Weil am Rhein Suche nach der Unsterblichkeit

Weiler Zeitung
Zwischen Antike und Moderne: Das Spielzeitteam von Tempus Fugit inszenierte vielschichtig das Gilgamesch-Epos. Foto: Ursula König Foto: Weiler Zeitung

Tempus Fugit faszinierte mit einer zeitgenössischen Version des Gilgamesch-Epos

Von Ursula König

Weil am Rhein. „Was du suchst wirst du nicht finden, denn als die Götter den Menschen erschufen, behielten sie die Unsterblichkeit für sich.“ Der Hochmütige, der mit sich Ringende und der von Schicksalsschlägen geläuterte: Das Leben des Gilgamesch wurde im zweiten Jahrtausend vor Christus auf Tontafeln geschrieben und gilt als das früheste schriftlich überlieferte Zeugnis der Menschheit. Und doch wurde die Legende um den despotischen Herrscher von Uruk, der vermutlich zwischen 2750 bis 2600 vor Christus in Mesopotanien lebte, relativ spät als kulturelles Erbe der Menschheit erfasst.

Es war ein mutiger Schritt der 16 jungen Erwachsenen des Freien Theaters Tempus Fugit, die unter der Regie von Vaclav Spirit das Stück am Donnerstag im Kesselhaus aufführten und damit ihre Abschlussarbeit präsentierten. Die Inszenierung spannt nicht nur den Bogen weit in die Vergangenheit, sondern verankert die Thematik glaubwürdig in einer zeitlosen Gegenwart und setzt gebündelte Dramatik um, die keine Tabuthemen ausspart.

Der Herrscher Gilgamesch (Anselm Müllerschön) und sein Gegenspieler Enkidu (Lennard Walter), der sein bester Freund wird und nach dessen Tod Gilgamesch nicht mehr zu seinem vertrauten Selbst zurück findet: Zwischen einem unbeseelten Lehmklumpen und unsterblicher Göttlichkeit sind die beiden Helden der Geschichte anzusiedeln. Doch der Status kann sich ändern, in beide Richtungen. Macht, Eros, Freundschaft und der Wunsch nach Unsterblichkeit: Die jungen Darsteller auf der Bühne wagen sich an große Themen und schaffen mit einer gewissen Unbekümmertheit und Leidenschaft starke Kontraste, die glaubwürdig nachvollziehen lassen, dass innere Kämpfe mit Zerrissenheit verbunden sind, und erotische Liebe und bindende Freundschaft so endlich ist wie das Leben selbst.

„Was du suchst, wirst du nicht finden“: dieser Satz verfolgt Gilgamesch nach dem Tod seines Freundes, der ihm wie ein Bruder war. Dabei wurde Enkidu ursprünglich erschaffen, um dem machtverliebten König ein würdiger Gegenspieler zu sein. Enkidu, der in der Wildnis mit Tieren aufwächst, wird in einem Reifeprozess zum Menschen, während Gilgamesch sich von der anderen Seite, vom fast göttlichen Status annähert.

Es wird mitunter recht laut auf der Bühne. Die Kämpfe der Männer und das aufgebrachte Schreien der Frauen wechseln sich ab mit leiseren Tönen. Mit der Musik von Anne Ehmke etwa, die mit Liedern voller Sehnsucht, die den Geliebten zurück rufen sollen, den Brückenschlag in die heutige Zeit sucht. Ein weiblicher Narr bringt zudem Farbe ins Geschehen, auch mit Texten von Shakespeare, Villon oder gregorianischen Sprichwörtern. Auch hierbei zeigt sich die große Leistung der Inszenierung. Die Geschichte der Menschheit wird als Prozess begriffen, der so lange im Werden ist, bis die wesentlichen Fragen beantwortet sind. Daran hat sich auch über Jahrtausende wenig verändert.

Weitere Darsteller: Lisa Feller, Lilly Tiemeyer, Raka Korngiebel, Edwin Engesser, Johanna Jeske, Kiki Knolle, Luise Maria Schmidt, Laura Huber und Jana Haberkern.

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