Weil am Rhein Provoziert, attackiert und beleidigt

Weiler Zeitung

Übergriffe: Auch Weils Polizei registriert immer öfters mangelnden Respekt und zunehmende Aggressivität

Von Siegfried Feuchter

Landauf, landab klagen Polizeibeamte über mangelnden Respekt und zunehmende Aggressivität bei ihren Einsätzen. Sie werden häufiger Opfer von Gewalt und Beleidigungen. Auch die Polizisten des Weiler Reviers sind verstärkt davon betroffen, wie die Zahlen belegen.

Weil am Rhein. Wie äußern sich verbale und körperliche Attacken im Weiler Polizeialltag? Das wollte unsere Zeitung von Kathrin Mutter wissen. Die Weiler Revierchefin fordert in dem Zusammenhang auch ein entschiedenes Einschreiten der Justiz.

Wie äußern sich mangelnder Respekt und zunehmende Aggressivität gegenüber Polizeibeamten im Alltag?

In vielfältiger Form. Dazu zählen einfache, gefährliche und schwere Körperverletzung, Beleidigungen, Nötigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Gewalt aus Gruppen heraus, Verhinderung von Gewahrsamnahmen oder gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr bei Verkehrskontrollen.

Stellen Sie eine zunehmende Gewaltbereitschaft fest?

Gefühlt in jedem Fall, und wenn ich mir die Zahlen anschaue, dann belegen sie diese Feststellung. Hatten wir im Jahr 2014 noch 17 Straftaten im Bereich des Polizeireviers Weil am Rhein, so waren es 2015 bereits 25. Im vergangenen Jahr gab es nochmals eine Steigerung auf 36 Fälle. Und in diesem Jahr kann ich ebenfalls eine steigende Tendenz erkennen. Zu diesen Zahlen kommen die zahlreichen Beleidigungen noch hinzu.

Hat es bei den Übergriffen auch verletzte Polizeibeamte gegeben?

Ja, im vergangenen Jahr gab es fünf Körperverletzungen. Das hört sich zwar nicht viel an, doch es sind fünf verletzte Mitarbeiter zu viel. Und 46-mal wurden Polizeibeamte bei ihrer Arbeit beleidigt. Es ist generell ein sinkender Respekt gegenüber Polizeibeamten und eine abnehmende Akzeptanz polizeilicher Maßnahmen zu verzeichnen. Immer wieder spitzen sich vermeintlich einfache Situationen wie Personenkontrollen oder das Einschreiten bei Ruhestörungen unnötigerweise zu. Oft werden polizeiliche Maßnahmen bewusst gestört, um die eingesetzten Polizeibeamten zu provozieren.

Sind es meist junge Leute, die durch Übergrife auffallen, oder Leute aus allen Altersschichten?

In vielen Fällen sind es Heranwachsende, die teilweise schon polizeibekannt sind und die absichtlich Anordnungen nicht befolgen im Bewusstsein, es passiert ihnen ja nichts. Es sind aber auch Personen ab 30 Jahren, die sich massiv wehren und beleidigend werden. In den meisten Fällen handelt es sich um junge Männer.

Verfolgt die Justiz solche Attacken nicht konsequent genug?

In dem einen oder anderen Fall wäre es schon wünschenswert, die Justiz würde mit mehr Nachdruck einschreiten. Dann nämlich, wenn Jugendliche schon mehrfach durch Gewalt aufgefallen sind.

Was kann präventiv gegen Übergriffe getan werden?

Polizeilich müssen wir konsequent einschreiten und unsere Maßnahmen durchsetzen. Hinzu kommt, dass Straftaten gegen Polizeibeamte entsprechend bestraft werden. Prävention durch Repression! Wichtig sind aber auch ein öffentlicher Diskurs, die Schaffung eines Problembewusstsein und Bildung. Was uns auffällt: Oft mischen sich Unbeteiligte bei normalen Kontrollen ein. Zuweilen bilden sich Trauben von Menschen, wobei der Polizeieinsatz mitunter gefilmt und unser Handeln herabwürdigend kommentiert wird. Bei Gruppen gibt es oft einen Rädelsführer, der sich offen gegen die Polizei stellt.

Die Polizeigewerkschaft fordert mehr Anstrengungen bei der Erziehung und der Vermittlung von Werten.

Das ist ganz auch in unserem Sinn. Jeder Übergriff gegen die Polizei ist auch ein Übergriff gegen unsere Gesellschaft und unser Wertesystem. Kindern muss schon von klein auf Respekt vor anderen Menschen und Respekt vor dem Eigentum anderer vermittelt werden.

Die Weiler Polizei gehörte zu den Revieren, die Bodycams testen durften. Ist deren Einsatz hilfreich?

Ja. Wir haben jedenfalls positive Erfahrungen während der mehrwöchigen Testphase gemacht. Die Konfrontationen haben nachgelassen, und Jugendliche sind gegenüber der Polizei zurückhaltender, wenn sie die kleine Kamera sehen. Auch die Zahl der Übergriffe ging während der Testphase deutlich zurück. Wenn trotzdem der Fall eintritt, dass etwas strafrechtlich verfolgt werden muss, dann können Staatsanwaltschaft und Richter bei Vorlage einer Filmsequenz den Sachverhalt besser greifen als durch eine Niederschrift. Das hat eine ganz andere Wirkung. Der Landtag hat dem Einsatz von Bodycams bereits zugestimmt. Deshalb hoffe ich, dass wir bald Körperkameras bekommen.

Halten Sie die Schutzausrüstung der Polizei für ausreichend?

Ja, es wurde in den zurückliegenden Jahrzehnten ordentlich investiert. Die Ausrüstung muss natürlich ständig angepasst, überprüft und weiterentwickelt werden. Beispielsweise muss auch geprüft werden, ob Strompistolen ein taugliches Mittel bei Polizeieinsätzen sind.

Werden Polizeieinsätze auch zunehmend zu einer Belastungsprobe für die Einsatzkräfte?

Ja, es geht schon an die eigene Substanz, wenn man unvermittelt angegriffen wird. Zwar reagieren die Polizeibeamten professionell, doch im Nachhinein kommt man schon ins Grübeln, wenn man bedenkt, was hätte passieren können.

Ein Beispiel?

Ich erinnere mich noch gut an den Fall, als eine Nachtschicht nach bereits mehreren Einsätzen, auch körperlichen Angriffen gegen sich, nach Alt-Weil wegen einer Aggression eines eines amtsbekannten aggressiven und gewalttätigen Jugendlichen ins elterliche Anwesen gerufen wurde. Schließlich kam er nach Drohungen mit einer Waffe heraus. Zum Glück haben die Kollegen sofort erkannt, dass es sich um eine Spielzeugwaffe handelt. So etwas hätte schiefgehen können. Nach zehnstündiger Nachtschicht standen die Kollegen unter Dauerstress.

Noch ein anderes Beispiel: Über einen anonymen Anruf wurden wir nachts zu einer größeren Schlägerei auf den Rathausplatz gerufen. Mit drei Streifen fuhren wir hin. Beim Aussteigen wurden sofort Steine gegen die Polizeibeamten geworfen. Anschließend flüchteten die 15 Personen, die sich hinter dem Brunnen versteckt hatten. Das war ein geplanter Hinterhalt. Umso glücklicher bin ich, dass wir über DNA-Spuren an den Steinen Tatverdächtige ermitteln konnten.

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