Von Dorothee Philipp Weil am Rhein-Haltingen. Die Haltinger Festhalle wurde am Samstagabend mal wieder auf ihre allerletzten Kapazitäten getestet: Über 600 Fans wollten die beiden „Radio-Riesen“ alias Michael Wirbitzky und Sascha Zeus sehen, die seit gefühlten Ewigkeiten das ultimative Aushängeschild für den SWR3 sind. Die rheinische Nervensäge Peter Gedöns, die bayrische Dampfwalze Kathrin Vierthaler, die griechischen Schlitzohren Mikis Zementidis und Janis Komplizis – sind die nicht bald mal reif fürs Seniorenheim" Von wegen! Irgendwie scheint die Zeit den beiden moderierenden Komödianten Sascha Zeus und Michael Wirbitzky nichts anhaben zu können. Ihr Witz ist frech, balanciert manchmal gefährlich nahe an der Grenze des guten Geschmacks, trifft aber immer ins Schwarze, sowohl im Zwerchfell als auch im Hirn. Mit wenigen Requisiten bauen sie die verrücktesten Szenarien: zwei bunte Ponchos und Wollmützen, und schon geht die Post ab zum Thema „Panflöten-Terroristen“, die sich in der Fußgängerzone mit dem Kalaschnikow-Ensemble aus Moskau um die besten Plätze zoffen. Monströser Schnurrbart, gelber Bauarbeiterhelm, zentnerschwere Halskette aus unechtem Gold und schon ist Janis Komplizis präsent und sinniert mit seinem Chef Zementidis (mit geschmackloser Protzenbrille) über Kredite und die bröselnde Akropolis. Man kommt überein, dass man nach Berlin fliegen, von da mit dem Zug nach Stuttgart fahren und schließlich ein Konzert in der Elbphilharmonie hören will... Das Publikum johlt vor Vergnügen. Und da alle jung und knackig sind, haben sie auch ihre helle Freude an unkonventionellen Vorschlägen, wie man dem demografischen Wandel gegensteuern kann: „Ich bremse nicht für Rentner“, Busunfälle oder das Einkassieren der Akkus für Elektrofahrräder, mit denen die „Silberrücken auf ihren Scheiß-E-Bikes“ die Radwege unsicher machen. Die beiden sind ein Dream-Team, das seine inzwischen zum kultigen Allgemeingut gewordenen Rituale sorgfältig gepflegt hat, sie aber immer mit neuen, aktuellen Inhalten (perfekte Gags in den Abendstunden" Pegida) füllt, oft einfach nur erfrischend schnoddrig, ein andermal aber auch mit gefährlichem Tiefgang. Und die Prise Ekliges, gemischt aus Körperhygiene und Fäkalhumor, ist so präzise dosiert, dass der Lachanfall immer noch genossen werden kann – und die Botschaft kleben bleibt: Wissenschaftler haben in den Schalen mit den Nüsschen auf Bar-Theken bis zu 14 verschiedene Urinsorten nachgewiesen. Na denn Mahlzeit! Und nächstes Mal Hände waschen nach dem Klobesuch. Rasant geht es in gut zwei Stunden über einen ganzen Parcours der schrillen Einfälle, dicht an dicht hageln die Pointen, Leerlauf ist Fehlanzeige. Kreuzfahrt auf schwimmendem Plattenbau, Kinderhasser-Sprüche, Bayernhasser-Sprüche, Kathrin Vierthalers Temperamentsausbrüche und obszöne Versprecher, schließlich sogar Winnetou und Old Plapperhand auf Schaukelpferden. Das Publikum kugelt sich vor Lachen beim Speed-Date, wo sich Tatjana aus dem Publikum zwischen Lifestyle-Wirby und Nudel-Saschi entscheiden soll. In eisige Höhen am Everest geht es auf einer Bockleiter, wo zwei Bergsteiger im Stau stecken und den besten Weg zum Gipfel diskutieren (an der Müllkippe und dem gefrorenen Neuseeländer vorbei). Und dann singen zwei mit Burka verhüllte Gestalten „Hey Mr Taliban“ und heben zum Schluss die Röcke... Später zeigt Wirbitzky ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift „Je suis Wirby“. Die Hartnäckigkeit des Beifalls wurde mit zwei Zugaben belohnt: die Welt der (rotzenden und spuckenden) Ersatzbänkler im Profifußball und Mobbing-Tipps für den Urlaub. Da nimmt man sich nur eines vor: Einschalten, wenn die beiden wieder moderieren!