Von Daniela Buch Weil am Rhein. SPD-Landtagsabgeordneter und Justizminister Rainer Stickelberger war am Mittwoch- nachmittag zu Gast beim Treffpunkt der VHS-Herbstzeitlosen im Gewölbekeller des Alten Rathaus. Vor den rund 60 Besuchern sprach er über Persönliches, Menschliches und Politisches. Hanspeter Vollmer, Leiter der VHS-Außenstelle Vorderes Kandertal und Exkursionsführer bei den Herbstzeitlosen, führte das Gespräch, das viele kurzweilige Momente hatte, zuweilen gar einem munteren Schlagabtausch glich, der die Zuhörer zum Lachen brachte, aber auch nachdenkliche und ernste Themen ins Blickfeld rückte, darunter die Jugendkriminalität, die Verjährungszeiten bei Straftaten, das Spannungsfeld zwischen  staatlicher Fürsorge und Elternrecht, politische Demonstrationen oder die aktuelle Flüchtlingskrise. Stickelberger wünschte sich hier mehr Solidarität der europäischen Staaten untereinander. Seit Wochen erlebe er jeden Tag, wie im Rahmen der Erstunterbringungspflicht in Baden-Württemberg binnen weniger Stunden 700 Flüchtlinge untergebracht werden müssten. Dass dies gelinge, sei den Anstrengungen vieler Helfer und Einsatzkräfte zu verdanken, vor denen man nicht genug Respekt zollen könne. „Der Rechtsstaat bewährt sich in der Krise. Das ist meine These”, sagte er. Patentlösungen gebe es nicht, jedoch gelte es, die Fluchtursachen in den Herkunftsländern zu beseitigen und direkt in den Ländern über die tatsächlichen Verhältnisse aufzuklären. Denn in Deutschland gebe es immer mehr Menschen, die von Armut betroffen seien: „Wir dürfen nicht so tun, als ob wir das alles wegstecken können.” Das Gespräch lief unter dem Titel „Heimspiel” –   schließlich liegen die Wurzeln Rainer Stickelbergers in der Region. Von 1984 bis 1992 war er Bürgermeister der Stadt Weil am Rhein. Er lebt mit seiner Familie bis heute in Haltingen. „Für manche Haltinger wäre es immer noch ein Auswärtsspiel. Aber ich sehe das globaler”, meinte Rainer Stickelberger schmunzelnd zu seinem Auftritt in Weil. Seinen Berufswunsch aus Kinderzeiten – Kriminalpolizist – würde er heute „mit Sicherheit gerade nicht” ergreifen wollen, denn dieser sei so schwierig und verantwortungsvoll wie nie zuvor. „Die Angriffe auf Polizisten nehmen zu, gleichzeitig nimmt der Respekt vor Institutionen ab”, sagte Stickelberger. Vorbilder und Gründe, in die Politik zu gehen, seien für ihn drei gewesen: Bundeskanzler Willy Brandt, das Elternhaus und Lehrer der  Geschichte und Gemeinschaftskunde in der Schulzeit. Seit 2001 ist Rainer Stickelberger Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg. Eine solide Berufsausbildung zu haben und eigene Erfahrungen aus der Arbeitswelt mitzubringen, seien für einen Politiker wichtig, erklärte der studierte Jurist, der früher unter anderem als Rechtsanwalt in Lörrach und als Richter an den Verwaltungsgerichten Freiburg und Karlsruhe tätig war. Abgeordneten, die vom „Kreißsaal aus in den Hörsaal und dann in den Plenarsaal” gelangten“, fehle oftmals die Bodenhaftung. Unerlässlich sei auch der Kontakt zu Menschen aus dem Wahlkreis, die einem deutlich die Meinung sagten. „Vieles im politischen Leben geht mir nicht schnell genug”, bekannte Stickelberger und stellte  fest: „Aber meine Ungeduld motiviert mich.” Ob er  angesichts von Schlagzeilen in den Medien und öffentlicher Kritik noch gut schlafen könne" „Mit Kritik muss man leben, auch wenn sie häufig verkürzt oder überspitzt ist. Es geht einem schon mal an die Nieren, härtet aber auch ab. Und man selbst ist ja auch nicht immer schüchtern, wenn es ums Austeilen geht”, antwortete der Justizminister. Im kommenden Jahr werde er  wieder für den Landtag kandidieren, kündigte Stickelberger an. „Und wenn ich nicht gewählt werde, kann ich ja regelmäßig zu den Herbstzeitlosen kommen”, stellte er fest, und sprach dadurch an die Organisatoren um Carolin Lefferts indirekt ein Lob für das ansprechende Programm aus. So etwas wie die Herbstzeitlosen gebe es in Stuttgart leider nicht: „Ich werde das anregen.”