Weil am Rhein „Immer ein Erfolgserlebnis“

Weiler Zeitung
Hubert Eller (kniend neben dem rechten Rollstuhlfahrer) fährt jedes Jahr mit seiner Behindertensportgruppe in den Europapark. Foto: zVg Foto: Weiler Zeitung

Hubert Eller motiviert seit über 20 Jahren behinderte Jugendliche und Erwachsene in Altweil zum Sport

Von Boris Burkhardt

Weil am Rhein. Seit über 20 Jahren schreibt die Behindertensportgruppe des Turnvereins Weil eine Erfolgsgeschichte, die in dieser Form im ganzen Landkreis einzigartig ist. Inklusion war in Altweil schon 1994 ein Thema: ein kurzer Blick in die Vergangenheit und Gegenwart.

Es begann mit der Nachbarin Maria Genter, die ebenfalls ein behindertes Kind hatte. Sie fragte Hubert Eller Anfang der Neunziger nach einer Möglichkeit für die Kinder, Sport zu treiben. Eller ging diese Aufgabe engagiert an, merkte aber schnell, dass er als Privatperson in Weil keinen Platz in einer Turnhalle bekommen würde.

„Wir entschlossen uns, keinen eigenen Verein zu gründen, sondern uns einem Großverein anzuschließen“, sagt Eller heute. Und dieser war im TV Weil schnell gefunden, „man war dort sofort bereit, uns ein Dach zu bieten“, sagt Eller. 1994 wurde der Behindertensport als eine der heute 21 Abteilungen aufgenommen. Ellers Ziel war und ist es, „behinderten Kindern und Jugendlichen die Teilnahme am gesellschaftlichen und sportlichen Leben außerhalb einer Einrichtung zu ermöglichen“.

Für den Polizeibeamten Eller war seine Behindertsportgruppe kein Feierabendhobby. Um die Trainerlizenz für die Sportstunden zu bekommen, musste er 1994 insgesamt drei Wochen seines Jahresurlaubs allein für den Erwerb der Grundlizenz aufwenden. In den folgenden Jahren waren weitere Lehrgänge für den Erwerb der notwendigen Reha-Lizenzen zu absolvieren. Auch eine Hospitanz gehörte dazu, die er im St. Josefshaus in Herten verbrachte.

Einer unter wenigen Ehrenamtlichen

1995 erhielt er die Lizenz vom Badischen Behinderten- und Rehabilitationssportverband, die er jedes Jahr mit Fortbildungskursen auffrischen muss. „Körper- und Geistigbehindertenlizenz“ hieß seine Qualifikation damals, heute „Rehasport-Orthopädie“ und „Rehasport mit geistig Behinderten und seelisch Kranken“. „Bei den Fortbildungen, vor allem im geistig Behindertenbereich, war ich stets einer der wenigen Ehrenamtlichen“, erzählt Eller. Die große Mehrheit der Teilnehmer ist beruflich in diesem Metier tätig.

Nicht nur sein Sohn mit Jahrgang 1986, auch der Großteil der anderen 13 Kinder und Jugendlichen sind mit Eller großgeworden. Heute sind die ältesten 48, die jüngst Hinzugekommen 13 Jahre alt. Sie trainieren jeden Freitag in zwei Gruppen, erst die Jüngeren bis 28 im „Freitagsclub“, dann die Älteren in der „Boccia-Gruppe“.

Doch auch die Art und der Grad der Behinderung sind sehr unterschiedlich: Das Krankheitsbild reicht von Lernbehinderung bis Red-Syndrom. Um die Truppe zusammenzuhalten, ist Ellers Ansatz folgender: Jeder soll beim Treffen ein Erfolgserlebnis haben. „Es ist alles Motivationssache.“ So soll sich im Kopf seiner Schützlinge gar nicht erst festsetzen, dass sie etwas nicht geschafft haben: „Dann gleich weiter zur nächsten Übung.“

Fußball, Basketball, Volleyball, Barrenturnen, Klettern und Bouldern: „Wir machen vieles wie andere Sportler, nur mit anderen Voraussetzungen“, sagt Eller. So baut er jeden Geschicklichkeitsparcours zweimal auf, damit ihn auch die Langsameren in ihrem Tempo absolvieren können. Für die junge Rollstuhlfahrerin stellt er einen „Krabbel-Parcours“ zusammen.

TV-Jahresfeier ein Höhepunkt

Erfolgserlebnisse gibt es auch in sozialer Hinsicht für die Behindertensportler: Die jährliche Teilnahme an der TV-Jahresfeier mit einem Auftritt ist einer der Höhepunkte und mit der Abteilungsversammlung zur Fasnachtszeit in der „Chläbi“ sind sie laut Eller „in Altweil voll integriert“. Boccia-Turniere, Ausflüge und der jährliche Besuch im Europapark über die Aktion „Frohe Herzen“ halten die Gruppe auch intern zusammen.

Das Einzugsgebiet der Behindertensportgruppe reicht von Eimeldingen über Maulburg bis nach Adelhausen. Laut Eller gibt es bislang außer dem TV keinen Verein im Landkreis, der Behindertensport im Freizeitbereich anbietet. Deshalb sind auch drei Paralympics-Teilnehmer regelmäßig dabei, darunter die Gold- und Silber-Judokas des Judo-Club Grenzach-Wyhlen, Daniel Herterich und Christoph Reiser.

„Die sind körperlich oberfit“, sagt Eller. Auch hier achtet er auf Ausgewogenheit: Beim Korbball dürfen sie zwei Körbe werfen, danach zählt der Treffer erst wieder, wenn es ein anderes Teammitglied versucht hat. Auch Nicht-Behinderte kommen zu den Treffs. Dabei hat Eller festgestellt, dass die Fähigkeiten unterschiedlich verteilt sind: „Hand-Augen-Koordination, Purzelbaum, selbst Rückwärtsgehen: Das bereitet auch nicht behinderten Menschen Schwierigkeiten.“

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