Weil am Rhein „Wir haben ein gemeinsames Ziel“

Weiler Zeitung
Yvonne Faller im Gespräch mit SWR-Moderator Matthias Zeller, der auch gerne mal provokant frägt. Foto: Stefak Foto: Weiler Zeitung

„Weiler Gespräche“: Architektin Yvonne Faller über ihre Tätigkeit als Freiburger Münsterbaumeisterin

Von Carina Stefak

Weil am Rhein. Passend zum Gast und Thema Architektur hatte die Bürgerstiftung für die „Weiler Gespräche“ diesmal in die Business Lounge auf dem Vitra-Campus eingeladen. Die in Haltingen geborene Architektin Yvonne Faller plauderte mit SWR-Moderator Matthias Zeller über ihre Kindheit im Dreiländereck, ihren Beruf und ihre zehnjährige Tätigkeit als Freiburger Münsterbaumeisterin.

„Wie ist das mit Ihnen und den Männern“, fragt Moderator Matthias Zeller, um auf Fallers Tätigkeit am „prominentesten Arbeitsplatz Südbadens“, wie OB Wolfgang Dietz eingangs sagte, überzuleiten. Schließlich halte sich Yvonne Faller beruflich in gleich zwei Männerdomänen auf: bei den Bauarbeitern und den Klerikern. Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht, danach sagt sie ruhig und ernst: „Ich unterscheide nicht zwischen Frau und Mann, genausowenig zwischen Akademiker und Arbeiter. Wir haben ein gemeinsames Ziel, und jeder trägt seinen Teil dazu bei.“

Wie sehr Faller dies verinnerlicht hat, wird klar, wenn sie über ihre Kindheit spricht. Bodenständigkeit und Zusammenhalt hat die Bäckertochter, die in Haltingen geboren wurde und mit drei Geschwistern in Schwörstadt aufgewachsen ist, bereits im elterlichen Handwerksbetrieb kennengelernt. Beides pflegt die 50-Jährige bis heute, bei ihren 45 Mitarbeitern in der Münsterbauhütte in Freiburg.

Dorthin zog die Familie, als sie zehn war. Nach Startschwierigkeiten und Sehnsucht nach dem Hochrhein, lebte sich das Kind an der Dreisam ein. Zum Studium verschlug es Faller in die Landeshauptstadt, die „damals schon verkehrsdominiert war“. Ob sie sich in Stuttgart wohlgefühlt habe, will Matthias Zeller wissen. „Na ja“, sagt sie, „ich habe dort meinen Mann kennen gelernt“. „Wenigstens etwas“, sagt Zeller und lacht.

Erst funktional, dann dekorativ

Faller will dem Publikum Architekturgeschichte näher bringen. „Als Studentin will man die gebaute Umwelt schöner machen“, erinnert sie sich an den Beginn der 80er Jahre. Damals, so sagt sie, habe der „brutale Modernismus der 60er und 70er“ geendet, währenddessen man groß und klotzartig gebaut habe. „Als ich studiert habe, war die Postmoderne angebrochen und dekoratives Bauen wieder möglich.“ An dieser Stelle zieht Faller eine Parallele zu Frank Gehry, der „als einer der ersten aus der Quadratmoderne ausgebrochen ist“ und bekanntlich das Vitra Design Museum nebenan gebaut hat.

Noch während des Studiums wurde Yvonne Faller für eine Arbeit ausgezeichnet, für die sie sich ein Jahr Zeit genommen hat: die Planung des Hauses ihrer Mutter auf einem steilen, schmalen Grundstück in Freiburg, das als unbebaubar galt. Erfahrungen hatte die angehende Architektin durch Umbauarbeiten im großelterlichen Haus in Schwörstadt. Die Theorie habe ihr nie gereicht. „Ich wollte immer auch sehen, ob’s funktioniert.“

Nach 14 Jahren in der „Diaspora“ kehrte Faller nach Freiburg zurück und kam über Manfred Saß, damaliger Münsterbaumeister, zu ihrer heutigen Tätigkeit, die sie als „glückliche Fügung“ versteht: „Sich mit dem schönsten Gebäude der Region beschäftigen zu dürfen, ist einfach toll!“

An Freiburgs Wahrzeichen ist immer was zu tun, und die Münsterbauhütte ist „nur“ für Restaurationen am äußeren Stein zuständig. Dächer und Innenleben sind nicht ihre Baustelle. Nachdem sich die Arbeiten am Turm in der Endphase befinden – er dürfte nach heutigem Baurecht nicht mehr gebaut werden –, wendet sich Fallers Team aus Steinmetzen und Kunsthistorikern dem spätmittelalterlichen Chor zu. Die 50-Jährige faszinieren vor allem die Mittel und Methoden von früher.

Faller weist auch auf die Schwierigkeiten hin, die mit der Komplexität der Materialien einhergeht. 1200, als das Münster begonnen wurde, gab es nur eine Sorte Mörtel, heute gibt es viele Zusammensetzungen. „Oft wissen wir nicht, was alles drin ist, weil nicht alles deklariert werden muss. Da kann es zu Wechselwirkungen kommen, die unsere Arbeit erschweren.“

Auch in die Geschichte des Münsters, die Institutionen und Zuständigkeiten für Bau und Erhalt des Wahrzeichens gibt Faller interessante Einblicke. Sie erzählt mit Leidenschaft, und die Zuhörer lauschen gespannt. Sie habe eine Beziehung zu diesem Bauwerk und auch, wenn sie es nicht gebaut habe, sei es doch ein Stück von ihr. Der erste Blick aus dem Fenster am Morgen findet sein Ziel treffsicher und alles andere als zufällig.

u  www.muensterbauverein-freiburg.de

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