Weil am Rhein Zeitkritischer Gitarren-Derwisch

Weiler Zeitung
Zog alle Register des virtuosen Gitarrenspiels: Werner Lämmerhirt Foto: Gerd Lustig Foto: Weiler Zeitung

GitarrenkonzertWerner Lämmerhirt trat in der Weiler Buchhandlung Müller auf

Von Gerd Lustig

Weil am Rhein. Früher hätte er sich wohl die Finger wund gespielt, damals als 13-Jähriger, als seine Gitarre noch Saiten wie „Eierschneider“ besaß. Diese Zeiten sind für Werner Lämmerhirt, den 1949 in Berlin geborenen und auch heute noch dort lebenden Liedermacher, längst vorbei. Einschneidend ist heute allenfalls der Eindruck, den der 66-Jährige mit seiner Gitarrenkunst hinterlässt.

Inzwischen spielt er auf wahren Instrumentenperlen, selbst gebaute Gitarren, die sein leider schon vor vier Jahren verstorbener Freund Knut Welsch schuf, und entlockt ihnen beim Konzert die wunderbarsten, angenehmsten und faszinierendsten Töne – und das mehr als zwei Stunden lang. Das Publikum in der voll besetzten Buchhandlung Müller in Weil am Rhein dankte es ihm mit lang anhaltendem Applaus.

Keine Frage: Dieser Lämmerhirt ist ein begnadeter Gitarrist. Er, der seit weit über 40 Jahren on Tour ist, beherrscht vor allem die Picking-Technik par excellence. Mal groovt es, dann klingt’s jazzig und nach Swing, um später auch mal im Dreivierteltakt oder rockig angehaucht daherzukommen. Abwechslung und Improvisation sind es, mit denen der Gitarren-Derwisch punktet und was einen Lämmerhirt-Auftritt geradezu zu einem Muss für Freunde der akustischen Gitarre macht. Mal ist’s geradlinig, dann wieder verspielt und ausdrucksstark, mit großer Klangfülle und Harmonie: Werner Lämmerhirt serviert eine musikalische Variationsbreite, die man nun wirklich selten, zudem in dieser Spielfreude zu hören bekommt.

Mit unverwechselbar rauer, zumeist gehauchter Stimme singt er Texte, die sein und das Leben anderer schrieb. Dabei kann er auf einen reichhaltigen Fundus von Alt und Neu zurückgreifen. Er serviert Titel wie „Bedingungslos“, „Lass uns tanzen“, „Ein Jeder kriegt die Hektik, die er will“ oder auch „Immer hart am Abgrund“, „Wie der Hase so läuft“ oder „Warum eigentlich nicht“ und Wach doch auf“, die allein schon vom Titel her für sich sprechen. Sein ironisch-kritischer Blick auf das Leben, gepaart mit seiner spitzbübisch-verschmitzten Art sowie die zeitkritische Auseinandersetzung mit dem oberflächlichen Umgang mit politischen und gesellschaftlichen Themen wie Armut und Reichtum, Flucht und braunem Sumpf zeigen, dass er etwas zu sagen hat.

Nie wird’s indes aufdringlich, schon eher eindringlich und nachhaltig. Seine Botschaften kommen nicht per Fingerzeig rüber, sondern ehrlich, beinahe wie nebenbei und allenfalls sympathisch aufweckend. In „Einer wie Du“ rechnet er mit all den Heilsbringern, Gesundbetern und Heuchlern ab. Dann ätzt er gegen die Mächtigen. Das Leben ist nicht fair, das Geld falsch verteilt, bilanziert er. Und wenn er dann mal kratz- und beißfähige Kommentare bringt, zielen sie nie unter die Gürtellinie. „Wir löffeln brav die Suppe aus, und oben man Champagner säuft – ich weiß, wie der Hase so läuft“, singt er auf die typische Lämmerhirt’sche Art.

Poetisch fasst er seine Gefühle in Worte, in seinen Liedern und in der Ansage. Manchmal wirken seine mitunter langatmigen Moderationen ein wenig unbeholfen und banal. Aber: Auch mit inzwischen 66 Jahren ist Werner Lämmerhirt im besten Gitarrenspielalter.

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