Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Heimspiel“ besuchte am Mittwochnachmittag Unternehmer Jörg Hieber den Treffpunkt der VHS-Herbstzeitlosen im Gewölbekeller des Alten Rathauses. Dort erzählte er im kurzweiligen Gespräch mit VHS-Außenstellenleiter Hanspeter Vollmer aus seinem Leben und gab Einblicke in das Erfolgsrezept der Hieber-Märkte. Von Silvia Waßmer Weil am Rhein. Zahlreiche Titel schmücken den Lebensweg des erfolgreichen Unternehmers Jörg Hieber, der seine zwölf Märkte zu einem Vorzeigemodell in der Lebensmittelbranche gemacht hat: „Unternehmer des Jahres“, „Edeka-König“, „Top-Kaufmann“. So lauten ein paar der zahlreichen Auszeichnungen. Hinter dem Erfolg verbirgt sich immer ein Mensch – das versuchte Hanspeter Vollmer im Gespräch mit ihm zu beleuchten. Die Geschichte begann 1966 in einem kleinen, etwas abseits gelegenen Laden in der Wiesentalgemeinde Höllstein. „Ich war ein kleiner Konditormeister in einem Weiler Café und habe mit meiner Frau eine Wohnung gesucht“, erzählte Hieber. Dabei hätten sie die Anzeige einer Wohnung mit Ladengeschäft in Höllstein gesehen und sich entschieden, dort hinzugehen. In der schwierigen Anfangszeit habe er dann regelmäßig nach Feierabend noch Konditorwaren hergestellt und diese – um den Lebensunterhalt der Familie zu sichern – auf Messen verkauft. Als eine junge Italienerin ins Geschäft reinschnupperte und später eine Ausbildung begann, sei dies ein „absoluter Glücksfall“ gewesen, erzählte Jörg Hieber. Habe die italienische Kundschaft doch nun alles bei ihnen im Laden gekauft und außerdem Dinge gewollt, die so in Deutschland nicht bekannt waren. „Auf einmal hatten wir Produkte, die es sonst nirgends gab“, erinnerte sich der dynamische und immer nach vorne blickende Unternehmer. Auch sei er immer, wenn Frauen aus dem Dorf vom Einkauf zurückgekommen seien, mit einem Korb voll Zigaretten nach draußen geeilt und habe – um mit den Damen ins Gespräch zu kommen – „100-mal am Tag“ den Automaten aufgefüllt, blickte er schmunzelnd zurück. Aus seiner Kindheit und Jugend erfuhren die zahlreichen, interessierten Besucher, dass der Geschäftsmann wegen des Kriegs insgesamt nur sechs Jahre Schulbildung hatte und ein „sehr krankes Kind“ gewesen sei. Unter anderem habe er ein dreiviertel Jahr wegen Typhus in Quarantäne verbracht. „Mit 14 bin ich dann in die Fremde gegangen und als Konditorlehrling in Stuttgart untergekommen“, schilderte Hieber weiter. „10 000 Kilometer im Jahr mit dem Fahrrad sind normal“ Schon immer von der Seefahrt fasziniert, zog es ihn mit 18 nach Bremerhaven, wo er eine Anstellung auf einem Schiff suchte. „Ich wollte unbedingt auf See“, sagte er und bekannte: „Ich habe einen unheimlichen Freiheitsdrang“. Nach einem Vierteljahr Wartezeit konnte er schließlich auf einem Schiff in Southampton anfangen – ohne allerdings ein Wort Englisch zu sprechen. Zum Sport kam der gelernte Konditormeister durch ein paar Kundinnen aus Höllstein, die ihn überredeten, bei einer Gruppe Jedermänner mitzumachen. Heute seien für ihn 10 000 Kilometer mit dem Rad im Jahr normal und 40 Tage Ski fahren pro Saison „Pflicht“, verriet er im Gespräch und betonte: „Bewegung ist das A und O.“ Beim Thema Ernährung vertritt Hieber das Motto „alles zur rechten Zeit in Maßen“. Auch ist er einem Glas Wein am Tag nicht abgeneigt. Wichtig ist ihm zudem sein Mittagsschlaf, für den ihm – durch jahrelanges Training – schon drei Minuten reichen. Auf den Erfolg der Hieber-Märkte angesprochen, erklärte der Seniorchef und Beiratsvorsitzende, dass es im Unternehmen eine klare Faustregel gebe: „Ich kann von niemandem etwas verlangen, was ich nicht selbst bereit bin zu tun.“ Außerdem bezeichnete er die Mitarbeiter als das „höchste Gut“, machen sie doch 75 Prozent des Erfolges aus, während Gebäude und Ware/Preis nur zu je 15 Prozent eine Rolle spielen. Ebenso erläuterte Jörg Hieber kurz seine Philosophie der fünf A’s („Alles anders als alle anderen“) und nannte als Beispiele dafür die Regalhöhe von 1,60 Meter oder den Abbau der so genannten Quengelware an der Kasse. Zum Abschluss des „Heimspiels“, das einen aufschlussreichen Blick auf eine Persönlichkeit mit einem beeindruckenden Werdegang eröffnete, bedankte sich Vollmer bei dem Gast für das gute Gespräch. Und Caro Lefferts, die Leiterin der Herbstzeitlosen, überreichte Jörg Hieber ein kleines Präsent mit Produkten, „die es nicht bei Hieber zu kaufen gibt“.