen. 1988 habe ich das dem damaligen Oberbürgermeister Peter Willmann vorgeschlagen und er hat sofort zugestimmt. Also habe ich ein Konzept entwickelt.

Kulturzentren wurden damals auch vonseiten des Landes gefördert ...

Ja, so hat das „Nellie Nashorn“ in Lörrach einen Baukostenzuschuss von 800 000 Mark bekommen. Leider wurde das Förderprogramm zu dieser Zeit gerade beendet – aber wir haben das Kulturzentrum trotzdem vorangetrieben, weil wir es für ein sinnvolles Angebot hielten und die Räume leer standen. Die Kriterien der Förderrichtlinien haben wir trotzdem eingehalten und die baulichen Aspekte finden sich im Kulturzentrum wieder.

Können Sie das präzisieren?

Das Kulturzentrum musste einen öffentlichen Raum als Konzertraum haben, außerdem ein Café als Treffpunkt. Und es mussten Kreativräume für Künstler vorhanden sein. Der Bau des Kesselhauses begann 1989 und dauerte zwei Jahre. 1991 wurde das Kesselhaus mit Theater- und Konzertraum sowie angegliederter Töpferei und Bildhauerraum fertiggestellt. In den Werkstatträumen von Schwarzenbach wurden Proberäume für Musikgruppen eingerichtet.

Im Zuge des dezentralen Museumskonzepts (1986) entstand auch das Museum Weiler Textilgeschichte als Teil des Kulturzentrums.

Während im Museum am Lindenplatz, damals noch Heimatmuseum, Sonderausstellungen angesiedelt sind, laufen Dauerausstellungen zur Geschichte der Stadt in Museen wie dem Landwirtschaftsmuseum in Alt-Weil oder der Dorfstube in Ötlingen. Das passt auch zur dispersen Struktur der Stadt, deren Stadtteile und Viertel ganz eigene Charaktere haben.

Wie kam es zu den Künstlerateliers, die im Kesselhaus angesiedelt sind?

1991 kam die Schweizer Künstlerin Mireille Gros auf mich zu und berichtete von Basler Künstlern, die händeringend nach Ateliers suchten. Ich habe dann mit einigen Kontakt aufgenommen, um herauszufinden, wie ein Atelier ausgestattet sein muss. Die 21 Ateliers und das Café haben wir drumherum gebaut. Die Künstler, die dort einzogen, kamen aus Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Schweden.

Wann fiel der Startschuss für das fertige Zentrum?

Am 6. September 1995 wurde die Einweihung mit dem fünfwöchigen „Regio-Kultursommer“ mit vielen Premieren, Theaterinszenierungen und Open-Air-Konzerten in den Innenhöfen und Ateliers gefeiert. Mittel dafür kamen aus der Regio-Kultur-Stiftung.

Wie ist das Kulturzentrum strukturiert?

Die Wirtschafts- und Tourismus GmbH verwaltet das Areal und vermietet die Räume. Der Veranstaltungsbetrieb wird von der Stadt bezuschusst, läuft aber sonst über zahlreiche Ehrenamtliche.

Das 20-jährige Bestehen des Kulturzentrums mit den Ateliers im Kesselhaus, dem Kulturcafé und dem Museum Weiler Textilgeschichte wird am Freitag, 19. Juni, mit der „Nacht der Ateliers“ gefeiert.

Von 19 Uhr bis Mitternacht sind Ateliers, Museum und Kulturcafé geöffnet. Darüber hinaus gibt es eine Clown-Theater-Inszenierung sowie ein dreistündiges Konzert.

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