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Zell im Wiesental Jean Oberlin ermittelt in Atzenbach

Markgräfler Tagblatt
Der „Adler“ in Atzenbach, Schauplatz in Heinz Käsingers Kriminalroman. Foto: Uli Merkle Foto: Markgräfler Tagblatt

Heinz Käsinger schrieb einen historischen Kriminalroman über das obere Wiesental

Zell-Atzenbach. Schüsse fallen am 28. Juni 1914 im bosnischen Sarajewo und treffen den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand und seine Gattin Herzogin Sophie tödlich. Der Attentäter wird festgenommen. Zwei Tote, die das Heraufziehen des Ersten Weltkrieges nur noch beschleunigen.

Ein Vorfall, der geschichtlich dokumentiert und im Geschichtsunterricht, oft zum Leidwesen gelangweilter Schüler, durchgekaut wird. Die Geschichte des dritten Toten war bislang aber gänzlich unbekannt. Diese, wenn auch fiktive Geschichte, erzählt jetzt Heinz Käsinger aus Atzenbach in seinem Krimi aus dem Südschwarzwald „Der dritte Tote“.

Der dritte Tote unmittelbar vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges ist weder im fernen Sarajewo noch in einer der Machtmetropolen des Jahres 1914 zu beklagen, sondern im oberen Wiesental, genauer gesagt in Atzenbach. Noch genauer: am Atzenbacher Bahnhöfli, nahe der Riedicher Straße. Da findet die Arbeiterin Olga Gutmann auf dem Weg zur Frühschicht in der Spinnerei die übel zugerichtete Leiche eines Redakteurs des Oberbadischen Anzeigers. Sie informiert den Bahnhofsvorsteher Karl Gersbacher, der sich beim Anblick der Leiche übergibt und selbige dann von den Schienen zieht. Denn der Frühzug des Todtnauerli naht, und er, der Gersbacher Karl, will nicht verantworten müssen, dass der Zug an seinem Bahnhof nicht pünktlich abgefertigt wird, Leiche hin, Leiche her.

Staatsanwalt Jean Oberlin ermittelt in dieser Angelegenheit und reist deshalb mit dem Einspänner von Lörrach nach Atzenbach, wo er im „Adler“, „einem aus der Zeit gefallenen Anwesen mit einem Abort hinten im Hof“, absteigt.

Die Spur führt nach Pfaffenberg

Die Arbeit für den Staatsanwalt gestaltet sich schwierig, und er muss sich tief in die Geheimnisse einer verschworenen Dorfgemeinschaft graben. Die Spur führt ihn nach Pfaffenberg, ins dortige Sanatorium, aus dem Tage zuvor ein Irrer geflohen ist. Eine weitere Spur führt ihn ins Atzenbacher Pfarrhaus. Was ist dran an den Gerüchten über den Pfarrer? Was für Leichen haben er und die Kirche selbst im Keller? Der Bürgermeister ist auch keine Hilfe für Oberlin und wiegelt ab, denn in seinem Dorf tue sowas niemand. Und überhaupt, das Opfer war ja nur ein Zeitungsschmierfink, der hat ja auch nichts anderes verdient. Was schreibt denn der auch „für en Seich“?

Heinz Käsinger hat mit seinem historischen Krimi ein Werk geschaffen, das als „unbedingt lesenswert“ eingestuft werden kann. Zum einen bietet er eine höchst spannende Mordsgeschichte, die den Leser bis zur letzten Zeile fesselt. Spannend erzählt Käsinger aber auch das Umfeld des Geschehens, die politische Situation zu Beginn des Ersten Weltkrieges und deren Auswirkung auf den Alltag im oberen Wiesental.

Auch das ganz normale Leben vor hundert Jahren wird wiedergegeben: die Arbeit in der Spinnerei, das Wohnen in den Laborantenhäusern, die Sprüche am „Adler“-Stammtisch, das Verhalten von Kirche und Obrigkeit. Dies ist dank umfangreicher Recherchen sehr authentisch beschrieben, und eine ordentliche Prise Humor bringt den Leser oft zum Schmunzeln. Dann etwa, wenn am Stammtisch die Frage aufkommt, ob Wurstsalat magnetisch ist.

Die Sprache, derer sich Käsinger bedient, ist teilweise und bewusst portioniert in der vereinfachten alemannischen Grammatik verfasst und mit alemannischen Ausdrücken gewürzt. Auch dies macht seinen Krimi authentisch. Für Nichtalemannen hat er am Schluss das Kapitel „Alemannisch für Anfänger“ beigefügt, das die nötigen Hintergrundinformationen liefert.

„Alemannisch für Anfänger“ als letztes Kapitel

Seine Liebe zu seinem Heimatort und den Menschen dort kann der Autor nicht verheimlichen. Viele der Charaktere in seinem Buch sind sofort als wohlbekannte Atzenbacher identifizierbar, einige leben noch, andere sind schon verstorben. In seinem Nachwort schreibt Heinz Käsinger dann auch, dass er in seine frei erfundene Handlung nette Menschen, die er kannte und mochte, eingebaut hat. Ähnlichkeiten mit verstorbenen oder lebenden Menschen mit den „bösen Buben und Mädchen“ des Krimis, so schreibt er weiter, sind „ungewollter Zufall“. Aber beim Lesen des Nachwortes weiß der geneigte Leser natürlich schon längst von Staatsanwalt Oberlin, dass es keine Zufälle gibt.               ULI MERKLE

Der Kriminalroman „Der dritte Tote“ von Heinz Käsinger ist im 4D-Verlag erschienen. Paperback, 193 Seiten, ISBN 978-300046839-1. Der Preis liegt bei 8,90 Euro. Das Buch ist erhältlich bei der Geschäftsstelle des Markgräfler Tagblatts, im Büro des Zeller Berglandtourismus, bei der Regio-Buchhandlung in Schopfheim sowie im Atzenbacher Gasthaus „Adler“.

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