^ Weil am Rhein: Solidarität auf allen Ebenen gefragt - Weil am Rhein - Verlagshaus Jaumann

Weil am Rhein Solidarität auf allen Ebenen gefragt

Weiler Zeitung

Flüchtlingsthema wird bei der Gesprächsrunde „Auf ein Wort mit OB Dietz“ von vielen Seiten beleuchtet

Von Daniela Buch

Weil am Rhein. Antworten auf politische und persönliche Fragen gab Oberbürgermeister Wolfgang Dietz am Donnerstagabend vor rund 30 Besuchern bei der Gesprächsrunde des CDU-Stadtverbands im Hadid-Bau. Als zentrales Thema nahm vor allem die Flüchtlingskrise viel Raum ein.

Ulrike Smit, Vorsitzende des CDU Stadtverbands, leitete den Gesprächsabend, der im Verlaufe des zweistündigen „offiziellen“ Teils nicht nur aktuelle Fragen aus der Stadt- und Kommunalpolitik zum Gegenstand hatte, sondern auch die Arbeit als Stadtoberhaupt und den Menschen Wolfgang Dietz einmal näher vorstellen sollte.

Aus vielen Perspektiven angesprochen wurde das Thema Asyl. Wie organisiert und finanziert Weil am Rhein die Anschlussunterbringung? Im Jahr 2014 wurden 24 Personen untergebracht, im laufenden Jahr 2015 sind es aktuell mehr als 50 Personen, laut Prognose vom 1. Juni werden es bis zum Jahresende 93 Personen sein. „Nun weiß jeder, was seit dem 1. Juni passiert ist. Was oben reinkommt, kommt auch unten an. Es ist nur eine Frage des Zeitpunkts“, meinte Dietz.

Gesamtgesellschaftliche Verpflichtung

Ob er die Befürchtung habe, dass es auch in Weil am Rhein zu Demonstrationen vor Flüchtlingsunterkünften wie beispielsweise in Heidenau kommen könnte, und sich Politiker, die daran Kritik übten und Zivilcourage zeigten, auch üblen Beschimpfungen ausgesetzt sein würden? Er sei kein Mensch der Spekulationen, äußerte sich Dietz, betrachte die Flüchtlingshilfe und Integration der Menschen aber als gesamtgesellschaftliche Verpflichtung.

Jeder, der sich in der Fremde befinde, könne den Verlust von Heimat nachempfinden, daher sei Mitgefühl mit jenen, die ihre Heimat verlassen und sich auf den Weg gemacht hätten, geboten. Der Aussage „wir können es packen“ wolle er allerdings hinzufügen „indem wir andere Sachen zurückstellen.“ Der Tag werde kommen, an dem der Gemeinderat darüber zu entscheiden habe, ob Geld für die Flüchtlingshilfe oder für ein lange gewünschtes Projekt ausgegeben werde.

Die Gemeinschaftsunterkünfte reichten nicht mehr aus, die Erstaufnahmestellen seien überfüllt, sämtliche Landkreise seien auf der Suche nach Notbehelfsunterkünften. Die Suche nach Möglichkeiten der Zeltunterbringung dauere im Landkreis Lörrach immer noch an. „Mir fällt es schwer, mir vorzustellen, Menschen in einem Zelt unterzubringen“, sagte Dietz. Auch sogenannte „Komfortzelte“, wie es Ministerpräsident Kretschmann ausgedrückt habe, seien „keine adäquate Unterbringung in Europa im Winter des Jahres 2015/16“.

70 Personen in Weil eine bescheidene Masse

Solidarität sei auf allen Ebenen gefragt, Debatten änderten am Ergebnis und der Notwendigkeit nichts. Im Gegensatz zu einer Gemeinschaftsunterkunft mit 300 Personen wie in Efringen-Kirchen, handle es sich bei den 70 Personen, für die in den beiden Zollhäusern in Otterbach eine Unterkunft hergerichtet wurde, um eine bescheidene Masse, befand Dietz, und ließ den Vorwurf, die Anwohner seien nicht rechtzeitig informiert worden, nicht gelten.

Werden wir Zeugen einer Völkerwanderung? „Ich sehe es als eine solche an“, sagte Dietz. Im 19. Jahrhundert sei der Schwarzwald ein Armenhaus gewesen und viele Menschen seien nach Amerika ausgewandert. Damals freilich bestand die Kommunikationstechnologie aus Briefe schreiben, um den Daheimgebliebenen von den Möglichkeiten zu berichten, heute geschehe dies mittels Smartphone in wenigen Sekunden.

In Deutschland werde für alles demonstriert, gerade an den Universitäten. Umso weniger verstehe er, warum nirgends eine Demonstration gegen den IS stattfinde? Seit Monaten treibe der IS die übelsten Dinge mit den Menschen, köpfe die Leute, hacke Gliedmaßen ab und zerstöre Kulturdenkmäler. „Das ist nichts anderes als Faschismus unter der Flagge einer Religion“, stellte er fest.

Vornehmlich sei es Sache der Außenpolitik, die Ursachen für die Flüchtlingsbewegungen anzugehen, müssten sich die europäischen Außenminister auf ein Vorgehen einigen, um zur Beendigung der Konflikte beizutragen. Angesichts der aktuellen Situation in Europa „blute ihm das Herz“, die Flüchtlingskrise indes komme ihm etwa 20 Jahre zu spät. Damals habe es noch Staatenlenker gegeben, die zumindest die Nachkriegssituation noch bewusst miterlebt hätten und daher um die Wertigkeit Europas wüssten. Bundeskanzlerin Angela Merkel sei die letzte ihres Standes, die dieses noch verinnerlicht habe.

Festung Europa mit einem Zaun?

Warum die NATO zulasse, dass Millionen von Menschen ohne Registrierung einströmten, obwohl bekannt sei, dass sich mehr als 1000 Terroristen unter die Flüchtlinge gemischt hätten, warum Ungarn dafür kritisiert werde, dass es durch die Sicherung der Außengrenze geltendes EU-Recht einhalte, und warum über die Gefahren in den Medien kaum berichtet würde, fragte ein ehemaliger Militärangehöriger unter den Besuchern. „Wäre die deutsche Gesellschaft in der Lage zuzusehen, wie sich eine Festung Europa mit einem neuen Zaun umgibt? Ich habe meine Zweifel“, erwiderte Dietz.

Weitere Informationen: Über weitere kommunalpolitische Themen des Abends, die Diskussionsrunde des OB mit Bürgern und die persönlichen Aspekte berichten wir noch.

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