Von Jürgen Scharf Weil am Rhein. Warum braucht es alte Instrumente, wenn man Haydn und Bach auch auf modernen so schön zum Klingen bringen kann" Das fragte man sich beim Auftritt des Cellosolisten Wen-Sinn Yang in der „Willa Musica“-Reihe in Weil am Rhein. Er hat sich den Musikern des Südwestdeutschen Kammerorchesters Pforzheim dahingehend angepasst, dass er das Haydn-Konzert sehr impulsiv auf einem modernen Instrument mit Stahlsaiten spielt. Auch die Zugabe, eine Allemande aus der dritten Cellosuite von J.S. Bach, die er extra aufführt, weil wir hier im Alemannischen an der deutsch-schweizerischen Grenze sind, spielt Yang nicht historisch, aber auch nicht romantisch wie früher, sondern in der Phrasierung durchaus historisch informiert, wie das heutzutage ja üblich ist. Der schweizerisch-taiwanesische Cellist war der Solist beim dritten Meisterkonzert der „Willa Musica“-Reihe im nicht vollbesetzten Haus der Volksbildung. In Haydns erstem Cellokonzert in C-Dur, das lange verschollen war und erst Anfang der 1960er Jahre wiederentdeckt wurde, präsentiert sich Yang, einige Jahre Erster Solocellist im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und zurzeit an der Münchner Musikhochschule lehrend, in Hochform und guter Spiellaune. Sein ebenso kraftvoller wie blühender Ton kann überzeugen; die Kadenz gelingt ihm höchst virtuos, das Adagio ohne romantische Schlenker. Auch spielt Yang vibratoarm, relativ trocken, dafür leidenschaftlich, immer präzise und differenziert, mit einem mitreißenden musikalischen Impetus bis in den Schlusssatz hinein. Eine magistrale Interpretation, wie sich das für ein Meisterkonzert gehört. Als „Regiefehler“ bezeichnete Wen-Sinn Yang seine – übrigens auf hohem technischem Niveau stehende und mit musikalischer Wärme, Poesie, Tiefe und Imagination einhergehende – Bach-Zugabe. Eigentlich war Tschaikowskys Andante cantabile vom Solisten als Zugabe angekündigt. Gedacht war dieser schöne kantable Gesang, eine zutiefst russisch anmutende Melodie, als passende Überleitung zum zweiten Teil mit dem einzigen Programmpunkt, Tschaikowskys populärer Serenade für Streicher. Diese Serenade in der Stilistik Mozarts aus der Feder Tschaikowskys schlug programmatisch stimmig den Bogen zum Anfang des Konzerts mit Mozarts Adagio und Fuge c-Moll (KV 546), ein Spätwerk, das anders klingt, als man sich Mozart gemeinhin vorstellt, nämlich mehr nach Bachs komplexer Kontrapunktik. Georg Mais am Pult sorgt nicht nur bei Tschaikowskys Streicherserenade für eine frische und tadellose Wiedergabe. Er animiert die Musiker des Südwestdeutschen Kammerorchesters blick- und gestenreich ebenso zu engagiertem Spiel in der Mozart-Fuge und zu aufmerksamem, reaktionssicherem Begleiten in den Cellosolowerken. Vielleicht kann man sogar sagen, Mais’ gestisch ausdrucksvoller Dirigierstil – der langjährige Gastdirigent der Pforzheimer führt floretthaft-elegant und punktgenau den Taktstock – befeuert geradezu das Espressivo-Spiel. Daneben kamen in Tschaikowskys klangüppiger Streicherserenade der Wohlklang und das Elegische in den einzelnen charakteristischen Sätzen gut zum Ausdruck. Die Zugabe war überraschend und schmissig: eine Streicherbearbeitung des wohl bekanntesten aller Tangos, „La Cumparsita“, der sonst nicht bei klassischen Konzerten, sondern bei Milongas als Rausschmeißer dient.