Von Renate Wendt Weil am Rhein-Haltingen. Gezielt läuft „Estrela“ zu dem ersten Blumentopf, der umgekehrt auf dem Dressurplatz auf der Reitanlage im Haltinger Niederried positioniert ist. Neugierig hebt die Lusitano-Stute mit ihrer Pferdeschnauze den Topf an, um zu sehen, was darunter liegt. Danach bleibt sie stehen und wartet, bis ihre einige Meter entfernt stehende Besitzerin mit ruhiger Hand auf den zweiten Blumentopf deutet. Erst dann marschiert sie los, um auch unter dem nächsten Topf nachzusehen. Schließlich könnte sich darunter versteckt ein Leckerli befinden. Was hier eine einstudierte Zirkus-Nummer vermuten lässt, basiert auf einer natürlichen, entsprechend dem Wesen und Verhalten des Pferdes behutsam aufgebauten Kommunikation, die für eine Beziehung und Partnerschaft zwischen Pferd und Mensch Voraussetzung ist. Klaudia Duif, Mitglied des Reitvereins „Dreiländereck“ in Haltingen, erwarb diese Fähigkeit, spielerisch und ohne jeglichen Druck mit ihrem vielseitig talentierten Pferd zu kommunizieren, sodass sie zusammen perfekte Partner sind. Dank „Estrelas“ sehr guter Basis konnte Klaudia Duif ihre Kenntnisse zusätzlich für den weiteren Ausbau in der klassischen Dressur anwenden, die zu ihrer großen Leidenschaft gehört. Partnerschaft aufbauen Als Fundament für den Pferde-Mensch-Dialog dienen der 45-Jährigen die erworbenen Grundsätze von Pat Parelli. Der aus dem kalifornischen Oakland (USA) stammende Rodeo-Reiter beobachtete lange das natürliche Verhalten der Pferde, bevor er seine Seminare über die Prinzipien des „Parelli Natural Horsemanship“ aus der Taufe hob. Parelli zufolge bedeutet „Horsemanship“ so viel wie die Gewohnheiten und Fertigkeiten zu erlernen, die Mensch und Pferd benötigen, um eine Partnerschaft aufzubauen. Pferdesprache lernen In diesem in mehrere Bereiche und Stufen aufgeteilten Lehrprogramm hat sich Klaudia Duif intensiv ausbilden lassen und vermittelt nun selbst nach entsprechender in Colorado/USA erfolgter Qualifikation ihr Wissen als lizenzierte Parelli-3Sterne-Instruktorin an alle interessierte Reiter und Pferdefreunde. Dabei spielen weder Reitweise noch Pferderasse eine Rolle. Außerdem bildet sich die Instruktorin selbst noch ständig weiter, unter anderem auch schon bei Linda Parelli, der Ehefrau von Pat Parelli. Das Parelli-Programm orientiert sich nach der Art und Weise, wie Pferde in einer Herde untereinander kommunizieren. Dabei sollen Menschen sich idealerweise nicht wie Menschen oder Raubtiere, sondern eben wie Pferde verhalten. „Wir müssen die Pferdesprache lernen und nicht umgekehrt, die Bedürfnisse erkennen und verstehen“, erklärt Klaudia Duif. Wer hätte schließlich gedacht, dass ein Pferd über etwas nachdenkt, wenn es sich das Maul leckt. Wie am Beispiel des eingangs erwähnten Spiels mit den umgekehrten Blumentöpfen wurde der Lusitano-Stute nach der richtigen Reaktion als positive Verstärkung Zeit gelassen, da Pferde vor allem Pausen benötigen. Lässige Körperhaltung Wenn Klaudia Duif ihr Pferd sattelt, geht sie langsam vor, um einen Komfort zu schaffen und die Situation so angenehm wie möglich zu gestalten. Jedes Teil, ob Sattelzeug oder Zaum, zeigt sie zuerst ihrem Pferd, damit es die Sachen begutachten kann. Sogar beim Aufsteigen –abwechselnd auch mal von rechts – verharrt sie im Bügel und wartet mit dem Aufsitzen, um die positive Reaktion ihres Pferdes abzuwarten. Das Gleiche in punkto Respekt gilt auch für verschiedene Berührungen des Pferdes wie etwa am Kopf im Gesichtsbereich. Dies könnte seitens des Pferdes als zu aufdringlich oder gar als Belästigung empfunden werden. Idealerweise nähere man sich langsam mit der Hand dem Pferd und wartet ab, bis es mit Anstupsen der Hand signalisiert, dass ihm ein Körperkontakt angenehm ist. Wie Klaudia Duif zudem demonstrierte, sollte man auch nicht steif und aufrecht, sondern locker und in lässiger Körperhaltung vor dem Pferd stehen. Dies vermittle Ruhe und Komfort in einer sicheren Umgebung. Das Parelli-Programm gliedert sich in zehn Stufen, von denen derzeit aber nur die ersten vier zugänglich sind, sowie vier Lernbereiche mit den Inhalten Partnerschaft, Harmonie, Verfeinerung und Vielseitigkeit. Erreichbar sind jene Fähigkeiten mit der Bodenarbeit mit dem Seil als Aufbau einer Kommunikation, das Reiten ohne ständigen Zügelkontakt für den Vertrauensaufbau und das Entstehen der Körpersprache, die Arbeit am Boden ohne Seil als Verfeinerung und für die Schaffung einer mentalen Verbindung sowie schließlich das Reiten mit Kontakt als Vielseitigkeit. Sieben Spiele, die helfen Um die Persönlichkeit und den Ausdruck des Pferdes herauszufinden, helfen zudem sieben Spiele, die der nonverbalen Kommunikation der Pferde untereinander entsprechen. Eines dieser Spiele dient etwa dazu, Klaustrophobie zu überwinden, was beim Verladen eines Pferdes in einen Anhänger hilfreich ist. Ebenso beinhaltet es das Vorwärts- und Rückwärts-Ausbalancieren. Wenn Klaudia Duif ihre Lusitano-Stute nur ganz leicht mit dem Finger zum Rückwärtsgehen animiert, vertraut das Pferd als Fluchttier voll und ganz seiner Besitzerin.