Weil am Rhein Heute so und morgen ganz anders

Weiler Zeitung
Bewohner wie Pflegekräfte profitieren von der MS-Spezialisierung des Pflegeheims Markgräflerland (von links): Anita Fellhauer, Mutter einer MS-erkrankten Heimbewohnerin, Bewohner Hans-Peter Gschwind, Heimleiter Hans Kaufmann, Pflegedienstleiterin Sabine Gärtner, Reinhard Heichel, Leiter „Eigenbetrieb Heime“ im Landkreis Lörrach, Helmut Geiger, stellvertretender Geschäftsführer der „Amsel“ (Landesverband der DMSG), Wohnbereichsleiterin Barbara Spielmann, Rolf Helle, „Amsel“-Regionalstelle Südbaden, Bewohner Siegfried Hermann und Matthias Trefzger, „Amsel“ Initiative Schopfheim + Dreiländereck. Foto: Carina Stefak Foto: Weiler Zeitung

Pflegeheim Markgräflerland erhält DMSG-Zertifikat für seine auf Multiple Sklerose spezialisierte Betreuung

Von Carina Stefak

Weil am Rhein. Mit der Weiterbildung zweier Pflegefachkräfte zur sogenannten „MS-Nurse“ hat das Pflegeheim Markgräflerland den Grundstein dafür gelegt, als Pflegeeinrichtung mit dem Spezialwohnbereich „MooSwald“ zum Kompetenzzentrum für Multiple Sklerose zu werden. Nun wurde ihm dafür eine Auszeichnung der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft verliehen.

Multiple Sklerose ist noch immer nicht heilbar, aber sie kann trotz schwerwiegender Einschränkungen im Alltag bei richtiger Unterstützung bewältigt werden. „Um so wichtiger ist es, die Pflegesituation von MS-Erkrankten zu sichern und zu verbessern“, sagt Helmut Geiger, stellvertretender Geschäftsführer der „Amsel“, dem baden-württembergischen Landesverband der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG).

Diese bietet seit 13 Jahren die Fachfortbildung „Pflege bei MS“ an und zertifiziert ambulante und stationäre Pflegedienste, die mindestens zwei examinierte Fachkräfte mit dieser Fortbildung beschäftigen. „ DMSG-geprüfter Pflegedienst“, darf sich nun auch das Pflegeheim Markgräflerland nennen, das mit Pflegedienstleiterin Sabine Gärtner und Wohnbereichsleiterin Barbara Spielmann „anerkannt fachliche Pflege bei MS“ bietet.

Gärtner und Spielmann haben im Zeitraum von drei Monaten drei mehrtägige Fortbildungstermine in der Anholter Klinik in Isselburg verbracht, einer Spezialklinik für MS, wo sie umfangreiche Kenntnisse zur MS-spezifischen Pflege erworben und auch praktisch angewandt haben. Helmut Geiger gratulierte zur abgeschlossenen Weiterbildung und lobte das Pflegeheim, das versucht, seinen Bewohnern „trotz fortgeschrittener Krankheit ein großes Stück Lebensqualität zurückzugeben“.

Multiple Sklerose hat tausend Gesichter, sagen Erkrankte, Angehörige und Pfleger unisono. „Es gibt nicht den MS-Kranken“, erklärt Sabine Gärtner. „Jeder Bewohner ist anders. Und jeder ist jeden Tag anders“, veranschaulicht Helmut Geiger von der „Amsel“ in Stuttgart. „An einem Tag ist man stabil, am anderen sieht alles ganz anders aus“, unterstreicht Matthias Trefzger, der die „Amsel“-Initiative Schopfheim leitet und selbst erkrankt ist.

Die Betreuung MS-kranker Heimbewohner stellt daher besondere Anforderungen an die Pflegekräfte. „Das Spezielle bei MS ist das Unvorhersehbare. In der Pflege macht man sich normalerweise einen Plan, welche Abläufe an einem Tag erledigt werden. Das geht bei MS nicht“, erklärt Gärtner. „An manchen Tagen geht alles leicht, weil es dem Bewohner gut geht. An anderen wiederum klappt gar nichts. Die Herausforderung ist, sich jeden Tag darauf einzulassen, den eigenen Plan umzuschmeißen und flexibel zu reagieren.“

Doch auch der Erkrankte selbst muss mit dieser Wechselhaftigkeit zurechtkommen. „Durch MS kann man früh in die Situation geraten, fremde Hilfe annehmen zu müssen“, so Gärtner. Zum hohen Anspruch an sich selbst kommt die Unzuverlässigkeit der eigenen Fähigkeiten: „Heute so und morgen anders – das ist schwer für beide Seiten.“

Rolf Helle von der „Amsel“-Regionalstelle Südbaden in Freiburg macht bei aller Schwere aber auch Mut. „MS führt nicht zwangsläufig zur Behinderung. Viele Erkrankte brauchen lange keinen Rollstuhl und haben Symptome, die nach außen nicht sichtbar sind.“ Dass auch dies nicht immer einfach ist, räumt Rolf Helle gleichwohl ein.

Heimleiter Hans Kaufmann dankte den DMSG-Vertretern für die Wertschätzung in Form des Siegels und betonte das Bestreben, Multiplikator für diese Weiterbildung zu sein und als Einrichtung auch selbst dranzubleiben. Das Zertifikat gilt nun zwei Jahre; danach müssen die Fachkräfte die Fortbildung wiederholen.

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