70 Tage lang war Lothar Wiesler aus Atzenbach mit dem Fahrrad unterwegs. 5007 Kilometer legte der 65-Jährige auf seiner Tour entlang der deutschen Grenze zurück. Von Ingmar Lorenz Zell-Atzenbach. „Schon seit meiner Jugend habe ich Radtouren gemacht“, erzählt Lothar Wiesler. In der Schweiz und den Vogesen sei er häufig unterwegs gewesen. Größere Touren führten ihn zudem bereits nach Norwegen und durch große Teile Frankreichs. Den Gedanken, eine längere Fahrt durch Deutschland zu unternehmen, habe er schon seit einiger Zeit gehabt, und schließlich sei die Idee entstanden, das Land entlang der Grenze zu umrunden. Die Vorbereitungen dafür waren schnell abschlossen. Nur das Nötigste an Kleidung und Reparaturmaterialien packte Wiesler in seine drei Fahrradtaschen. Dazu einige Karten, auf denen auch kleinere Straßen verzeichnet sind. Dann machte sich der 65-Jährige am 6. Juli auf den Weg – ganz ohne Navi oder Routenplaner. Von Atzenbach fuhr er Richtung Osten und umrundete Deutschland sozusagen gegen den Uhrzeigersinn. Rund sieben Stunden verbrachte Wiesler täglich auf dem Rad. Zu essen gab es unterwegs nur etwas Obst oder Studentenfutter. „Da freut man sich dann am Abend schon auf ein Bier und ein gutes Essen“, schmunzelt Wiesler, der sich am Ende jeden Tages spontan nach einer Unterkunft umsah. Hilfsbereite und nette Menschen getroffen Zu den landschaftlich schönsten Etappen gehörten für ihn die Routen durch das Erzgebirge und entlang der Steilküste an der Ostsee. Beide Abschnitte zählten jedoch zugleich zu den anspruchsvollsten Teilen der Tour, der Weg durch das Erzgebirge vor allem aufgrund der vielen Höhenmeter. Steigungen habe es zwar an der Küste nicht mehr gegeben, dafür aber starken Gegenwind, berichtet Wiesler. Immer wieder machte er im Verlauf seiner Tour auch Abstecher in die benachbarten Länder. Wiesler blieb manchmal zum Essen oder auf einen Kaffee, gelegentlich aber auch über Nacht. Dabei lernte er vieles über den Alltag der Menschen, die ihm begegneten. Beispielsweise als er in einem kleinen polnischen Dorf ein „wunderschön eingerichtetes“ Café entdeckte, das allerdings kaum Kundschaft hatte, wie er von der Bedienung erfuhr. Auch kam er häufig mit anderen Radfahrern ins Gespräch, die ihn spontan einige Stunden begleiteten. Auf beiden Seiten der Grenze sei er auf nette und hilfsbereite Menschen gestoßen, die ihn in ihrer Wohnung übernachten ließen oder zum Arzt fuhren, als er aufgrund von Schmerzen in der Schulter beinahe zum Abbruch der Tour gezwungen gewesen wäre, berichtet Wiesler. Rückblickend habe ihm seine Deutschlandumrundung vor allem eines deutlich vor Augen geführt: „Man merkt, wie wenig Dinge man eigentlich braucht, um glücklich zu sein.“